twentynine

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Der Dampf des heißen Getränks stieg empor in die Luft, als sie die Tasse auf den Tisch abstellte. Das Tablett legte sie neben sich ab, ehe sie sich auf ihren Sitzplatz niederließ. Sie seufzte als sie die Miene ihres Gegenübers sah. Der Schwarzhaarige schaute nur in seine Tasse und rührte mit dem Löffel in seinem Tee rum. Beinahe so als würde er nicht den Moment verpassen wollen, in dem sein Getränk den perfekten Zeitpunkt erreichen würde. Doch Hanji schüttelte nur leicht den Kopf.

„Also, was ist los?", begann sie ein Gespräch und zog fragend die Augenbrauen hoch. Er schaute auf und bedachte die Braunhaarige mit einem verzogenen Gesicht. „Was soll los sein?", erwiderte er planlos. „Levi. Ich kenne dich jetzt schon seitdem wir klein waren. Und du bist noch nie einfach so zu mir gekommen. Nicht mal, wenn du tatsächlich etwas von mir wolltest. Ich musste es immer selbst rausfinden. Also... Was verschafft mir die Ehre, mit dem Corporal an einem Tisch zu sitzen...?", sprach sie, hatte ein warmes Lächeln auf den Lippen. Doch der Schwarzhaarige schnaubte. „Bild dir darauf ja nichts ein, Brillenschlange. Ich habe nur gerade nichts zu tun, das ist alles." In seiner Stimme lag ein müdes Brummen, was das gewisse Etwas in Hanji auslöste. „Tatsächlich? Musst du nicht auf Eren und seinen Freund, Armin, aufpassen?", fragte sie, nippte an ihrer Tasse. Levi schüttelte den Kopf. „So gerne ich die beiden auch betreuen würde... fehlt mir die letzten Tage einfach die Zeit dafür. Kenny ist weg, kommt erst in ein paar Wochen wieder. Dieses Schwein hat seine gesamte Arbeit auf mich abgeladen", erzählte er und fuhr sich durch die Haare. Hanji zog eine Augenbraue hoch.
„Und wer passt dann auf die beiden auf? Du wolltest sie doch nicht aus den Augen lassen?" Verwunderung lag in der Stimme der Braunhaarigen, Levi zuckte mit den Schultern. „Ich habe sie zu Leonhardt gebracht. Immerhin gehört sie zu unseren Besten. Da wird schon nichts passieren. Und selbst wenn, ich finde die beiden sowieso, falls sie auf den dummen Gedanken kommen sollten, zu verschwinden." – „Das sieht dir nicht ähnlich." Nun war es Levi, der ein fragendes Gesicht machte, weshalb er sprach: „Ich verstehe nicht." Die Brillenträgerin lachte kurz auf. „Ich meine, dass du normalerweise niemand anderem deine eigenen Aufgaben überlässt. Wenn das alles wirklich daran liegt, dass du momentan so viel zu erledigen hast, dann muss das schon was heißen." Hanji hatte die Tasse mit beiden Händen umgriffen, um diese zu wärmen.
Es war doch was Schönes, mit einem warmen Getränk mit seinen engsten an einem Tisch zu sitzen und einfach nur zu reden. Etwas, was die Braunhaarige schon lange nicht mehr hatte. Deshalb versuchte sie es zu genießen.

„Wie auch immer. Jedenfalls..." – „Du bist anders, Levi." Der Schwarzhaarige gab einen irritierten Laut von sich. „Du hast schon viele bei dir in deinen Räumen gehabt. Hast ihnen einfach aus Spaß die Hölle auf Erden bereitet. Keine Frage, Eren geht es schlecht. Ich will auch nicht gutheißen, dass du ihn verletzt hast. Aber du verhältst dich anders ihm gegenüber, auch wenn du es selbst nicht unbedingt merkst. Du lässt ihn viel mehr durchgehen als andere. Hat das einen Grund?", in ihren Augen blitzte die Neugier. Der Schwarzhaarige zischte unverständlich. „Glaub was du willst. Warum sollte mich so jemand wie Eren verändern? Das geht nicht." – „Und warum nicht?", widersprach sie, stellte die nun leere Tasse wieder auf den Tisch.

Levi hielt inne. Es war ein kurzer Moment, der ihm seine Stimme nahm. Hanji deutete dies als ein Zeichen, dass er es selbst nicht wusste. Es war schon eine große Tat, wenn man den Schwarzhaarigen mundtot machte. Das kam äußerst selten vor – wenn es überhaupt schon mal passiert war.
„Tch, ich muss mich dir nicht erklären, Hanji. Aber ich kann dir eines sagen... Das letzte was ich tue, ist mich aufgrund eines anderen Menschen zu ändern." - „Wenn du meinst", entgegnete sie darauf und schaute wissend rein, was Levi genervt aufatmen ließ.

Doch bevor er noch was darauf äußern konnte, wurde der Moment durch die sich öffnende Tür gestört. Die beiden schauten zu ihrer Linken, wo eine Person im Türrahmen stand. Sie salutierte und hatte ihren Blick geradeaus gerichtet. Levi schnaubte.
„Was ist, Ackermann?", entkam es ihm mit einem schärferen Unterton. Die Schwarzhaarige rührte sich und verschränkte die Arme hinter ihrem Rücken. „Die Lieferungen sind angekommen, Corporal. Der Boss wollte, dass ich es Ihnen mitteile, sobald sie da sind und er selbst noch nicht wiedergekehrt ist." Levi nickte verstehend. „Gut gemacht, Mikasa. Du kannst jetzt gehen." – „Danke Sir." Und so schnell sie gekommen war, verschwand sie nun auch wieder.
„Mikasa ist ein echt tüchtiges Mädchen, nicht?", lief es der Braunhaarigen über die Lippen. „Durch und durch ein Ausnahme Talent, nichts weiter", brummte er und leerte mit einem letzten Schluck die Tasse. Hanji schaute der Schwarzhaarigen mit einem Lächeln hinterher.

...

„Du siehst echt kaputt aus, Eren. Du schläfst nicht viel, oder?" – „Schlaf du mal, wenn neben dir ein Kerl mit einem Messer am Gürtel liegt", schnaubte er und setzte sich auf den Boden. Er atmete erschöpft auf, als er den Kopf gegen die Wand legte. Der Blonde gesellte sich zu ihm, in seinem Blick lag Besorgnis.
„Ich verstehe dich nicht... Wie kannst du das alles einfach über dich ergehen lassen? Ich habe gestern deine ganzen blauen Flecken und die Narben an deinem Hals und Arm gesehen... Eren, das..." – „Ich habe mich ihm mehr als nur einmal widersetzt und jedes Mal hält er mir vor die Nase, wie unterlegen ich ihm bin. Nach der dritten Woche habe ich versucht zu fliehen. Ich hatte mir alles genaustens ausgedacht, hatte einen Plan. Kaum war ich weg – es waren keine 30 Minuten – schon war ich wieder drin. Es hat keinen Sinn, Armin." Eren machte eine Pause, in der er seine Arme auf seinen Knien abstützte. „Wenn ich Mist baue oder etwas mache, was Levi nicht gefällt, musst du dafür den Kopf hinhalten – das will ich vermeiden." Seiner Stimme lag ein geschlagener Ton inne, der den Blonden schlucken ließ.

„Hasst du ihn nicht dafür? Er hat dir dein Leben zerstört. Er hat dein Leben vollkommen in der Hand. Er kann es einfach beenden, je nach seiner Laune. Ich wäre an deiner Stelle schon längst nicht mehr hier." – „Oh ja, und wie ich ihn gehasst habe. Ich hasste ihn dafür, dass er mir alles genommen hat. Dass er mich wie Dreck behandelt. Aber jetzt... Hass würde mich hier nicht weiterbringen. Eher im Gegenteil."

Es tat weh, Eren so zu sehen. Der einen einst so starken Charakter hatte, sich nichts sagen ließ und vor Lebenslust nur so überlief. Nun änderte sich das innerhalb eines Monats. Wenn der Blonde zu seiner Linken blickte, sah er nur einen Mann, der den Willen verlor. Die Hoffnung und den Glauben. Den Glauben und die Hoffnung an etwas anderem als die grauen Wände. Seine Augen hatten allen grünen Glanz verloren und wirkten matt, kein Funkeln. Sein Gesicht war nichtssagend, Mimik los. Wenn er nicht wüsste, dass sein bester Freund gerade neben ihn saß, konnte das von der Ausstrahlung auch jemand komplett anderes sein. Und er hasste diesen Anblick.

„Dann lass uns von hier weg."

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Wie fändet ihr die Idee, wenn ich zu dieser Story auch eine Spotify-Playlist erstelle? Dann würde ich mir diesbezüglich etwas überlegen.

Personalities [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt