Schmerz / Kapitel 87

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Ich schrie und schrie immer wieder, versuchte den immer wieder tiefer in mein Herz dringenden Schmerz zu vergessen, doch ich schaffte es nicht. Wieder und wieder rief sich mir das Bild des leblosen Körpers von Cedric in meinen Kopf. Ich konnte weder klar denken, noch vernünftig handeln. Alles was ich fühlte war Schmerz. Unerträglicher und beißender Schmerz. Mein Körper zitterte, hatte keine Kontrolle mehr über das was geschah. "Pscht...",Severus strich mir tröstend über den Kopf und flüsterte mir immer wieder beruhigende Worte zu, die nicht das geringste bewirkten. Ich wollte nicht und ich konnte auch einfach nicht aufhören. Verzweifelt schlug ich mir selbst ins Gesicht und fegte vor lauter Wut sämtliche Bücher von Severus Schreibtisch. Dieser beobachtete mich mit besorgtem Blick und wusste anscheinend nicht was er machen sollte. Er konnte nichts tun. Niemand kann dir helfen. Schuld an dem Ganzen bist nur du allein., hallte es weiter in meinem Kopf. Und erneut begann ich zu schreien. Versuchte weiter gegen all das anzukämpfen was mich binnen weniger Sekunden aus der Bahn geworfen hatte, doch es half nicht.
Erschöpft ließ ich mich an der Wand von Snapes Büro hinuntersinken, vergrub das Gesicht in meinen Händen und begann von Neuem bitterlich zu weinen. Mein Schluchzen erfüllte den ganzen Raum und klang einfach nicht ab. Severus kam langsam auf mich zu, wollte mich wieder in den Arm nehmen, doch ich zuckte zurück. "Lass mich!", schrie ich unaufhaltsam und stieß ihn von mir. "Lou, bitte. Lass mich dir helfen." Er klang beinahe so verzweifelt wie ich. Plötzlich durchfuhr mich ein Gedanke, den ich in meiner Wut und der Gefühlsmasse die mich bestimmte, sofort hinausschmetterte. "Ich will keine Hilfe von einem verdammten Todesser!" Augenblicklich war es still im Raum. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Sogar mein Schluchzen verstummte. "Woher?", brachte er nur hervor und stützte sich angegriffen an seinem Schreibtisch ab. "Harry und Dumbledores Denkarium.", antwortete ich tonlos. Nicht mal diesen Gefühlsausbruch bereute ich. "Du hast mich belogen.", stellte ich weiter fest und fing erneut an zu weinen. "Du gehörst zu seinen Leuten. Den Leuten, die meinen Freund auf dem Gewissen haben. Er hat ihn getötet! Und du willst mir allen ernstes erzählen, du wärst ein Vater und könntest mir helfen?!", mit diesen Worten stand ich auf und stürmte unter Tränen aus dem Büro. Mir war alles egal. Ich hatte alles verloren. Meinen Freund, meinen Vater und mich selbst.
Und ich lief und lief immer weiter, bis ich nichts mehr spüren konnte. Nur noch Leere und Kälte in mir. Ich wollte nichts mehr fühlen. Gar nichts mehr.

Vollkommen zerstört stand ich am Ufer des schwarzen Sees und wusste nicht mehr wohin. Mit mir selbst, aber vor allem mit meinen Gedanken. Ich wollte nicht zu meinen Freunden. Nicht zu Severus. Nicht zu Dumbledore. Nicht mal zu Cedrics Eltern, die meine Unterstützung sicherlich gebraucht hätten. Doch ich würde ihnen nur zur Last fallen. Sie hatten ihre Sohn verloren, ihren einzigen.
Ich hatte keine Ahnung wie viel Zeit mittlerweile vergangen war, doch langsam wurde es dunkel. Die Sonne versank fast im fröhlich vor sich hin wellenden Wasser und bescherte mir einen Moment der Freiheit. So einen schönen Sonnenuntergang hatte ich schon lange nicht mehr gesehen. Traurig fiel mein Blick auf den Platz der Wiese, an dem ich immer mit ihm gelegen hatte. Und in dieser Sekunde war ich mir sicher. Er war bei mir, hörte mir zu und beobachtete mich, mit Sicherheit.
"Es tut mir leid!", schrie ich ins Leere, in der Hoffnung er würde es irgendwie hören, und sackte kraftlos in mich zusammen. "Mir auch.", flüsterte eine leise Stimme neben mir. Erschrocken fuhr ich herum und sah Fred, der starr geradeheraus in den Sonnenuntergang blickte. Ich wollte ihn anschreien, weglaufen, wütend werden, doch ich hatte keine Kraft mehr in meinem Körper. Mein Kopf drehte sich unaufhörlich. So ignorierte ich ihn und sah ebenfalls auf das Wasser indem sich die Sonne spiegelte. "Es ist meine Schuld.", flüsterte ich nach ein paar Minuten des Schweigens. Sofort verstummte ich wieder. Wieso redete ich mit ihm darüber? Er hatte genauso einen Fehler begangen wie ich. "Nein ist es nicht.", hielt er dagegen ohne mich anzusehen. "Aber du musst es dir endlich eingestehen.", fügte er hinzu. "Es gibt nichts einzugestehen.", antwortete ich tonlos. "Doch gibt es und das weißt du genau. Lou es wird nicht besser werden wenn du alles verdrängst.", sprach er leise und hielt die Nase in den Wind. "Ich verdränge nichts Fred. Ich gebe dir nur nicht das was du willst und das ist dein verdammtes Problem." Wut kam wieder in mir hoch. Du weißt er hat Recht und hat genau ins Schwarze getroffen, meldete sich eine immer schriller werdende Stimme in meinem Kopf. "Nein das stimmt nicht. Mein Problem ist, dass du dir einfach nicht eingestehen kannst, dass da etwas zwischen uns ist!", gab er zurück, blieb aber im Gegensatz zu mir ruhig. "Wieso Fred? Warum drängst du dich zwischen ihn und mich? Alles war gut, bis du damit angefangen hast.", stieß ich wütend aus und merkte wie ich innerlich zu kochen begann, denn er hatte recht. Ohne eine Vorwarnung schaute er mich direkt an. Seine braunen Welpenaugen betrachteten mein Inneres und schienen tief in meine verletzte Seele einzudringen. Ich konnte mich einfach nicht von ihnen lösen, auch wenn ich es wollte. "Weil ich dich liebe." Das zweite mal an diesem Tag hörte ich diese Worte aus seinem Mund und wollte es erneut nicht wahr haben was er da sagte.
"Nein das tust du nicht.", flüsterte ich und kämpfte mit den Tränen. "Das kannst du nicht sagen.", fügte ich hinzu und ignorierte die immer auftauchende Wut die sich langsam weiter in mir aufstaute. "Mein Freund ist gestorben und du knallst mir erneut vor den Kopf, dass du mich liebst? Das ist nicht fair." Ich war laut und schrie beinahe wieder. Er hatte kein Recht dazu. Wieso ich?
"Ich kann es doch nicht ändern.", kam es leise von ihm. Sauer fing ich mit beiden Fäusten an ihm auf die Brust du trommeln. "Wieso, wieso wieso!?",ich fing wieder an zu weinen. Bald würde in meinem Körper keine Tränen mehr vorhanden sein. "Es tut mir leid.", wiederholte er immer und immer wieder, ertrug meinen Wutausbruch und hielt mich trotzdem irgendwie fest.
Mitten in meiner Bewegung griff er nach meinen Händen, hielt sie fest umschlungen und schaute mir erneut tief in die Augen. "Fred, nicht.", ich wusste was er vorhatte, konnte es in seinen Augen ablesen, wehrte mich dennoch nicht als er seine Lippen langsam auf meine herabsenkte und mit mir in einem Kuss versank, der nicht schöner hätte sein können. Seine Zunge strich hauchzart über meine Lippen und öffnete diese, spielte mit meiner und zog sich wieder zurück. Mit dieser Bewegung tauchte auch mein Gewissen wieder auf. Sofort stolperte ich zurück und entfernte mich von ihm, als hätte ich mich verbrannt. "Nein, nein , nein!", stieß ich aus. "Das hättest du nicht machen dürfen.", schrie ich in meiner Verzweiflung und tigerte wie wild umher. "Du hättest... nicht....", plötzlich wurde mir schwarz vor Augen und ich fiel tief.

In ein dunkles Nichts.


Louna Black- Shadows of the pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt