Kapitel 65

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Als ich aufwachte, war ich wie erwartet immer noch im Krankenhaus. Es war niemand im Raum, worüber ich ehrlich gesagt froh war.

Denn gerade hatte ich keine Lust, mich mit irgendjemandem zu unterhalten. Vorsichtig setzte ich mich auf und spürte die Nadel an meinem Arm, an dem eine Infusion dran war.

Ich sah, dass die Flasche leer war und entfernte den Schlauch von meinem Arm, ehe ich den Kopf der Nadel mit dem Deckel schloss. Normalerweise würd ich das nie selber machen, aber ich kannte mich inzwischen mit solchen Sachen aus.

Als ich auf den Beinen stand, zog ich mir meine Schuhe an, die am Bettrand standen und lief einige Schritte, ehe ich mir sicher war, kein Schwindelgefühl zu haben. Trotzdem merkte ich, wie schwach ich mich fühlte.

Doch bevor ich mich wieder ausruhen konnte, musste ich nach Eren sehen.

Also öffnete ich die Tür und sah als erstes Semih, der gedankenverloren auf den Boden starrte.

"Semih", sprach ich ihn an. Sofort hob er den Kopf und kam lächelnd, aber auch besorgt auf mich zu, ehe er mich fest drückte.

"Du kannst doch nicht einfach so aufstehen!", schimpfte er und strich leicht über meine Haare.

"Mir geht es aber besser", versicherte ich ihm.

"Mama und Papa haben sich richtige Sorgen gemacht, als du umgekippt bist. Auf der einen Seite Eren, auf der anderen du", murmelte er leise.

"Wie geht es Eren?", rief ich schon fast. Semih seufzte. "Ihm wird es besser gehen", nuschelte er.

"Was meinst du? Ist er aufgewacht? Kann ich ihn sehen?", überhäufte ich meinen Zwilling mit Fragen.

Semih nickte. "Ja, er ist aufgewacht und wurde in ein Zimmer gebracht. Mama und Papa sind gerade bei ihm. Er hat noch Rückenschmerzen, aber sonst geht es ihm gut."

"Und was genau ist mit ihm?", fragte ich, während wir den Flur entlang liefen.

"Er hatte eine Panikattacke."

Ich runzelte die Stirn. "Das sah aber nach etwas viel Schlimmerem aus! Außerdem, was haben denn seine Rückenschmerzen mit einer Panikattacke zutun?"

"Ich weiß es nicht, canım. Die Ärzte meinten nur, dass er diese Nacht auf jeden Fall hier verbringen sollte und morgen werden noch ein paar Untersuchungen durchgeführt."

Er stoppte kurz, da wir vor eine der weißen Türen anhielten. "Das ist sein Zimmer."

Semih öffnete die Tür und sofort lag mein Blick auf Eren, der im Bett am Fenster lag. Außer ihm war noch ein Bett im Zimmer, jedoch war es leer.

"Kardeşim (mein Bruder)", sagte ich und lief mit schnellen Schritten auf sein Bett zu. Eren lächelte mich warm an und ich gab ihm mehrere Küsse auf seinen Kopf.

Ich wüsste nicht, was ich ohne ihn tun würde. Wenn ihm etwas passiert, dann...

"Aleyna, du sollst doch noch liegen bleiben!",  hörte ich hinter mir meine Mutter.

"Anne, iyiyim ben (Mama, mir geht es gut)", versicherte ich ihr.

Sie seufzte. "Wieso hast du mir nie gesagt, dass es dir schlecht geht? Du kippst doch normalerweise nie um!"

"Du weißt ja, dass ich schon lange Kopfschmerzen hatte und seit ein paar Tagen wird mir eben dauernd schwindelig, aber dass es was Ernstes ist, konnte ich doch nicht wissen."

Erneut kam ein Seufzen von ihr. "Du wirst mir ab jetzt immer sofort alles sagen! Weißt du, was für Sorgen wir uns gemacht haben?"

Ich wollte nicht, dass sie sich um mich sorgten. Das erinnerte mich zu sehr an meine Kindheit, die ich mehr im Krankenhaus, als zuhause verbracht hatte. Aber die Reaktion war natürlich normal - schließlich war sie meine Mutter.

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