Kapitel 33

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Meine Beine waren wie am Boden festgeklebt und ich konnte mich nicht bewegen. Erst als der Autofahrer ausstieg, und Hilal geschockt ansah, kam ich wieder zu mir und lief auf Hilal zu. Ich kniete mich hin und meine Augen füllten sich.

Sie sah so schrecklich aus. "H-holen sie einen Krankenwagen!", rief ich zum Autofahrer. Der etwa 40-Jähriger Mann nickte hastig und nahm sein Handy raus. "Hilal", sagte ich leise und rüttelte an ihren Schultern. Ich kniete mich hinter sie und brachte sie in eine stabile Seitenlage.

"I-Ich habe ang-angerufen", sagte der Mann stotternd. Er war mindestens so überfordert von der Sache, wie ich. "Haben Sie einen Erste-Hilfe-Koffer?", fragte ich ihn und der Mann verschwand in seinem Auto.

Immer mehr Menschen versammelten sich um uns herum und das machte mich gerade so wütend! Ist das hier ein Kinofilm, oder was? Der Mann gab mir den Koffer und ich nahm sofort Watte und Verband raus. Damit drückte ich auf die Wunde und versuchte wenigstens etwas die Blutung zu stoppen.

Was, wenn ihr etwas passiert? Wenn das Kind stirbt? Es war alles so schnell passiert. Nach einigen qualvollen Minuten hörte ich die Sirenen des Krankenwagens, ehe es dann direkt vor der bewusstlosen Hilal anhielt. Sofort stürmten sie aus dem Wagen mit einer Liege und trugen Hilal langsam darauf.

Mit zittrigen Beinen stand ich auf und lief ebenfalls in den Wagen rein. Ohne eine Sekunde zu zögern, fuhren sie los und fingen gleich an, Hilal an die Geräte zu binden. Ich konnte nichts machen. Hilflos sah ich ihnen bei ihrer Behandlung zu.

Nach einer kurzen Zeit hielt der Wagen an und die Tür wurde aufgerissen. Hilal wurde sofort ins Krankenhaus geschoben und ich lief mit schnellen Schritten hinterher. Irgendwann liefen sie durch eine Tür und gerade als ich weiterlaufen wollte, hielt mich eine Krankenschwester auf. "Sie dürfen hier nicht rein, nehmen Sie vorne Platz", sagte sie und verschwand.

Ich setzte mich weinend auf einen der Stühle und stütze meinen Kopf mit meinen Händen ab. Ich musste meiner Tante Bescheid geben! Hastig nahm ich mein Handy aus der Tasche und wählte unsere Hausnummer. Nach ein paar Sekunden hörte ich die Stimme meines Vaters.

"Baba, hemen gelin. Hilal kaza geçirdi. Hastanedeyiz (Vater, kommt schnell. Hilal hatte einen Unfall, wir sind im Krankenhaus)", sprach ich schnell. "Ne kazası? Tamam, sakin ol. Hangi hastane? (Was für ein Unfall? Okay, beruhige dich. Welches Krankenhaus?)", fragte mein Vater aufgebracht.

"Stadtklinikum", sagte ich und legte einfach auf. Ich hatte keine Kraft mehr, etwas zu sagen. Wieso sagt mir keiner etwas? Wenigstens wie ihre Lage gerade ist?

Ein Arzt kam raus uns sofort lief ich zu ihm. "Und? Wie geht es ihr?", fragte ich ihn. "Wir können jetzt noch nichts sagen. Haben Sie etwas Geduld", sagte er und lief weiter. Geduld? Geduld?! Sein Ernst?

Ich setzte mich wieder hin und starrte die weiße Wand an. "Aleyna!", hörte ich ein paar Stimmen rufen. Ich drehte meinen Kopf nach rechts und sah meine Familie auf mich zu rennen. "Nerde Hilal? (Wo ist Hilal)?", fragte meine Tante aufgebracht.

"Sie ist drinnen, der Arzt kann noch nichts über ihre Lage sagen", sagte ich. Ich hatte keine Kraft mehr. Ja, Hilal hatte mir Leiden zugefügt. Sie hatte mich schrecklich behandelt. Aber trotzdessen war sie meine Cousine. Sie war jahrelang meine beste Freundin, meine Schwester!

Stunden vergingen und es war fast Mitternacht, als immer noch niemand etwas über Hilals Lage sagte. Kann man nicht wenigstens sagen, ob sie in Lebensgefahr schwebt? Schließlich warteten wir seit Stunden und Hilals Eltern waren kurz vor dem Ausrasten.

Egal was Hilal gemacht hatte, egal ob sie schwanger war oder nicht. Sie war nunmal die Tochter von Ihnen und natürlich haben sie Angst um ihre Tochter. Im Laufe der Zeit waren die Mädels und Jungs auch gekommen. So warteten wir alle auf ein Ergebnis.

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