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Er saß gerade an seinem zugeteilten Platz im Großraumbüro. Dieser Tisch wurde für ihn freigeräumt, weil er nicht mehr gebraucht wurde.
Vor ihm lagen Unmengen an Akten und Berichten der letzten Jahre. Eren gab sich große Mühe und wollte ungern ins kalte Wasser springen. Er wollte mehr über die momentane Lage erfahren, um seinen Beitrag dazu leisten zu können. Da wäre es doch besser, sich ein gewisses Vorwissen zu erarbeiten. Immerhin war er kein Einwohner dieser Stadt, kannte die Hintergründe nicht, und erfuhr von solchen Fällen zum ersten Mal. Und er wusste, würde er Ackermann fragen, würde dieser ihm sicher nichts erzählen.

Was er bis jetzt gesehen hatte, machte ihn sprachlos. Er konnte nur mit einem fassungslosen Gesichtsausdruck die Berichte und Bilder über sich ergehen lassen. Was er bis jetzt von der Scouting Legion gehört hatte, haute ihn um. Ihm war bekannt, dass sie Auftragskiller waren. Dass sie bis über die ganze Welt reisten auch. Es jagte ihm eine Gänsehaut über seinem Rücken. Er hatte bereits vermutet, dass es hier anders war als in Trost, doch in diesem Ausmaß nicht.
Zu den Opfern gehörten überwiegend Politiker oder andere Persönlichkeiten mit hohem Einfluss in der Gesellschaft und Politik. Sie alle hatten etwas gemeinsam, aber auch wieder nicht. Sie hingen alle zusammen, aber auch wieder nicht. Es war verwirrend, das war jedem klar. Doch das war der Stil der Scouting Legion. Das einzige, was sie sicher machte, dass sie zusammengehörten, war eine schwarze Feder. Diese Feder lag bei dem Opfer und war wie eine Unterschrift für die Behörden. Und falls Spuren hinterlassen wurden, dann waren sie gewollt. Diese waren jedoch nur eine Ablenkung, um die Behörden sich nicht ganz machtlos fühlen zu lassen – ein verhextes Spiel. Sie waren ihnen meistens immer drei Schritte voraus.
Die Gesichter blieben bedeckt von einer Maske. Manche hatten sogar Decknamen, um die Identität geheim zu halten. Sprich; sie könnten neben einem sein, man würde es nicht merken. Für Eren war es erbärmlich, dass sie sie dauernd an der Nase herumführten. Beinahe wie Tiere ihrem Futter.

„Jäger", hörte der Braunhaarige es. Er zuckte auf, da er so in den Akten vertieft war, dass er gar nicht mitbekam, wie Ackermann vor ihm stand. Er würde die Stimme unter Tausenden wiedererkennen. Sie war einschneidend. Eren schaute auf und blickte direkt in Levis Gesicht. Und wieder von Emotionen keine Spur.
„Was ist?", fragte er, setzte sich gerade hin. Dass auch Ackermann einen kurzen, unauffälligen Blick in die Akten warf, bemerkte Eren nicht. So legte er die Unterlagen zusammen und schenkte dem Schwarzhaarigen einen auffordernden Blick. „Wir haben einen Fall", sprach er monoton. Wie aus einem Reflex heraus spitzten sich Erens Ohren. Wir haben endlich einen Fall? „Hat er mit der Scouting Legion zu tun?" – „Sehr wahrscheinlich ja. Deswegen fahren wir direkt dorthin." Und dann war Schluss mit weiteren Erklärungen.

Sie ließen alles stehen und liegen und begaben sich zum Parkplatz. Sie würden mit Levis Auto fahren, hatte der Schwarzhaarige entschieden. Eren machte sich gar nicht die Mühe etwas dagegen zu sagen, er hätte diese Diskussion haushoch verloren. Er schätzte Ackermann als einen sehr sturen und ehrgeizigen Menschen ein, das war seiner Meinung aber auch abzusehen. Ihn musste man nicht lange kennen, um dieses Bild von ihm zu haben.
Im Auto herrschte eine Stille, die Eren etwas unangenehm war. Eine Stille, die zum Zerreißen gespannt war. Er entschied sich, diese zu brechen. Immerhin wollte er sich Mühe geben, damit die Zusammenarbeit gut verlaufen würde. Auch wenn es dafür ein wenig länger brauchen würde.

Gerade als er etwas ansprechen wollte, wurde ihm etwas auf den Schoß geschmissen. Er blickte auf die Akte in schwarz, die auf seinem Schoß lag. So sah er fragend zu seiner Linken, wo Ackermann am Steuer saß und gerade bei einer Kreuzung rechts einlenkte. Sein Blick war konzentriert auf die Straße gerichtet, seine Hände umfassten fest das Lenkrad.

„Das ist die Fallakte. Der Name vom Opfer ist Jonathan Fisher. Politiker an der Landesgrenze, Distrikt 21. War äußerlich der wohl freundlichste und wohlbesonnenste Bürger, aber im Inneren genauso verdorben wie alle anderen Schweine auch", erklärte der Schwarzhaarige. Daraufhin nickte Eren und sah sich die Akte genauer an. Zu finden war nicht nur etwas zum Fall, sondern auch etwas zu Fishers Persönlichkeit oder Dingen, mit denen er in Verbindung stehen könnte. Unter anderem Geldwäsche und Handeln auf dem Schwarzmarkt – all sowas.

Die gesamte Fahrt nutzte Eren, um sich ein möglichst klares Bild über den Fall zu schaffen. Er versuchte sich die meisten Dinge zu merken und dachte sich seinen eigenen Teil dazu. Für Eren war dieser Mann kein guter Mensch gewesen. Da hatte Ackermann in gewisser Weise Erens Meinung nach Recht. Aber was Fisher alles getan - oder eben nicht getan - hatte, tat jetzt nichts zur Sache. Sein eigener Mord war immer noch der Grund, warum die beiden überhaupt im Auto saßen und auf den Weg zu Fishers Anwesen waren. Bei einem Fall durften persönliche Gefühle nicht existent sein. Es war nötig, einen klaren Kopf zu haben. Es war sein Job solche Fälle aufzuklären. Das musste momentan im Mittelpunkt stehen.

Beim Haus angekommen, befanden sich dort überall Autos von der Spurensicherung und anderen Polizisten, die die Bürger, die dort überall standen, zu dem Mord befragten. Die Gesichter der hier Anwesenden waren unterschiedlich. Einige der Gesichter zeigten Entsetzen, die anderen wiederum sahen in gewissermaßen glücklich aus, da sie sich das Grinsen nicht verkneifen konnten. Und andere waren komplett aufgelöst.
Daran sah man, dass Fisher anscheinend nicht zu allen Bürgern eine so gute Beziehung pflegte, wie er immer vorgab. Beinahe so wie jeder Politiker hier. Alle Menschen hatten eine Schattenseite; es gab Menschen, da überwog die Schattenseite, bei anderen war es die Lichtseite. Und welche überwog, machte einen großen Teil des eigenen Charakters aus. Das war die heutige Zeit.

Da Eren und Levi die Leitung des Falls bekamen, wurden sie direkt zum Tatort durchgelassen. Sie betraten das Haus, worauf Eren sogleich der metallische Geruch in die Nase stieg. Für Levi war dieser Geruch beinahe gar nicht mehr präsent, da er ihn schon so oft in der Nase hatte. Mit anderen Worten: Er hatte sich daran gewöhnt.
Das Anwesen war groß und geräumig, definitiv mehr Platz als für eine Person. Sie liefen herum, um sich einen genaueren Überblick zu verschaffen. Ackermann ging in die erste obere Etage, Jäger blieb im Erdgeschoss. So wie es hier aussah, schien der Mord nicht ganz nach Plan verlaufen zu sein. Die Scouting Legion war eine Organisation, die Perfektion großschrieb. Hätte man nicht die schwarze Feder gefunden, könnte dieser Fall auch von jemand ganz anderen begangen worden sein. Oder nur jemand, der den Idealen der Scouting Legion nacheiferte.

Die Möbel waren umgeworfen, Deko lag zerstreut in den vier Wänden und überall war Blut. Fisher starb an Verblutung, offensichtlich. Im Befund stand, dass eine der Aterien in seinem Bein mit einem Messer durchtrennt wurde. Zudem hatte er eine Schusswunde in der linken Schulter. So vermutete Eren, dass der Täter ihn erst erschießen wollte, aber als das nicht funktionierte, er es mit dem Messer geschafft hat. Alles in allem nicht sehr professionell. Ein Anfänger, dachte Eren sich.

„Ich habe oben gecheckt, nichts war auffällig", kam es von Ackermann, der gerade die Treppe herunterkam. Der Braunhaarige nickte und betrachtete die eingetrocknete Blutlache im Teppich. Es war fast zu viel, für nur eine Person. „Wieviel Blut hat Fisher noch gleich verloren?", fragte der Braunhaarige, drehte sich mit einem skeptischen Blick zu Ackermann um. „Knapp zweieinhalb Liter. Wieso?", gab der Schwarzhaarige mit einem fragenden Gesicht von sich. Der Brünette seufzte und hockte sich zu der Blutlache runter, betrachtete sie erneut. „Weil das definitiv mehr als zweieinhalb Liter sind. Locker drei oder mehr." – „Du glaubst, dass es zwei Opfer gibt?", sprach Levi derer beiden Gedanken aus. Eren nickte. „Ja, das glaube ich. Wir müssen das Blut überprüfen lassen. Wir brauchen eine Liste von Leuten, die am Tag der Tat zu Fisher wollten oder hier waren. Es ist nicht auszuschließen, dass die andere Person verletzt oder bereits Tod ist." Während Eren die näheren Umstände erklärte, regte sich in Levis Gesicht etwas. Vielleicht war er sich das selbst gar nicht so bewusst, doch Eren bemerkte es. Dafür, dass er neu war, ging er ganz schön ran, dachte Levi.
„Gut, ich sage dem Team bescheid. Ich kümmre mich drum."
Und schon war er aus dem Haus gestürmt, zückte bereits das Telefon aus der Hosentasche.

Dass es nun zwei Opfer sein könnten machte die Sache um einiges schwerer.

Denn bei einem fing es an... einem Mord.

Personalities [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt