sixteen

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Und sobald der Schwarzhaarige die Tür hinter sich zufallen hörte, schlenderte er weiter. Er lief in dieselbe Richtung, in der er bereits vor einigen Tagen gelaufen war – zu Kennys Gemächern. Anscheinend wollte er mit ihm über den Plan reden, den er sich bezüglich Jäger ausgedacht hatte. Und Levi war gespannt. Nicht, dass er Interesse an Erens Wohlergehen hätte, aber er wollte gerne wissen, wie lange er sich noch mit ihm befassen musste. Und wenn alles so wie geplant lief, dauerte dies nicht mehr lange.

Es waren dieselben Türen, der ihn begrüßten als er ankam. Er öffnete sie und betrat somit den Raum. Als hätte sich nichts verändert, saß sein Onkel wieder in seinem Sessel. Nur mit dem Unterschied, dass er dabei eine rauchte. Levi zog die Augenbrauen zusammen und wedelte vor seiner Nase rum, als der Gestank und der Rauch seine Nase erreichte. Wie immer konnte er darüber nur die Augen verdrehen. Er verstand den Sinn dahinter nicht.
Er setzte sich wieder hin und wartete, dass der Ältere anfing. Immerhin war Levi nun hier, weil er ihn sprechen wollte, nicht andersherum. Wenn es nach Levi ginge, wäre er in seinem Zimmer und würde wahrscheinlich Eren dabei beobachten, wie dieser in Gedanken versunken auf der Matratze saß, schwieg. Es war interessant. Doch würde Levi dies nie offen aussprechen.
„Also... Was ist mit Eren? Wo ist er?", fing er an, klopfte die Asche der Zigarette ab. „Ich habe ihn zu Hanji gebracht. Also haben wir erstmal Ruhe. Vierauge ist sicher froh, jemanden zum Vollquatschen zu haben." – „Der Junge tut mir leid. Keiner sollte dazu gezwungen sein, sich das Zeug von der anzuhören." Levi nickte auf diese Aussage.

„Wie dem auch sei... Alles ist vorbereitet. Die da oben wissen Bescheid. Sie denken, dass Eren entführt wurde, nur der Papa weiß wer. Ich habe einen nach oben Undercover geschickt, damit der Arzt auch keine Fehler bei der Überweisung macht", sprach er mit rauem Ton. „Dann werden wir ja sehen, wie sehr der Papa seinen Sohn liebt. Wäre sicher so ein Vaterding, meinst du nicht, Levi?" – „Was weiß ich. Meiner hat sich ja nie blicken lassen, dieses Arschloch." Kenny lachte auf, zündete sich im nächsten Moment die nächste Stange an und lehnte sich zurück. Levi musste leise husten, da er den Rauch eingeatmet hatte, worauf Kenny schmunzelte. „Stimmt auch wieder. Dafür hast du mich. Ich bin doch viel besser als so ein Loser, oder?" – „Tch, glaub was du willst."

Danach stand Kenny auf, ging zu seinem Schreibtisch. Levi folgte ihm, wartete ab. „Hast du ihm das Armband verpasst? Wir wollen doch nicht, dass der Welpe abhaut oder sich verletzt", Kenny schmollte gespielt und konnte sich kein Grinsen verkneifen. Levi nickte. Dieses Armband war nicht nur eine Versicherung, es innehielt auch ein GPS-Signal, das Levi aufspüren konnte. Verstecken war also nicht. Da musste sich Eren wohl etwas anderes ausdenken. Levi war gespannt, was der Braunhaarige sich alles noch einfallen ließ, bis er begriff, dass Widerstand zwecklos war.
„Was passiert eigentlich, wenn der Papa nicht bezahlt?", fragte Levi in die Stille hinein. Kenny machte ein überlegendes Gesicht. „Ganz einfach. Ihn töten. Was nützt uns ein Ex-Cop, der sich schon in die Hose scheißt, sobald jemand stirbt? Nein, sowas Nutzloses brauchen wir nicht. Selbst wenn, wäre er nicht mehr als eine Küchenhilfe für Niccolo. Der wollte doch eine haben." Levi zuckte mit den Schultern. Klang einleuchtend für ihn. Unnötiges wurde über Bord geworfen, es war nur eine Last. Ein weiterer Grund, warum er keine Last sein wollte.

„Levi?" – „Hm?", kam es von ihm fragend. „Wenn er sterben soll... bist du es, der's beendet, ist das klar?", sprach Kenny düsteren Tones aus, ließ keine Widerworte zu. Es blitze in seinen Augen gefährlich und man sah in seinen Seelenspiegeln, dass er weitaus mehr im Kopf hatte, als er aussprach. Er hatte Hintergedanken. „Natürlich", antwortete der Schwarzhaarige und hatte das Gesicht drauf, was er immer in Gegenwart andere trug.

Und genau zu derselben Zeit auf der anderen Seite des Bunkers lief es wie folgt ab:

Hanji hatte Eren sofort voller Elan – sie war in ihrem Element – in ihr Reich gezogen. Nicht nur einmal stolperte Eren rein, hatte die Augen weit geöffnet, als er sich umsah.
Es war mehr wie eine große Halle. Eren konnte sich gar nicht vorstellen, dass die Braunhaarige tatsächlich hier wohnte. Alles war vollgestellt mit den verschiedensten Sachen. So wie es aussah, waren es Entwürfe und einzelne Stücke der Ausrüstung. Alles wie gewohnt in Schwarz gehalten.
An einer Wand war ein komplettes Regal mit Masken – sowohl fürs halbe als auch fürs ganze Gesicht – aufgestellt. Und auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich die ganzen Waffen, jedenfalls sah es so für Eren aus. Wie konnte man hier zur Ruhe kommen, wenn man von Waffen umzingelt war? Doch als er sich zu Hanji umdrehte, erkannte er nur ein breites Grinsen in ihrem Gesicht, wie sie mit geweiteten Augen Eren bei seinem Rundgang musterte.

„Und? Wie findest du es?", fragte sie aufgedreht. Eren schob überlegend seine Unterlippe nach vorne, ließ seinen Blick nochmals über die ganzen Stücke wandern. Mittlerweile hatte er aufgehört, sich über sowas zu wundern. „Hast... Hast du das alles gemacht?", fragte er und ging auf sie zu. Hastig nickte sein Gegenüber. „Ja, das habe ich! Das ist meine Aufgabe hier. Ich stelle die gesamte Ausrüstung her! Alles ist handgefertigt. Deswegen geben mir auch immer alle ihre Sachen, wenn sie voller Blut oder kaputt sind. Keiner kann sowas besser als ich!", sagte sie Stolz und klopfte sich selbst auf die Schulter. Eren nickte verstehend und lief weiter.

Doch im Anschluss kam er nochmal zum Regal, in dem sich die ganzen Masken befanden. Sie sahen alle unterschiedlich aus, hatten sein Interesse geweckt. Einige davon konnte man mehr Verkleidung als eine Maske nennen. „Sag mal... Ich nehme an, du stellt für jeden eine eigene Maske her?" – „Jap! Sonst würden wir sie alle nur vertauschen. Außerdem ist es einfach cooler. Wenn die Rekruten ihre Ausbildung fertig gemacht haben, dürfen sie sich eine Maske wünschen." Eren zog verwundert die Augenbrauen hoch. „Ihr bildet aus? Zum Killer?", sprach er mit einem entsetzten Unterton. „Nicht ganz. Also schon, aber eben nicht nur. Glaubtest du echt, wir alle wären nur Killer?", Eren nickte mit geweiteten Augen. Hanji winkte mit einem Lächeln ab. „Wer kann's dir auch verübeln. Alle denken immer, sobald man in der Scouting Legion ist, hat man gleich jemanden umgebracht." – „Ist das denn nicht so?", fragte Eren weiter. Nun hatte ihn die Neugierde gepackt. Wenn schon jemand so freundlich war, ihm etwas mehr über das hier zu erzählen, konnte er das vielleicht für seine Nachforschungen des Falls nutzen.

„Nein. Die Mehrheit sind zwar Killer, aber eben nicht alle. Es gibt Leute wie mich, die im Technischen tätig sind, für die Küche gibt es auch welche, Drogenkuriere sind auch bei uns untergebracht. Und dann gibt es noch Leute, wie zum Beispiel der Corporal, der irgendwie überall ist." Beim letzten Teil wurde er hellhörig. „Wie das denn? Ist Levi nicht hauptsächlich Killer?" Hanji verzog nachdenklich das Gesicht. „Wo du mich jetzt schon fragst... Ja. Aber er hat irgendwie überall seine Finger im Spiel. Dadurch hat er unsere Leute aber auch besser im Blick. Immerhin traut sich keiner, sich ihm zu widersetzen." – „Ist Levi so grausam, dass selbst seine eigenen Leute sich vor ihm fürchten? Eigentlich ziemlich ironisch, wenn du mich fragst. Obwohl, bei Levis Charakterzügen nicht weiter verwunderlich, wenn so über ihn gedacht wird", sprach Eren in Gedanken, fuhr mit seinen Fingern über das Regal. Er war dem gar nicht bewusst, was er soeben von sich gegeben hatte.
Hanji legte ihren Kopf schief, schnaubte.

„Kein Mensch ist von Grund auf böse, Eren. Es sind die bösen Ereignisse in einem Leben, die einen zu bösen Taten verleiten." Eren drehte sich zu Hanji um. „Weißt du... Eigentlich sollte ich darüber nicht sprechen, weil Shorty mich sonst einen Kopf kürzer machen würde, aber ich sage es trotzdem: Levi ist anders als wir alle. Er kam nicht später dazu oder wurde hier eingeschleust wie du. Ich kenne ihn schon beinahe mein ganzes Leben. Und in diesen ganzen Jahren hat Levi, bis er die Ausbildung abgeschlossen hatte – übrigens als Bester – diesen Bunker nie verlassen. Es ist sein Zuhause, er kennt nichts anderes." Der Braunhaarige schaute sein Gegenüber mit einer Mischung aus Verwirrung und Ungläubigkeit an. Wie meinte sie das? „Hanji... Wie meinst du das?" – „Wie ich es gesagt habe. Levi ist anders. Er handelt aus anderen Gründen wie wir alle. Deswegen – und das sage ich nur einmal – urteile nicht über Levi, wenn du sein Leben nicht aus seiner Sicht gesehen hast. Das wäre das Schlimmste, was du in deiner jetzigen Situation machen kannst", sprach sie, ganz andere Tonlage als vorher. Eben war sie noch voll aufgeregt, und nun hatte sich ihr Gesicht zur Ernsthaftigkeit verändert.

Eren schluckte. Da hatte er wohl einen wunden Punkt getroffen.

Personalities [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt