Kapitel 14

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Sie stand vor mir und schaute mich an. Was denkt sie gerade? Warum sehe ich sie nach all den Jahren wieder? Gerade wo ich glücklich bin. Bitte tu mir nichts, dachte ich mir. Ich war gerade mehr als froh, Semih neben mir zu haben. Meine Hände zitterten und meine Augen füllten sich. Ich hatte Angst. Sehr sogar.

"Aleyna..du..wow..du hast dich verändert!", sagte sie und kam ein paar Schritte näher.

"Komm ihr ja nicht zu nahe sonst breche ich dir deine Beine", zischte Semih wütend. "Ist gut. Ich, ich komme nicht", sagte sie und lief langsam zurück und drehte sich ein paar Mal um. Ich schluckte schwer und die ersten Tränen liefen meine Wange runter.

Meine Vergangenheit holte mich ein und ich hatte das Bild vor Augen, wie Lisa mich in der Schultoilette schlug. "Aleyna..kardeşim. Canım benim. Sakin ol (Meine Schwester..Bleib ruhig)", sagte Semih und ich wischte mir meine Tränen weg. "Bitte lass uns gehen", sagte ich und er nickte. Ich war nicht mehr in der Lage richtig zu laufen, deshalb stützte mich Semih.

Zuhause angekommen brachte mich Semih auf mein Zimmer und legte mich ins Bett. "Gehts dir besser?", fragte er mich und strich mir durch die Haare. Ich nickte schwach und er gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Wenn du nicht schlafen kannst, komm zu mir, ok?", fragte er und ich nickte wieder. "Danke", flüsterte ich und er schaute mich liebevoll an. Nachdem er mich zugedeckt hatte, verließ er mein Zimmer und schloss die Tür.

'Hahahaha schaut sie euch mal an. Du hässliches Kind. Schaut mal wie fett sie ist. So ein Opfer'. Sie schlug fest auf mein Bauch und tritt mich überall in meinen Körper. Jeder war um uns versammelt. Alle lachten mich aus. Das war mein typischer Alltag. 'Du wirst mich nie los, hörst du? Mich wirst du nie los....'

Schweißgebadet wachte ich auf und setzte mich aufrecht hin. Es war ein Traum. Nein, sie war nicht hier. Ganz ruhig, Aleyna!

Ich fing an, leise zu weinen. Ich wollte nicht, dass mich jemand hört. Erst leise, dann wurde daraus ein Schreien.

Ich schlug alles weg, was ich in die Finger bekam. Meine Bettdecke lag auf dem Boden und meine Sachen waren im Zimmer zerstreut.

Auf einmal ging meine Zimmertür auf und Semih stürmte in mein Zimmer, gefolgt von meinen Eltern. "Aleyna!", rief Semih und kam auf mich zu. Er wollte mich umarmen, aber ich schlug seinen Arm weg. Ich wollte niemanden. Nichts und niemanden. "Aleyna, sakin ol (Beruhige dich)", sagte meine Mutter aber ich hörte ihr nicht mehr zu. Ich hielt mir meine Ohren zu und schrie.

"Geht weg. Ich will alleine sein", schrie ich aber mein Vater und mein Bruder kamen auf mich zu und halfen mir, aufzustehen. Ich zappelte rum aber sie ließen mich nicht los. Sie legten mich ins Bett und mein Bruder hielt meine Arme fest. "Wo sind ihre Tabletten?!", fragte Semih und meine Mutter ging raus. Ich starrte an die Decke und Semih ließ meine Arme langsam los. Mein Vater setzte sich an den Bettrand und strich mir durch meine Haare.

Meine Mutter kam mit der Tablette und einem Glas Wasser ins Zimmer und reichte sie mir. Ich schluckte die Tablette und legte mich wieder hin. "Anne geht schlafen. Ich bin hier", sagte Semih. Doch meine Mutter schüttelte ihren Kopf. "Nasil yatıyım ben şimdi (Wie soll ich jetzt denn schlafen?)", fragte sie und mein Vater seufzte. "Zehra..Gel yalnız bırakalım. Hadi (Zehra komm, lassen wir sie alleine)",sagte er und meine Mutter gab mir einen langen Kuss auf die Stirn.

"Canım benim. Wir sind immer hier und immer für dich da. Vergiss das nie", sagte sie und mein Vater nickte und küsste meine Handfläche. Ich nickte schwach und sie verließen mein Zimmer.

Semih legte sich neben mich und strich mir beruhigend durch die Haare. "Ich bin immer für dich da. Ich lasse nicht zu, dass du wieder zerbrichst. Das war einmal und nochmal wird es nicht passieren. Meine Schwester wird niemand mehr traurig machen können. Ich bin so verdammt stolz auf dich. Du hast dein Ziel erreicht und du wirst ernsthaft Medizin studieren. Canım benim", sagte er und küsste mich auf den Kopf. Ich musste lächeln. Ich habe einfach den perfekten Bruder.

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