TWENTYFOUR

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„Und er hat dich solange provoziert, bis du auf ihn losgegangen bist?", fragte die Schwarzhaarige, um sicher zu gehen, dass sie die Situation verstanden hatte. Eren nickte mit einem nichtssagenden Blick, doch seine Hände waren krampfend in seine Hose gekrallt. Man sah ihm deutlich an, dass ihn dieser Gedanke nicht los ließ. „Unglaublich, dass dein alter Boss sowas macht." – „Das denke ich auch. Er hat es darauf ankommen lassen und gewusst, dass ich ihm eine reinhauen würde. Er hat das ausgenutzt und damit deutlich gezeigt, dass ich ihm nichts antun kann. Levi meinte, er sei zu wichtig als dass er einfach sterben dürfte." Man sah das Entsetzen förmlich in seinen Augen lodern, die Wut, die sich breiter machte. Mikasa konnte nur zustimmen. Was Erwin getan hatte... Er war selbst schuld daran. Sie informierte sich bereits ihm Vorfeld über ihn, und sie konnte sagen, dass dieser Mann nicht davor zurückschreckte, alles zu opfern, um seine Ziele zu erreichen. Beinahe genauso wie jemanden, den sie kannte. Vielleicht war es auch der Grund, warum Levi ganze zwei Jahre an der Oberfläche verbrachte, bis er wiederkam. Dies beruhte aber nicht auf Ehrfurcht oder Gleichgesinntheit – sondern auf die Befehle, die Levi währenddessen erhielt und ausführen musste. Und wer wäre er denn, wenn er als Corporal seine Aufgaben nicht erfüllte? Geschweige denn von den Folgen, die es mit sich bringen würde.

„Ich habe...", kam es leise über seine Lippen, womit Mikasa von ihren Händen aufsah. „Ich habe wirklich darüber nachgedacht, dass ich ihn töten wollte. Ich habe bewusst jemanden umbringen wollen." Seine Seelenspiegel waren auf seine Hände gerichtet, ein dunkler Schein lag in seinen Augen. Mikasa verzog mitleidig das Gesicht und sprach: „Eren, das kannst du so nicht sagen. Smith hat dich extra in diese Situation versetzt, du konntest gar nicht anders." Doch der Braunhaarige schüttelte den Kopf. „Das ist ja nicht mal das Schlimmste. Was mich eher wundert... Ich-Ich hätte kein Problem damit. Ich könnte jetzt – genau in diesem Moment – wieder zu der Zelle gehen, ihm meine Waffe an die Stirn halten und den Abzug drücken. Einfach so, und es würde mich nicht das Geringste interessieren..." Darauf verstummte die Schwarzhaarige. In ihrem Kopf tauchten Bilder auf, als sie noch mit Eren und Armin zusammen draußen gespielt hatte; wo sie noch kein Teil des großen Ganzen waren. Und nun änderte sich das alles innerhalb nur weniger Jahre, es kam einem gar nicht so lange vor, wie es eigentlich her war. Sie sah in Eren immer noch den zehn Jahre alten Jungen, mit dem sie so gerne Zeit verbrachte. Doch dieser Junge existierte schon lange nicht mehr. Und auch sie stellte sich die Frage: War es vielleicht nicht besser so? Eren war nun einmal in diese Welt gerutscht und käme auch nicht mehr davon weg. Vielleicht war es Schicksal, vielleicht aber auch nur eine Illusion der Wirklichkeit. Wer wusste das schon?

„Und was wirst du tun?", sprach sie nach einer Weile. Eren zuckte mit den Schultern und ließ sich nach hinten in die Coach fallen. „Nichts. Es gibt nichts, was ich tun könnte, Mikasa. Ich kann nur hier sitzen und warten. Und das den ganzen Tag lang. Levi wird ihn sicher momentan noch verhören und dann sich etwas überlegen, was mit Erwin passiert." – „Er wird ihn mit Sicherheit noch einige Zeit behalten wollen, versuchen herauszufinden, wen Erwin anrufen wollte und mit wem er an dem Tag geredet hat. Und das wird Zeit kosten. Wir sollten mit mindestens einer Woche rechnen." Wieder nickte der Braunhaarige nur. Mikasa hatte Recht, das Zepter lag nicht in ihrer Hand.

...

Mit einem Seufzer betrat er die Wohnung und fuhr sich einmal durchs Gesicht. Schließlich rieb er sich über die Augen und lief dann Richtung Wohnzimmer. Schon im Flur hörte er zwei Stimmen, die ihm nur all zu bekannt waren. Er war aber auch nicht überrascht, dass Mikasa hier war. Und offen gesagt hatte er damit auch kein Problem. Solange sie nichts durcheinanderbrachte.

Sobald der Braunhaarige ihn erblickte, richtete er sich augenblicklich auf. Dadurch schwenkte Mikasas Blick zu ihrer Rechten, worauf sie schnell aufstand, und Haltung annahm. „Sir! Es tut mir leid, dass ich Ihnen nichts davon gesagt-" – „Ich habe dir doch schon mal gesagt, dass du mich nicht siezen musst, wenn wir unter uns sind, Mikasa. Außerdem habe ich kein Problem damit, wenn du dich hier aufhältst", unterbrach er sie und ließ sich neben Eren auf die Coach sinken. Verstehend nickte die junge Frau und setzte sich. „Stimmt ja, entschuldige."

Der Braunhaarige sah in Levis Gesicht, schaute beinahe auffordernd. Und der Schwarzhaarige wusste auch, was er sagen wollte. Schließlich war es offensichtlich. „Ich weiß, was du wissen willst. Aber dazu kann ich dir noch nichts genaues sagen, weil ich mir selbst noch etwas überlegen muss. Aber was sicher ist: Dieser Mistkerl bekommt, was er verdient." Damit schien sich Eren zufrieden zu geben, denn sein Ausdruck lockerte sich und nahm eine entspanntere Haltung an.

„Ach, und, Mikasa", begann er und schaute zur Schwarzhaarigen. „Ich habe dich zur Leiterin des Handels aufgestuft. Du hast dich echt verbessert die letzte Zeit." Entgeistert weitete sie ihre Augen, konnte im ersten Moment gar nicht glauben, was sie dort hörte. „Was, echt? Aber ich- Wow, danke!... Aber das heißt ja..." Mitten im Satz hörte sie auf und hielt sich die Hand vor dem Mund. Einer von Levis Mundwinkel hob sich als er das Gesicht der Schwarzhaarigen sah. „Was heißt das denn?", fragte Eren in die Stille hinein. Weil Mikasa wohl gerade anderes zu tun hatte als Eren zu antworten, machte Levi es: „Die Scouting Legion besteht, wie du weißt, aus mehreren Bereichen und Abteilungen. Ich habe Mikasa zur Leiterin des Haupthandels befördert, somit ist sie eine Abteilungsleitung und zudem auch direkt unter dem Boss, mir, gestellt. Sofern es keinen Vize-Anführer gibt, den ich noch ernennen muss." Nun schaute Eren auch genauso wie Mikasa. „Das ist... Wow", sagte er mit einem breiten Lächeln.

„Und wenn du dich bei der Ausbildung gut anstellst, Eren... denke ich darüber nach... das wirst du schon noch erfahren, wenn es soweit ist." Die Augenbrauen des Braunhaarigen zogen sich zusammen. „Ach komm schon! Du kannst doch nicht einfach-" – „Eren nimmt an der Ausbildung teil?" Bestätigend nickte der Schwarzhaarige. „Aber keine Sorge, er wird nicht anders behandelt als die anderen Anfänger. Aber natürlich habe ich eine gewisse Erwartungshaltung, die Eren erfüllen muss. Also...", sein Blick schweifte zum Braunhaarigen, zog ihm am Kinn hoch, „strenge dich an. Vielleicht bekommst du dann etwas von mir", raunte er mit tiefer Stimme. Eine Gänsehaut lief Erens Rücken hinunter, schluckte schwer. Doch dann verwandelte sich sein Gesicht direkt in Entschlossenheit. „Ich werde dich nicht enttäuschen... Boss."

„Oh Gott... Nehmt euch ein Zimmer!", blaffte Mikasa und rollte mit den Augen. Aus seinem Augenwinkel sah Levi, wie sich eine sachte Röte auf Erens Wangen legte, er selbst leicht lächeln musste, als er das Funkeln in des Braunhaarigen Augen sah. Nein, du wirst mich nicht enttäuschen...

Personalities [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt