Kapitel 55

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İch wusste nicht, wie lange wir umarmend da standen, wie lange ich über Emirs Haare und er über meinen Rücken strich.

Eins wusste ich; ich genoss seine Nähe, seine Berührungen und wollte mich nicht mal von ihm lösen, keine einzige Sekunde.

Aber ich musste.

Denn drinnen war meine ganze Familie, denen es wahrscheinlich schon aufgefallen war, dass ich viel zu lange auf der Toilette war. Seufzend löste ich mich von Emir, als auch er seine Arme von meinem Rücken nahm.

Trotzdem war ich ihm so nahe, dass mein Herz wie immer schnell schlug. Würde das eigentlich immer so sein?

Emir schaute mir so intensiv in die Augen, dass ich nur wissen wollte, was er wohl gerade dachte. Wir brauchten gerade keine Worte, denn manchmal reichten wie bekanntlich auch Blicke aus.

Er lehnte seine Stirn gegen meine und seine warme, große Hand hinterließ ein Kribbeln auf meiner Wange, die er berührte.

"Ich muss langsam wieder rein", flüsterte ich und zerstörte den Moment. Aber es musste sein, ich hatte keine andere Wahl.

Emir nickte leicht. "Ich weiß, ich will dich aber nicht gehen lassen." Meine Mundwinkel gingen wie automatisch in die Höhe.

"İch frage mich grad zum zehnten Mal, wieso deine Eltern das mit uns nicht akzeptieren. İch überlege und überlege, komme aber auf kein Ergebnis. İch meine, okay, ich mag nicht der-"

"Stop! Wehe du sprichst es aus", unterbrach ich ihn stirnrunzelnd. İch hasste es, wenn er sich selber schlecht machte, wenn er mir sagte, er sei nicht gut genug. Hatte er überhaupt eine Ahnung, was für eine tolle Persönlichkeit er besaß?

Emir seufzte wieder. "Jedenfalls...Würde alles einfacher sein, wenn wir nichts mehr geheim halten müssten", nuschelte er. İch nickte langsam, das wusste ich.

Meine Eltern wussten ja nicht mal was von der Beziehung. Wer weiß, was für ein Drama sie daraus machen, wenn sie es rausfinden.

"İch verstehe es auch nicht. Vor allem kennt meine Tante Kaders Familie. Also müsste sie dich doch auch kennen? Und wenn sie nichts gegen dich hat, wieso dann meine Eltern?", stellte ich eine Frage auf.

"İch wusste nicht mal, dass es deine Tante ist, die damals im Krankenhaus war. Deshalb meinte sie gerade eben, dass ich ihr bekannt vorkomme."

Stimmt! İch hatte total vergessen, ihn danach zu fragen.

"İch dachte schon, dass sie uns mal zusammen gesehen hat oder so", sprach Emir weiter. "Zum Glück ist das nicht der Fall!", erwiderte ich, worauf er lächelnd nickte.

"Und woher kennt meine Tante Kaders Eltern?"

Emir zuckte mit den Schultern. "Ich habe keine Ahnung."

"Du hast eine enge Bindung zu ihnen, oder?", fragte ich. Kaders Eltern meinte ich.

Emir nickte. "Klar, sie sind für mich wie meine Eltern, die ich...nie richtig hatte", sagte er und wurde leiser.

Ich strich über seine Wange und merkte, wie seine Ausdruck sich veränderte. Er schien über etwas nachzudenken. Hatte ich ihn an seine Vergangenheit erinnert?

Mist, war ich dumm.

"Emir-" "Alles okay", unterbrach er mich und versuchte, überzeugend zu wirken. "Woran denkst du? Rede mit mir", flüsterte ich schon fast.

Er schüttelte seinen Kopf. "An nichts." Seufzend schaute ich ihn an. Wieso sprach er nie über seine Gefühle? Natürlich wusste ich, dass nicht jeder seine Gefühle und Gedanken offen äußern konnte, aber mir konnte er doch vertrauen.

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