Kapitel 20

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Nein. Nein. Nein.

Das soll ein Traum sein, bitte! Ich zitterte heftig und hatte das Gefühl, gleich umzukippen. Was für eine Fortsetzung? Wollen sie mich wieder einsperren und schlagen? Allein bei dem Gedanken zuckte ich zusammen. Was mache ich jetzt? Lisa war hier. Sie weiß wo ich wohne. Vielleicht verfolgt sie mich und wartet auf den perfekten Moment um mich zu kriegen.

Ich hörte laute Stimmen von unten. Moment, ist das Semih? Heute ist Donnerstag, eigentlich müsste er erst morgen kommen. Schnell versteckte ich die Bilder, Notiz und den Umschlag in meine Schublade. Ich werde das niemanden erzählen. Meine Familie hatte schon genug Stress deswegen und Semih erst Recht.

Ich lief ins Wohnzimmer und tatsächlich stand Semih dort. "Schwesterchen", rief er glücklich und nahm mich in seine Arme. Sofort erwiderte ich seine Umarmung. Ich war mehr als froh, dass er hier war. Ich vermisse ihn wirklich sehr. "Na wie gehts?", fragte ich meinen Zwilling. "Super und dir?" "Auch", antwortete ich und musste an die Notiz denken. "Wieso bist du heute schon da?", fragte ich ihn. "Die Vorlesung für morgen ist ausgefallen", erklärte er und ich nickte.

"Hah! Ich hab dich rausgeschmissen, wuhu!", rief Semih voller Freude und hüpfte rum. Wir alle spielten gerade Mensch-ärgere-dich-nicht, weil Eren dass sehr mag. Semih hatte mich gerade rausgeschmissen, und ich hätte fast gewonnen. Jetzt freut er sich wie ein kleines Kind darüber. Wir spielten weiter und am Ende gewann Eren. Natürlich halfen wir ihm beim Spielen, da er seine Hände nicht bewegen kann. Hauptsache er ist glücklich und wir bringen ihn zum Lachen. Und das taten wir auch - vorallem Semih.

Abends im Bett nahm ich wieder den Umschlag raus und las mir die Wörter immer wieder durch. Ich hatte fürchterliche Angst. Damals als sie alle ihre Strafe bekommen hatten, dachte ich wirklich, dass sie es bereuen würden. Aber das war anscheinend überhaupt nicht der Fall. Ich versteckte die Bilder wieder und versuchte zu schlafen. Wie gesagt, ich versuchte es. Ich konnte kein Auge zukriegen und weinte fast die ganze Nacht durch. Leise, in der Hoffnung, dass mich niemand hört.

Morgens stand ich auf - ich hatte vielleicht zwei Stunden geschlafen - und zog mich um. Ich hatte total schlechte Laune. Heute ist Freitag und so mit der letzte Tag im Krankenhaus. Ich machte meine Haare und musste feststellen, dass ich dicke Augenringe bekommen hatte.

Als ich im Krankenhaus ankam, zog ich mich um und nahm wie jeden Tag Emirs Frühstück und lief in sein Zimmer. Er war schon wach und als er mich sah, lächelte er mir zu. Ich zwang mich zu einem Lächeln und stellte das Tablett auf dem Tisch ab. "Morgen", sagte er. "Morgen, ko-komm an den Tisch", sagte ich und er setzte sich an den Tisch.

Während er aß, dachte ich wieder über die Notiz nach. Man, dieses Mädchen will wirklich, dass ich leide. Emir hatte wohl bemerkt, dass ich in Gedanken war und schaute mich fragend an. "Alles ok bei dir?" "Hm? Oh..eh ja", sagte ich und lächelte leicht. Er gab sich mit der Antwort nicht sehr zufrieden aber sagte nichts mehr.

Wofür ich sehr dankbar war.

Nachdem Frühstück legte er sich wieder in sein Bett und ich miss ihm seinen Blutdruck. Während ich auf die Werte wartete, schaute ich aus dem Fenster. Ich seufzte. Wieso muss sie gerade jetzt kommen, wenn ich glücklich bin?

Mit mir legt sich keiner an. Und du erst recht nicht.

Das hatte sie mir gesagt, während sie mich geschlagen hatte. Denk nicht dran, Aleyna!

"Aleyna!", hörte ich Emir rufen. "Es hat gemessen...Was ist los mit dir?", fragte er besorgt. "Ni-nichts", sagte ich und entfernte das Gerät von seinem Oberarm. "Ich weiß wir kennen uns nicht lange, aber du kannst es mir trotzdem erzählen", sagte er und lächelte mich an. Oh mein Gott, wie süß ist das denn bitte? Aber ich könnte ihm das alles nie erzählten. Mal abgesehen davon, kennen wir uns erst seit ein paar Tagen und...es geht jetzt einfach noch nicht.

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