Kapitel 2

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Gerade bin ich auf dem Weg zum Café. Hier will ich mich mit Hilal und den anderen treffen. Wir haben Anfang August, demnach ist das Wetter perfekt. Ich parke mein Auto, steige aus und laufe Richtung Eingang.

Drinnen suche ich meine Freunde und sehe von weitem Hilal und Tuğçe am Tisch sitzen. Als die beiden mich bemerken, stehen sie auf und umarmen mich stürmisch.

"Oh, da haben mich wohl welche vermisst", sage ich mit einem Grinsen und setze mich hin. "Ja natürlich, wir haben uns lange nicht gesehen. Aber in den Ferien werden wir so oft wie möglich etwas unternehmen, also nimm dir ja nichts vor!", sagt Hilal und kneift dabei ihre Augen. Ja, da hatte sie Recht.

Ich war Monate lang im Abi-Stress und habe meine Freunde sehr vernachlässigt aber jetzt haben die Sommerferien angefangen und demnach werde ich wieder viel mit ihnen unternehmen.

Ich hatte mein Abi erfolgreich abgeschlossen und würde nach den Ferien mit meinem Studium anfangen. Ich musste nicht lange überlegen, in welche Richtung ich wollte, denn seit meiner Kindheit wollte ich Medizin studieren und meinen Traum werde ich hoffentlich verwirklichen lassen. Mir war klar, dass es schwierig wird aber ich werde alles dafür geben.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als ich Burak, Mete, Selim und Elif neben mir sehe.

Kreischend fällt mir Elif in die Arme und auch die Jungs umarmen mich lange. Wow, da hatten mich wirklich alle vermisst. Uns allen ist es wichtig, dass wir uns immer regelmäßig treffen und deshalb haben wir einmal in der Woche einen 'Trefftag'. Wegen meinem Abi ging das eine Weile ja nicht aber in den Ferien werden wir alles nachholen.

Wir verbringen noch weitere Stunden im Café und verabschieden uns dann gegen 18 Uhr.

Ich schließe die Haustür auf und höre die Stimmen meiner Familie von der Küche.

"Aleyna?", höre ich meine Mutter fragen.

"Ja, Anne ich bins", gebe ich als Antwort, husche ins Bad, wasche meine Hände und begebe mich dann in die Küche.

"Selam", begrüße ich meine Familie und gebe jedem einen Kuss auf die Wange.

"Na, wie war dein Tag, kızım (meine Tochter)?", fragt mich mein Vater. Meine Eltern können perfekt deutsch sprechen. Ihnen ist es sehr wichtig, sich als Integrierte in Deutschland anzupassen.

"Gut Baba (Vater), habe endlich Hilal und die Anderen getroffen", antworte ich und fange an zu essen.

"In den Ferien ruhst du dich mal aus und machst was du willst. Das hast du dir verdient", sagt mein Vater und schaute mich liebevoll an.

"Hey und ich? Baba, bende Abitur yaptım. Wieso kann ich nicht tun, was ich will ? (Ich hab auch mein Abitur gemacht)", schmollt direkt Semih von der Seite.

"Çakal, sen zaten hep istediğini yapıyorsun. Hiç konuşma (Du machst sowieso immer, was du willst, also sag nichts)", bekommt er als Antwort.

Meine Mutter und ich lachen und auch Semih und mein Vater stimmen mit ein.

Eren starrt auf den Esstisch und hört uns wahrscheinlich nicht. Ich stehe auf und setze mich neben ihm.

"Ablacım, hadi yemek ye sonra sana beraber kitap okuruz, tamam? (Mein Bruder, iss dein Essen, dann können wir zusammen lesen, okay?)"

Sofort glänzen seine Augen und er versucht, ein Lächeln raus zu bringen. Ich würde alles für dieses Lächeln tun. Ohne mit der Wimper zu zucken, würde ich mein Leben für ihn opfern. Mein Ein und Alles. Er hat es nicht verdient. Niemand hat so eine Krankheit verdient, aber Eren am wenigsten. Eren kann uns zwar hören, ist aber nicht in der Lage, eine richtige Antwort zu geben.

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