Der nächste Morgen kam schneller als erwartet. Ich hatte die gesamte Nacht kein Auge zugetan und sah auch dementsprechend aus. Als ich seufzend einen Blick in meinen kleinen Spiegel auf dem Nachttisch warf, erschrak ich vor mir selbst. Auch mein Gesicht hatte durch das ständige Gerangel mit Fred ein paar Blessuren erhalten. Vereinzelt fanden sich ein paar kleine, blaue Stellen in meinem Gesicht, dass von dunklen Augenringen geziert wurde. Ich fasste mir an den schmerzenden Schädel und musste mich erst einmal sortieren. Unser Zimmer war bereits leer. Hermine und Ginny saßen bestimmt schon beim Frühstück. Immerhin war heute Weihnachten. Eigentlich ein freudiger Tag...Kurz entschlossen stand auch ich auf, duschte, putzte mir die Zähne und warf mich in eine Jogginghose und Pullover. Zögernd trat ich aus dem Schlafsaal, schlich leise die Treppe in den Gemeinschaftsraum hinunter und hoffte inständig, dass die Meisten beim Frühstück waren. Die gestrige Aktion war sicherlich niemanden verborgen geblieben. Solche Sachen verbreiteten sich in Hogwarts meistens wie ein Lauffeuer. Zu meinem Glück war der Gemeinschaftsraum leer. Die Korridore jedoch nicht. Auf meinem Weg in die große Halle, begegnete ich immer wieder Schülern die mich merkwürdig musterten. Innerlich stöhnte ich genervt auf. Als ob ich nicht schon genug Gesprächsthema war. Am liebsten hätte ich die Gaffer einfach angebrüllt. Dann konnte ich wenigstens mal meine Wut entladen, die sich seit gestern Abend bei mir angestaut hatte. In der großen Halle angekommen, ließ ich mich neben Hermine fallen, die sich mit Ginny einen Pfannkuchen teilte. Auch Harry und Ron saßen bei ihnen und verstummten sofort als sie mich sahen. Wortlos nahm ich mir einen Pancake und ein Glas Kürbissaft und fing an zu essen. "Guten Morgen.", versuchte es Harry vorsichtig und schob mir eine Karaffe mit Ahornsirup zu, welches ich mir über mein Essen goss. "Morgen.", antwortete ich leise und traute mich kaum aufzusehen. "Wenn du drüber reden willst..." Hermine schob ihre Hand in meine und lächelte mich aus ihren braunen Augen freundlich an. "Im Moment weiß ich gar nicht was ich will.", stöhnte ich auf und vergrub mein Gesicht in beiden Händen. Ginny langte über Hermine drüber weg und strich mir beruhigend über den Arm. "Gut, dass Snape gestern da war was?", warf Ron in die Runde. "Hat schon was gutes vielleicht seine Tochter zu sein.", brummte ich als Antwort und wendete mich wieder meinem Essen zu. "Glaub mir, wenn ich Fred heute erwische mache ich ihn zusammen mit Ginny kalt.", murmelte Harry und stocherte in seinem Müsli herum. Ich grinste schief. "Danke Leute, aber das ist nicht nötig. Ich will euch in meinen Kram einfach nicht reinziehen." "Warum ist er denn überhaupt so ausgetickt?", wollte Ginny wissen. "Keine Ahnung. Er hat Cedric einfach plötzlich eine reingehauen.", log ich und verschwieg den eigentlichen Grund seines Ausrasters, obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass ich ihn kannte. "Der Alkohol hat dann wohl sein Übriges getan.", seufzte Hermine und strich mir beruhigend über den Kopf. "Was? Alkohol?" Ron traute seinen Ohren kaum. "Feuerwhiskey.", antwortete ich tonlos. "Snape hat ihm die Flasche aber abgezogen. Zum Glück.", meinte Ginny. "Wie kommt er überhaupt an sowas ran?", wunderte sich der Auserwählte und sah grübelnd durch den Raum. "Na wie wohl? Er wird einen älteren Schüler gefragt haben.", gab sein bester Freund zurück. "Aber selbst dann hätte das Zeug geschmuggelt werden müssen. Alkohol ist in Hogwarts, außer es ist von einer Lehrperson erlaubt, strengstens verboten.", tadelte Mine in ihrer üblichen Belehrungstonlage. "Schulregeln zum fünften Mal studiert oder was?", witzelte Ginny und brachte uns damit zum Lachen. "Gar nicht war! Sowas weiß...", ereiferte sich Mine erbost, verstummte jedoch und warf einen Blick zur Eingangstür der großen Halle. Augenblicklich folgte ich ihr und erstarrte. George. Neben ihm Fred. "Bleib ruhig." Harry legte mir eine Hand auf den zitternden Arm, als die beiden Zwillinge sich langsam näherten. Ein "Guten Morgen!", erklang und ich stürzte förmlich aus dem Saal. Ich konnte ihn nicht sehen. Nicht nach gestern Abend. Ich wollte einfach nichts mehr von seinen bescheuerten Ansichten mir und Cedric gegenüber wissen. Nicht mal nach Cedric wollte ich sehen, da ich fürchtete er würde die Wahrheit aus mir herausquetschen. Am liebsten wollte ich weg. Einfach alles stehen und liegen lassen und abhauen. So fasste ich kurzerhand einen Entschluss.
Zaghaft klopfte ich wenig später an die Tür von McGonagalls Büro. Als ein "Herein!", ertönte, öffnete ich leise die Tür und betrat fast ein wenig schüchtern den Raum. "Ms. Black! Mein Gott, wie sehen Sie denn aus?" Die alte Hexe sprang sofort auf und kam besorgt auf mich zu. "Alles Blessuren von gestern Abend hm?" Sie machte ein mitleidiges Gesicht. "Ich wollte sowieso noch mit ihnen darüber sprechen. Wie mir Professor Snape bereits versichert hat, trifft Sie keine Schuld. Offenbar gab es schon die ganze Zeit Spannungen zwischen Diggory und Mr. Weasley. Sie müssen sich keine Sorgen machen, ihnen droht keine Strafe.", plapperte sie sogleich drauf los. "Deswegen bin ich auch gar nicht hier.", brachte ich kleinlaut hervor. "Oh! Na dann, setzten Sie sich.", Sie verfrachtete mich in einen dunkelroten Sessel. "Möchten Sie einen Tee?", fragte sie freundlich und wedelte bereits mit einem Teebeutel in ihrer Hand. Dankbar nahm ich ihr Angebot an und begann zu erzählen, was mein eigentliches Anliegen war. "Nun ja, es ist zwar etwas ungeplant, aber angesichts ihrer Lage, empfinde ich Ihre Bitte als recht passend. Es wird Ihnen gut tun, da bin ich mir sicher." Nach ein paar weiteren Formalitäten entließ sie mich. Entschlossen den anderen nichts von meinem Vorhaben zu erzählen, streifte ich noch ein wenig am Rand des verbotenes Waldes entlang und stieß dabei nach einiger Zeit auf Severus, der mich sofort anhielt. "Spar dir bloß das "Wie siehst du denn aus?". Das habe ich heute schon zur Genüge gehört.", brummte ich. "Eigentlich wollte ich dich fragen wie es dir geht.", gab er zurück und beförderte mich auf einem umgekippten Baumstamm. Aha, das würde jetzt also so ein Vater-Tochter-Gespräch werden wie? "Na blendend.", antwortete ich sarkastisch und ließ den Kopf hängen. "Wie ich hörte hast du McGonagall gebeten, dass du Hogwarts für ein paar Tage verlassen kannst. Wo willst du denn hin wenn ich fragen darf?", er schaute mich neugierig an. "Ich glaub kaum, dass du dich darüber freuen wirst." "Na und? Ich hab doch aber ein Recht zu erfahren wo du dich rumtreibst." "Schön. Wenn du es unbedingt wissen willst: Ich fahre zum Grimmauld Place." Ich beobachtete seine Reaktion. Wie erwartet verzog er das Gesicht. "Du willst mit Black und Remus Weihnachten verbringen?" Ich zuckte mit den Schultern. "Warum nicht? Hier halte ich es gerade einfach nicht aus." Er nickte überraschenderweise verständnisvoll. "Wissen deine Freunde davon?" Ich schüttelte mit dem Kopf. "Nein und das ist auch besser so." Wieder nickte er. Nach einiger Zeit des Schweigens meinte er: "Hör mal, wenn du darüber reden willst..." "Dann weiß ich, dass ich zu dir kommen kann. Danke." Ich lächelte scheu. Zum ersten Mal seit langem hatte ich das Gefühl, dass sich zwischen uns eine gewisse Vertrauensbasis aufbaute und das gefiel mir, auch wenn ich es nicht recht zugeben wollte. "Na komm. Ich bring dich zurück ins Schloss, damit du packen kannst."
Gesagt getan. Ein wenig später schmiss ich bereits die letzten Sachen in meine Tasche. McGonagall hatte mir die restlichen Ferien frei gegeben, also würde ich auch Silvester bei Sirius und Remus verbringen. Meine Freunde waren zum Weihnachtsessen in der großen Halle, weshalb es mich sehr wunderte als jemand an meiner Zimmertür klopfte. "Ist offen.", rief ich und stopfte derweil ein weiteres Kleidungsstück in die Reisetasche. Ein mir wohlbekanntes "Hey...",ließ mich zusammenzucken. Langsam legte ich den Pulli beiseite und drehte mich um. Kein geringerer als Fred Weasley stand in der Tür. "Raus.", formte ich tonlos und wollte ihn schon aus der Tür schubsen, doch er war stärker und schmuggelte sich an mir vorbei in den Raum. Wütend knallte ich hinter ihm die Tür zu. "Können wir reden?", bat er und tigerte nervös durchs Zimmer. "Nein.", war meine Antwort während ich zu meiner Tasche ging und mit einem Ruck den Reisverschluss zuzog. "Du verreist? Wohin?" "Das geht dich einen Dreck an.", gab ich zurück und hievte die Tasche vom Bett. "Verschwindest du wegen mir?", bohrte er weiter. "Jetzt hör mir mal zu." Wütend rannte ich auf ihn zu und blieb nur ein paar Centimeter vor ihm stehen. "Ich bin dir weder eine Erklärung schuldig, noch hast du das Recht hier einfach aufzutauchen und eine zu fordern. Und wenn's dir keine Umstände macht, wäre es jetzt schön, wenn du gehen würdest." Auffordernd hielt ich ihm die Tür auf. Mit hängendem Kopf verließ er das Zimmer, drehte sich jedoch noch einmal um. "Es tut mir leid." "Das kannst du dir sparen.", flüsterte ich leise und ließ die Tür mit einem lauten Krachen ins Schloss fallen. Ich brauchte einfach Abstand. Von alles und jedem in Hogwarts.
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Louna Black- Shadows of the past
FanfictionWir schreiben das Jahr 1991. Für die Tochter des berüchtigten Massenmörders Sirius Black, Louna, beginnt ein völlig neues Kapitel als sie gemeinsam mit dem goldenen Trio nach Hogwarts kommt. Getrieben von der dunklen Vergangenheit ihres Vaters, an d...