Kontrollverlust / Kapitel 41

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Völlig aufgelöst rannte ich ziellos durch die Gänge und fand mich letztendlich verbotenerweise am schwarzen See wieder. Nachts war er noch tausend Mal schöner als tagsüber. Auf dem glatten Wasser spiegelte sich der abklingende Mond und kleine Sterne glitzerten am dunklen Himmel. Sanft strich mir eine leichte Briese um die Arme. Bald würde der Sommer endgültig vorbei sein und die ersten Herbsttage warteten schon auf uns. Leicht fröstelnd ließ ich mich im Gras nieder und starrte unablässig in die Dunkelheit. Meine Gedanken kreisten immer wieder um Snape, der mir fast die Wahrheit gesagt hätte! Ich war so nah dran gewesen endlich Gewissheit zu haben, und dann? Dann kam Remus und zerstörte alles. Was, zum Teufel nochmal, schien er so zu beschützen? Merkte er nicht, dass er mir weh tat. Bis jetzt waren wir immer ein super Team und er mir wie ein Vater gewesen, doch jetzt drohten uns seine Geheimnisse zu entzweien. Traurig vergrub ich den Kopf zwischen meinen Armen und fing bitterlich an zu weinen. Innerlich schämte ich mich für meine Schwäche. Ich war nie jemand gewesen, der anfing zu heulen falls etwas mal nicht nach Plan lief, doch heute wurde mir alles zu viel. Erst Sirius Flucht, dann Freds blöder Streich, der doch größere Wellen geschlagen hatte als erwartet und dann noch zusätzlich Remus verfluchte Geheimniskrämerei. Plötzlich schien es mir als würde ich mit beiden Beinen auf einem Hochseil stehen und könnte jederzeit in die Tiefe fallen.
Ich war es gewohnt, dass mein Leben anders war. Anders als das meiner Freunde, wobei, Harry war natürlich ausgenommen. Doch im Moment wurde es mir deutlich zu kompliziert.
Leise schluchzte ich in die Dunkelheit, wurde aber von sich nähernden Schritten gestört. Erschrocken rappelte ich mich auf und huschte tiefer in das Schilf, welches mich umgab. Heiliger Merlin, wenn die McGonnagall mich hier erwischen würde, wäre ich entweder tot, oder könnte morgen meine Koffer packen, so viel ist sicher. Angespannt hielt ich den Atem an und versuchte mich so wenig wie möglich zu bewegen um nicht auf mich aufmerksam zu machen.

"Lou?" Eine männliche Gestalt kam langsam auf mich zu und strich das Schilf weg hinter dem ich mich versteckte. "Cedric!", entfuhr es mir etwas lauter als ich sollte. "Pssst!", er legte mir sofort einen Finger an die Lippen und griff nach meiner Hand um mich aus meinem Versteck zu ziehen. "Was macht du hier?", wisperte ich. "Hast du geweint?" Der Hufflepuff ignorierte meine Frage und strich mit seinen Fingern, eine Träne von meiner Wange. Peinlich berührt wandte ich mich von ihm ab und strich mir übers Gesicht. Ich weinte nicht gern vor anderen. Weinen war für mich ein Zeichen von Schwäche und die wollte ich niemandem zeigen. Nicht mal meinen engsten Freunden. Zu groß war die Gefahr noch mehr verletzt zu werden. Still stand ich am Ufer des Sees und schaute über seine endlosen Weiten. "Schön nicht?", Cedric war neben mich getreten. Seine Finger streiften meine. "Ich hab mir Sorgen gemacht. Du warst wie vom Erdboden verschluckt.", sagte er leise und strich mit dem Daumen über meinen Handrücken. Seine Berührungen hinterließen ein angenehmes Gefühl auf meiner Haut. "Heute war, einfach alles ein bisschen... kompliziert.", stieß ich leise hervor und unterdrückte ein Schluchzen. Cedric zog mich sofort zu sich und legte seine Arme um mich. "Hey, was ist los? Wo ist meine Happy-Lou?" "Ich weiß es nicht...",weinte ich und vergrub mein Gesicht an seiner Brust. "Du musst nicht reden, wenn du nicht magst...",flüsterte er und kraulte meinen Kopf, während ich meine Arme um seinen starken Oberkörper schlang. Ein seltsames Gefühl überkam mich, in mir schien es förmlich zu brodeln, im positiven Sinne. Doch ich wollte nicht über darüber nachdenken. Ich brauchte gerade einfach jemanden der mich halten und trösten konnte, ohne etwas zu sagen und dieser jemand war Cedric.
Eine ganze Weile standen wir so still und eng umschlungen da. Sein Körper strahlte eine unglaubliche Wärme aus. Vorhin war mir noch kalt gewesen, doch jetzt stieg Wärme in mir auf. Aber vor allem wurde ich ruhiger und konnte meine Gefühle wieder kontrollieren. Ich war wie Snape, ich gab nicht gerne die Kontrolle ab. So etwas bedeutete nämlich Gefahr und auf diese wollte ich gefasst sein.
"Gehts wieder?", murmelte Ced in meine Haare. Sein Herz schlug ziemlich schnell und seine Brust bebte, als er sprach. "Mhm.",nuschelte ich und öffnete langsam wieder die Augen. Mittlerweile war es wirklich stockduster. Die Sperrstunde war mit Sicherheit schon überschritten. Mal wieder brach ich die Regeln. Es gab wohl Dinge, die würden sich nie ändern.
Der Wind machte sich langsam auf und Cedric schlang seinen anderen Arm ebenfalls um mich. "Ich war bei Snape im Büro.", sagte ich und spürte seinen überraschten Blick auf mir. "Fred hat sich mit Flint wegen mir geprügelt und dann mussten wir alle drei mitkommen." Er lachte leicht, was mich ebenfalls zum Schmunzeln brachte. "Fred wird seine Gründe gehabt haben nehme ich. Deswegen bist du doch aber nicht so traurig oder?", hakte er nach und streichelte mir über den Arm. "Snape wollte mich nach seiner Predigt allein im Büro behalten. Er weiß etwas. Über meine Mutter, mich und meine Vergangenheit. Fast hätte er damit rausgerückt, wenn nicht Remus gekommen wäre. Er wollte sich mit ihm duellieren. Er war so wütend. Und hat mir verboten jemals wieder mit Snape alleine zu reden. Ich will doch nur die Wahrheit hören, verstehst du? Seine Geheimnisse vor mir machen mich noch völlig fertig.", platzte es aus mir heraus. Es tat so gut alles loszuwerden! So unendlich gut.  "Wenn man jemanden liebt, tut man alles um ihn zu schützen.", antwortete Cedric leise. "Wieso sagst du das so, als würdest du aus Erfahrung sprechen?"
Er drückte mich leicht von sich, sodass ich ihm wieder in die Augen sehen konnte. Das Mondlicht reichte gerade dazu aus, dass ich sein Gesicht sah. Er lächelte und strich mir eine Strähne hinters Ohr, was mich ebenfalls zum Lächeln brachte. "Happy-Lou.", sagte er leise und näherte sich meinem Gesicht. Reflexartig tat ich das Gleiche und schloss die Augen. Die Kontrolle hatte ich wieder mal verloren an diesem Tag. Näher und näher kamen sich unsere Gesichter. Er roch unglaublich gut. Sein Atem auf meiner Haut, versetze mir eine Gänsehaut.
Gleich würde ich seine Lippen auf meinen spüren...

Louna Black- Shadows of the pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt