Er fuhr dem Braunhaarigen durch die weichen Haare, wodurch eine Strähne auf dessen Schulter fiel. Die grünen Augen strahlten ein gewisses Leuchten aus, sein Atem ganz langsam. So musste der Schwarzhaarige leicht Lächeln, was aber nur angesetzt war, und lehnte sich wieder zurück. „Schön, dass du so entschlossen bist, Eren. Ich erwarte nur dein Bestes. Du weißt, was passiert, wenn du nicht mithalten kannst." Darauf nickte er. „Ich werde noch etwas zu Hanji gehen, also warte nicht auf mich mit dem Essen. Vermutlich wird sie wieder einiges zu besprechen haben. Du hast meine Erlaubnis, mit Reiner etwas zu machen, wenn du möchtest. Immerhin sollst du nicht hier eingehen." Dies sprach er mit so einem ruhigen Ton, dass es Eren tief einatmen ließ. Kurz darauf verschwand er wieder, vermutlich um sich anzuziehen.
„Man soll sehen, dass du besser bist als alle anderen."
Noch immer hatte er Gänsehaut, wiederholte die Worte immer wieder in seinem Kopf. Und je öfter er das tat, desto mehr gefiel es ihm. Levi hatte ihn gelobt, und das mit einer solchen Selbstverständlichkeit, mit der er nicht gerechnet hätte. Er mochte es immer mehr, wenn er in seine Augen sah und das Gefühl bekam, bis ins Innere seiner Seele zu blicken, obwohl er immer wieder auf dieselbe Schwärze stieß. Eren fragte sich, ob es für ihn bestimmt war. Warum zeigte Levi in letzter Zeit diese Seite von ihm? Warum... wurde Eren so nervös, wenn er sich ihm näherte? Und wieso bekam er dann keinen anständigen Satz heraus? Sein Herz begann schneller zu schlagen, seine Hände schwitzten und er fühlte sich, als wenn er jeden Moment das Bewusstsein verlieren könnte. Doch trotz all dem... Er war süchtig danach. Ganz zu schweigen von der Person, die sich in Eren entwickelt hatte.
Da stellte sich einem doch die Frage, ob in ihm immer noch der Vorstadt-Polizist steckte, der mit lauter Stimme gegen die auf ihn eindreschenden Gedanken ankämpfte und mit jedem Tag mehr seine Kraft verlor, sich zu widersetzen. Mittlerweile waren seine Schreie so leise, dass Eren sie gar nicht mehr spüren konnte. Gab es also noch einen Weg zur Rettung? Auch wenn dies für manch anderer gar nicht mehr von Belang war. Auch nicht für Eren.
...
Als sie mit einem lauten Knall den Stapel auf den Holztisch ablegte, sah er von seiner Tasse auf. Er blickte in das Gesicht von Hanji, die bereits ein aufgewecktes Funkeln in ihren Augen hatte. So seufzte er und setzte sich auf, stellte das Porzellan beiseite und verschränkte die Arme ineinander.
„Also... Das sind die Anträge, die die letzten zwei Wochen reingekommen sind. Und du als der Chef hier... musst sie überprüfen." Man sah ihm direkt an, dass er eigentlich etwas besseres zu tun hatte, als sich nun mit dem Papierkram zu beschäftigen.
„Warum sind das so viele? Ich dachte eigentlich, wir hätten das Problem beseitigt", sprach er mit fragender Stimme. Die Braunhaarige summte zustimmend. „Das stimmt auch. Aber weil nun einmal um den kompletten Globus die Nachricht gegangen ist, dass Kenny nicht mehr da ist und du nun alles übernimmst, wollen einige ihr Glück nochmal versuchen und ihre Verträge ändern." – „Als wenn ich meine Meinung plötzlich ändern würde, nur weil Kenny nicht mehr hier am Schreibtisch sitzt." Hanji entging ein leises Kichern. „Da musst du wohl durch. Aber keine Sorge, ich bin mir sicher, du findest schon jemanden, der dir hilft", sie stützte sich auf ihrer Hand am Tisch ab. Doch der Schwarzhaarige schnaubte. „Damit alles nur noch unordentlicher wird? Nein, dann mache ich das lieber selbst." – „Musst du wissen. Ich bin mir sicher, dass Eren dir gerne zur Seite stehen würde." Daraufhin blieb es für einen Moment still.
Hanji bedachte ihn mit einem wissenden Blick, konnte sich kein Grinsen verkneifen. Dann räusperte er sich und sagte: „Das geht nicht." – „Und warum nicht?", fragte sie sofort weiter. Sie mochte es, wenn sie diesen leichten Hauch von Verlegenheit bei ihm sah (besonders wenn sie mal über Eren sprachen, aber dennoch kaum sichtbar). „Er soll sich ganz auf seine Ausbildung konzentrieren können. Ich will nicht, dass er irgendjemandem nachsteht." Die Braunhaarige nahm ihre Brille ab und wischte mit ihrem Laborkittel über die Gläser, gab ein skeptisches Schnauben von sich.
„Oder ist es eher der Grund, dass du Eren nicht töten willst?" Der Schwarzhaarige war für einen kurzen Augenblick wie versteinert, als er jedoch die Augen verdrehte und wieder nach der Tasse griff. „Du spinnst doch", kam es von ihm. Doch sein Gegenüber machte weiter: „Du willst nicht, dass er durchfällt, weil du ihn dann töten müsstest... Du hast dich so sehr an seine Anwesenheit gewöhnt, dass du gar nicht mehr daran denken willst, was passieren könnte, wenn er aus der Reihe tanzt. Deswegen lässt du ihm so viele Freiheiten. Du willst vermeiden, dass er sich eingeengt fühlt, weil er nicht ohne dich an die Oberfläche darf."
Ruckartig stand er auf und schaute mit einem angesäuerten Blick runter zu Hanji, da sie sich über den Tisch gelehnt hatte. „Glaub, was du willst, Brillenschlange. Aber stelle nicht meine Fähigkeiten in Frage. Wenn Eren die Ausbildung versaut, dann wird er das gleiche Schicksal teilen, wie die anderen davor auch. Das hat nichts mit irgendwelchen persönlichen Gefühlen zu tun! Außerdem erinnere ich mich noch ganz genau, wie du damals gegen mein Handeln warst. Du hat mich angeschnauzt, weil ich ihn geschlagen habe. Du hast mich getadelt, für jeden einzelnen Fehler, den ich deiner Meinung nach gemacht habe. Aber wo ist das jetzt? Die Situation ist die gleiche. Also wo hat sich was geändert?"
(...)
„Ich unternehme nichts mehr, weil ich sehe, dass Eren dich nicht mehr mit dem einst ängstlichen Blick ansieht, wie früher. Er hat keine Angst mehr vor dir, redet oft über dich, wenn wir mal allein sind. Er hat sich dir gegenüber komplett geändert. Und das weißt du auch, weil du es erzwungen hat. Und nun fragst du mich, warum ich nicht mehr in Frage stelle, was du tust? Ich kann's dir sagen..." Sie lief um den Tisch herum zu den Schwarzhaarigen und nahm seine Hände in ihre, suchte nach Blickkontakt. Doch er sah zur Seite.
„Weil ich genau weiß, dass auch du dich auch verändert hast. Ich hätte dir früher alles zugetraut, wirklich alles. Aber wenn ich dich jetzt ansehe, sehe ich nur das verletzte Kind, was stillschweigend da saß, als seine Mutter vor seinen Augen gestorben ist. Weil ich weiß, dass du ihm nie mehr etwas so schlimmes antun könntest..." Sie sah, wie seine Lippen vor Anspannung zitterten als er sie aufeinander presste. Sie verzog ihre Augenbrauen besorgt, weil sie ein tiefes Seufzen hörte. Sie sah, wie seine Augen immer röter wurden, auch wie eine kleine Träne seine Wange hinunterlief. Hanji weitete die Augen entgeistert und umgriff die Schultern ihres jahrelangen Freundes, brachte ihn dazu, sie anzusehen.
„Levi...?"
„Vermutlich... hast du Recht. Ich bin ein genauso hoffnungsloser Fall wie jeder andere hier auch. Und nur weil ich hier mein ganzes Leben bin, heißt das nicht, dass ich es auch schon immer wollte", er wischte sich mit seinem Handrücken über seine Augen. Es kostete ihn gerade so viel Kraft, die Fassung beizubehalten - mehr oder weniger. Es war ihm noch nie passiert, dass er vor jemanden geweint hatte, und dann auch noch bei Hanji. Schlimmer konnte es gar nicht mehr laufen.
„Aber ich werde nichts ändern. Alles bleibt so, wie es ist. Und wenn Eren die Ausbildung nicht schafft, dann habe ich es ihm versprochen, dass ich ihn töten werde. Auch wenn ich glaube, dass er durchkommt. Wäre ziemlich schade, wenn es anders ablaufen würde."
„So. Hätten wir das dann jetzt auch geklärt? Gut, dann könne wir ja weitermachen. Also... Was machen wir mit Smith?", sagte er, schien wieder genauso wie immer. Doch Hanji wusste, dass er gedanklich gerade wo anders war.
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Wieder ein bisschen anders gelaufen als eigentlich geplant. Ups.
Was denkt ihr darüber?Auch ein eiskalter Levi hat eine weiche Seite.
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Personalities [Ereri/Riren]
Fanfiction•[Part 1 - 3]•[German]•[kann ohne Vorwissen gelesen werden]• Gerade erstmal ein Jahr im Dienst wird Eren Jäger nach Stohess versetzt. Dort bekommt er seinen ersten richtigen Fall zugewiesen, und mit ihm einen neuen Partner. Doch ist er nicht so, wie...