TWENTYEIGHT

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„Mich wundert's ehrlich gesagt, warum du ihn noch hierbehältst. Smith hat keine sonderlichen Informationen ausgespuckt." Der Schwarzhaarige stützte sich mit einem nachdenklichen Blick mit seinem Arm an der Lehne des Stuhls ab. „Das genau ist es ja. Die letzten Monate über hat er nichts mehr gesagt, außer das eine Mal, wo ich mit ihm gesprochen habe. Danach hat er einfach seine Lippen versiegelt. Und mir will nicht aus dem Kopf gehen, dass sich mehr dahinter versteckt."

Die Braunhaarige seufzte und ließ sich nun auch nieder, rührte in ihrem bereits kalt gewordenen Tee herum, tat sogar Zucker hinzu, worauf Levi das Gesicht leicht verzog. „Vielleicht sagt er auch einfach nichts mehr, weil er sich nicht in Gefahr bringen will? Meinst du nicht, dass es völlig normal wäre? Ich denke, dass er lieber leben als sterben wolle." – „Du kennst Erwin nicht. Er ist nicht normal, wie du es nennst. In der Zeit, wo ich oben war, habe ich gesehen, dass er alles auf eine Karte setzt, nur um das zu erreichen, was er für richtig hält. Es ist untypisch für ihn, dass er auf einmal die Klappe hält, obwohl er sonst so ein großes Maul hat." Hanji stöhnte auf und ließ ihren Kopf auf den Tisch knallen, murmelte: „Ich sehe jetzt schon, wie scheiße kompliziert das wird." Der Schwarzhaarige stutzte auf, sprach mit dem Mund an der Tasse: „Stell dich nicht so an, insgeheim freust du dich doch darauf." Wie als hätte es klick gemacht, hob sich ihr Kopf wieder, hatte einen ganz anderen Ausdruck im Gesicht als vorher. „Da hast du wohl recht!"

Mit einem gehobenen Mundwinkel nahm er einen kleinen Schluck des Tees und stellte das Porzellan wieder auf den Holztisch. „Wie auch immer. Aber was willst du dagegen tun? Wir können ihm nicht einfach ein Wahrheits-Serum injizieren und hoffen, dass er alles raus lässt", sprach sie aus, setzte sich ihre Brille auf den Kopf, wodurch ihre Haare nach hinten gelegt wurden. „So genau können wir das nicht. Ich frage mich nur... Als Eren und ich mit ihm gesprochen haben, hat er sich die ganze Zeit fast nur auf Eren fixiert. Er wollte ihn sogar erst allein sprechen, und dann provoziert er ihn. Ich glaube nicht, dass es einfach nur war, um zu sehen, wie weit er gehen würde. Er muss einen Hintergedanken haben. Erwin ist Glücksspieler, er riskiert. Und diesmal glaube ich, dass es viel mehr ist als sein Leben, was im Spiel steht. Deswegen... werde ich mir was überlegen, was ihn aus der Reserve locken wird."

„Das klingt ja alles schön und gut, aber... was hat Eren damit zu tun?", kam es fragend von ihr, darauf Levi seinen Kopf in ihre Richtung drehte. „Du hast eben gesagt, dass Smith den Anschein gemacht hat, dass er sich auf Eren konzentrieren würde." Danach ging eine kurze Stille durch den Raum, in der Levi sich nach hinten lehnte und an die Decke schaute.

„Egal was passiert... Immer bist du ein Teil davon, Eren..."

...

„Jetzt", rief er mit lautem Ton. Sofort sprintete die Braunhaarige los und versuchte möglichst große Schritte zu machen, wollte ihn überholen, doch er war immer schneller. Ihre Muskeln schmerzten, ihr Hals war trocken, und ihre Haut war schweißbedeckt – doch sie dachte nicht daran, aufzugeben. Am Ende kam sie einen Augenblick nach Eren ins Ziel, die andere Seite der Halle. Völlig außer Atem stützte sie sich auf ihre Knie und rang nach Luft.

Sie erblickte eine Flasche, die ihr von ihm entgegengestreckt wurde. Mit einem dankbaren und völlig rotem Gesichtsausdruck nahm sie das Wasser entgegen. Es dauerte nicht lange, bis die Hälfte der Flasche leer war. Aus ihrem Augenwinkel sah sie, wie der Braunhaarige mit einem leichten Lächeln sie beobachtete, trank.

„Was?", sprach sie, wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. Der Braunhaarige schüttelte den Kopf.

„Ach nichts. Mir ist nur aufgefallen, dass du ganz schön schneller geworden bist. Ich muss echt aufpassen." Sasha stutzte auf. „Wie sollte ich dich bitte schlagen? Du bist der Beste aus unserem Jahrgang. Ich weiß gar nicht, wo du die ganze Kraft herbekommst. Das kann doch nicht alles sein, nur weil du zu Anfang bei Levi trainiert hast." Eren zuckte mit den Schultern und lief auf eine Matte zu. Er winkte das Mädchen zu sich und klopfte mit seiner Hand auf das Blau. Ihr Gesicht sprach schon einiges, sie war richtig kaputt. Doch darauf nahm Eren keine Rücksicht. „Jetzt schau nicht so. Wir müssen uns noch dehnen, sonst hast du morgen nur noch mehr Schmerzen." Schließlich nickte sie und begab sich zu Eren. Sie ließ sich auf die Matte nieder und streckte ihre Hände nach ihren Füßen aus.

„Ich war schon immer jemand, der sich viel bewegt hat und viel draußen war. Für mich war der Wald wie mein Kinderzimmer, ich verbrachte dort die meiste Zeit meiner Freizeit. Ich war im Sportclub meiner Schule, und weil ich Polizist werden wollte, ging ich auf die Akademie. Man könnte also sagen, dass mein Leben in gewisser Weise nur aus Bewegung besteht. Und das mit Levi... Es war zu Anfang, weil er mich dazu gebracht hat, mit ihm zu trainieren. Aber mit der Zeit hat es Spaß gemacht und ich sah es eher als eine Art Hobby, wenn du es so nennen willst. Jetzt, durch die Ausbildung, kommt mir das eben alles zugute."

„Ich fasse es nicht. Ich war in Sport immer eine der Schlechtesten in meiner Klasse. Wobei das Notensystem sowieso völliger Schrott ist. Das einzige was ich gut konnte, war Weitsprung, aber das war's auch schon wieder. Und bei mir Zuhause... war ich oft mit meiner Familie jagen." – „Jagen?", fragte Eren nochmal zum Verständnis. Die Braunhaarige nickte. „Dauper ist ein Dorf in der Nähe eines großen Waldes, also bietet es sich dort perfekt an. Außerdem ist meine Familie schon seit Generationen Jäger." Die Augen des Braunhaarigen weiteten sich entgeistert. „Du bist das Mädchen der Braus' und kommst aus Dauper? Dann... Ich habe dich früher schon mal gesehen!" Perplex blinzelte Sasha und hielt in ihrer Bewegung inne. „Als Armin und ich einmal im Wald waren, haben wir euch gesehen. Das habe ich vollkommen vergessen, aber jetzt, weil du gesagt hast, dass du aus Dauper kommst-!" Auf ihren Lippen bildete sich ein fröhliches Lächeln. „Ist schon verrückt, was? Wir wohnen so nah beieinander, haben uns aber nie so richtig unterhalten." Ein Lachen ging durch den Raum, Eren nickte und rieb sich den Hinterkopf.

„Ich bin mir sicher, dass du weißt, wie ich hierhergekommen bin. Aber... darf ich fragen, warum du hier bist?" Sofort verstummte das helle Lachen von Sasha, ihr Blick wurde ernster. Daraus konnte Eren schließen, dass er wohl hier einen Punkt getroffen hatte. Nun bereute er seine Frage. „Entschuldige... Ich hätte ni-" – „Nein, schon in Ordnung. Das ist eine berechtigte Frage. Wie kommt das Mädchen aus einem Jägerdorf, was schon immer die Natur geliebt hat, an einen solchen Ort? Wenn ich ehrlich bin, weiß ich es nicht mal so genau. Ich hatte damals einen Freund, der in der Schule Drogen vertickt hat; glaub bloß nicht, dass ich was davon zu Anfang wusste. Und ohne, dass ich es merkte, wurde ich Teil von seinen Geschäften und landete schließlich in eine der Gassen. Da ich früher glaubte, er sei meine große Liebe, habe ich mich mitgehen lassen, aber im Endeffekt... hat er mich nur ausgenutzt. Es kaufen wohl mehr Kunden etwas von einem Mädchen als von einem halbstarken Typen, der aussieht, als hätte er eine Woche nicht geschlafen. Und als ich dann das Geld wieder eingesteckt hatte, wollte ich wieder zurücklaufen... doch da wurde mir etwas über den Kopf getan und ich wurde bewusstlos. Und dann wachte ich hier auf."

Geschockt über die Geschichte des Mädchens ließ er den Kopf sinken und sah auf seine Beine. „Das tut mir leid zu hören..." Doch anstatt einen traurigen Ausdruck bei ihr zu sehen, schien sie eher erleichtert. „Ach was! Ich bin eher froh darüber, hier zu sein. Auch wenn es komisch klingt, fühle ich mich hier wirklich wohl. Klar, ich vermisse meine Familie, aber sie wissen, dass es mir gut geht; Hanji hat mir erlaubt, Briefe zu schreiben, wenn ich darin keine Informationen über die Scouting Legion schreibe. Für sie lebe ich in einer WG in Stohess und gehe an die Uni, studiere irgendwas biologisches. Auch wenn es ein falsches Leben ist, was ich ihnen vorlege, bin ich damit glücklich, dass sie wissen, dass es mir gut geht. Immerhin... bin ich selbst dafür verantwortlich, dass ich ganze vier Jahre meines Lebens mit diesem Mistkerl verschwendet habe."

„Scheint so, als hätten wir alle nicht immer Glück...hm? Aber das ist das Leben, man hat nur eins. Am Ende können wir nur das beste daraus machen, wenn wir uns auf die wichtigen Dinge konzentrieren", sagte Eren und schwelgte in Gedanken. Doch als ihm dann etwas in den Sinn kam, sah er mit einem Grinsen zu Sasha.

„Apropos, was ist eigentlich mit Niccolo?" Überrascht zuckte die Braunhaarige auf, sich eine leichte Röte auf ihren Wangen bildend. „Was? Mit Niccolo? Wer soll das sein?" Es war mehr als offensichtlich, dass sich Sasha hier versuchte, rauszureden. Doch nicht mit Eren. „Du weißt genau, von wem ich rede, also versuche nicht, es zu leugnen. Beim Essen schaust du immer zu ihm, wie er da in seiner weißen Küchenschürzte steht und das Essen verteilt." Schnell schüttelte sie mit dem Kopf und sprach mit einer zittrigen Stimme: „Da liegst du falsch, Eren! Das bedeutet gar nichts! Ich-" – „Ach, komm, Sasha! Du bist rot wie eine Tomate, wenn er mit dir spricht." Der Braunhaarige hatte ein verschmitztes Lächeln auf seinen Lippen, machte Sashas vorherige Aussage nichtig. Verlegen sah sie zur Seite und spielte mit ihren Haaren. Das war für Eren nur ein weiterer Beweis. Dabei dachte sie eigentlich, dass sie es unauffällig genug gemacht hätte.

„Sasha ist verliebt~", das Mädchen wurde immer röter. „Ach hör schon auf, Eren! Ich mache sowas doch auch nicht!"

Personalities [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt