TWENTYTHREE

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„Findest du nicht, dass das eine berechtigte Frage ist, Eren?", sprach er mit einem fiesen Schmunzeln. „Siehst du dich eigentlich noch als Mensch, oder was bist du deiner Meinung nach?" Man merkte sofort, dass Erwin Eren provozieren wollte, das erklärte sein Tonfall. Er hörte auch nicht auf, als Levi ihm warnende Blicke zuschickte. „Lass es, Erwin!", zischte der Schwarzhaarige – doch der Blonde ignorierte es. „Ich frage mich, an was der Kleine gedacht hat, bevor du ihm das Licht ausgeknipst hast...? Bestimmt war er sehr enttäuscht, dass ihm sein bester Freund so in den Rücken fall würde."

Das Weiß kam durch Erens Haut hervor, sein Kiefer bis zum geht nicht mehr angespannt. Er setzte seine ganze Kraft ein, um nicht von der Stelle zu springen und dem Blonden eine über zu ziehen. Das konnte sonst Schwierigkeiten bringen. Aber noch viel mehr fragte sich Eren, woher er diese Informationen hatte. Armins Leichnam war nie an die Oberfläche zurückgekehrt, also konnte das nicht sein, dass er das wusste.

„Woher weißt du das?", presste er hervor. Vom Blonden ging ein tiefes Brummen aus. „Sagen wir mal so... Die Wände sind nicht besonders dick. Man kann hören, worüber sich die Leute unterhalten, wenn sie hier vorbeigehen. Das solltest du auch überprüfen, Levi." – „Du bist die letzte Person, von der ich mir irgendetwas sagen lasse", beachte er dem entgegen. Erwin stutzte auf. „So sturköpfig wie immer... Ich frage mich, wie ihr nachts ruhig schlafen könnt. Dieser Ort ist ein Nest von Mördern und ihr lebt hier, als wärt ihr eine Familie. Das ich nicht lache." – „Dieser Ort hier ist so viel mehr als ein Nest von Mördern!", sagte Eren harsch.

„Dann zeig es mir doch! Zeige mir, was für ein guter Mensch zu bist." – „Ich habe nie behauptet, dass ich ein guter Mensch bin, daher-" – „Du musst dich nicht rechtfertigen, Eren. Das ist er nicht wert", unterbrach ihn Levi und schaute finster drein. Wütend atmete er tief ein und aus, ehe er langsam nickte. „Hast du gar keinen eigenen Willen mehr? Ein Wort von ihm und du bist still? Bist du schon so sehr zu seinem Schoßhündchen geworden?", blaffte er mit abfälligen Ton zurück. Und genau das war es, was den Bogen überspannte.

Innerhalb von einem Augenblick war Eren nach vorne gestürmt. Mit einem gewaltsamen Ruck zog er den Blonden vom Stuhl und drückte ihn auf den Boden. Und nur einen Moment später hielt der Braunhaarige ihm ein Messer an die Kehle, seine Augen blitzten gefährlich auf. Die andere Hand griff in die Haare Erwins, seinen Kopf nach hinten ziehend. Eren hörte, wie Levi augenblicklich aufgestanden war – doch das war ihm gerade so egal. Auch, dass sich die Augen des Blonden in Angst und Überraschung geweitet hatten.

„Um auf deine Frage von vorhin zurückzukommen... Ich weiß nicht, warum ich das getan habe... Aber im Nachhinein denke ich, dass es richtig war. Armin war geblendet von dem Glauben, dass das alles, was er geplant und getan hat, keine negativen Folgen mit sich ziehen würde. Das hier ist die Scouting Legion! Und ich habe mehrfach erfahren müssen, dass es kein Entkommen von hier gibt. Entweder wird man zum Mitglied und leistet seinen Teil dazu bei oder man stirbt. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Es war naiv von Armin. Aber so war er schon immer. Er hat immer nur das gute in einem Menschen gesehen und alles getan, um seine Freunde zu beschützen; selbst, wenn es sein Leben kostete. Und nun sieh, was er davon hatte! Er... Er ist selbst schuld."

„Aber immer noch du warst es, der geschossen hat... Du kannst mir nicht erzählen, dass du nicht ein Fünkchen Reue in dir trägst..." Eren presste die Zähne zusammen und verzog die Augenbrauen. Mit einer erstaunlichen Leichtigkeit landete seine Faust in Erwins Gesicht, immer und immer wieder. Bis der Blonde schließlich seinen Kopf zur Seite drehte und einen Zahn mit Blut ausspuckte. Doch Eren machte weiter, griff ihn am Kragen seines Hemdes und sah ihm tief ins Gesicht. „DU HAST DOCH KEINE AHUNG! HÖRST DU?! DU WEISST NICHT, WAS ALLES PASSIERT IST, ALSO HALT DEINE VERDAMMTE FRESSE!" Eren fuhr blitzschnell hoch und hob den Arm mit dem Messer in der Hand. Er wollte es so sehr. Er würde gerade nichts lieber tun, als Erwin das scharfe Metall am Hals entlangzuziehen, es ihm mehrmals in die Brust zu stehen. Doch ehe er das konnte, war Levi zu Eren gestürmt und hatte ihn mit einem Klammergriff von Erwin runtergezogen. Und Eren werte sich mit aller Kraft, versuchte sich loszureißen. Doch Levi war stärker und umklammerte ihn auch mit seinen Beinen. „LASS MICH LOS, LEVI!", rief er immer wieder, doch des Schwarzhaarigen Griffs verfestigte sich immer weiter. „Nein, das werde ich nicht. Ich hätte nichts dagegen, wenn du ihn töten möchtest, aber nicht jetzt. Er ist wichtig, und das weiß er auch. Also komm verdammt nochmal runter!", sprach er auf ihn ein. Und so schwer Eren sich damit auch tat, hörte er nach wenigen Sekunden auf.

„Du solltest deinen Hund besser unter Kontrolle bekommen, Levi." – „Und du solltest deine Klappe halten. Vielleicht lasse ich ihn doch noch auf dich los", entgegnete er monoton, während er Eren nach oben zog. „Du solltest besser gehen.", sagte er zu dem Braunhaarigen, der dies mit wenig Verständnis abhandelte. „Aber ich will-" – „Wiedersetzt du dich etwa, Eren? Haben wir nicht schon mal darüber gesprochen?" Sofort schüttelte Eren den Kopf. „Also... Du gehst jetzt wieder ins Zimmer zurück und regst dich ab. Wenn ich wiederkomme, will ich das nicht mehr sehen. Ist das klar?!" Eren nickte nach unten gesenkt. Und nur einen Moment später kam die Wache von draußen rein und nahm Eren mit. Danach fuhr sich Levi seufzend durchs Gesicht und setzte sich wieder. Im Hintergrund hörte er, wie der Blonde den Stuhl zurückzog und sich ebenfalls setzte.

„Eren hat eine ganz schöne Kraft, das muss ich schon sagen." – „Selbst schuld", blaffte Levi zurück und tippte mit den Fingernägeln auf dem Metalltisch. „Wie dem auch... Nachdem wir das geklärt hätten, können wir ja weiter machen. Also... Was hast du bei Armins Haus gemacht, Erwin?" Die Augenbrauen zogen sich nach oben, legte die Hände übereinander, als der Blonde sich eine Antwort überlegte. „Die Frage ist doch wohl eher... was ihr da gemacht habt. Oder eher Eren. Aber weißt du, was ich noch interessanter finde?", eine kalte Stile herrschte, „Eure Professionalität schein nachgelassen zu haben. Ich war schon überrascht, als ich euch zwei aus Arlerts Haus spazieren sah. Ihr wart nicht gerade leise, also hat die Nachbarin angerufen, dass wir mal nachschauen sollten. Also, weil ich eine Vorahnung hatte, bin ich gegangen. Und als es dann PENG gemacht hat, bestätigte sich mein Verdacht." – „So, so. Wenn ich es hätte vermeiden können, hätte ich das natürlich getan. Aber es... war eine so schöne Atmosphäre, die wollte ich ungern zerstören", antwortete der Schwarzhaarige.

„Ich habe mir schon gedacht, dass du geschossen hast. Seitdem ich mich mit der Scouting Legion beschäftige, frage ich mich... was musss einen Menschen dazu verleiten, um solche abstoßende Dinge zu tun?" – „Anscheinend bist du wirklich nicht lernfähig. Eren hat es gerade eben doch so schön formuliert. Die SL ist groß, sehr groß. Wer wären wir denn, wenn wir immer nur das gleiche machen würden? Das wäre doch langweilig. Um erfolgreich zu sein, muss man seine Arme ausweiten." Einer von Levis Mundwinkel hob sich, er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich nach hinten in den Stuhl. Ein kurzes Auflachen kam von Erwins Seite aus. „Stimmt schon. Das hat Eren tatsächlich... Er hat sich sehr verändert. Ganz anders als vor einem Jahr." Levi stutzte auf. „Du hast ihn mit Absicht so provoziert. Du wolltest wissen, was er tun wird, nicht wahr?" Der Blonde zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, sag du es mir."

„Er war ein ehrlicher und aufrichtiger Polizist, frisch von der Akademie. Er hatte eine eiserne Vorstellung was recht war, und was nicht. Natürlich frage ich mich dann, was alles passiert sein musste, damit er eine Person wie dich so sehr verteidigt. Er schien beinahe in Flammen aufzugehen..." Er schaute überlegend zu Levi, der still sich sein eigenes dazu dachte. „Ich bin mir sicher, dass du dabei nicht ganz unschuldig bist. Mit Sicherheit hat Eren Dinge gesehen und erlebt, die sich kein Mensch wünschte. Da würde ich mich vermutlich auch so sehr verändern." – „Ich werde das jetzt sagen, weil du nicht mehr hierauskommen wirst: Seitdem Eren hier ist, wird er kontinuierlich mit dem Tod, der Gewalt der Menschen und mit seinem Handeln konfrontiert, was für Einfluss jede seiner Entscheidungen hat. Er hat sich nicht verändert – er passt sich an. Denn sonst hätte sein Kopf schon längst den Geist aufgegeben." – „Verstehe... Du hast ihn also nach deinen Wünschen geformt. Er gehorcht dir aufs Wort und verteidigt dich bei allem. Er hat sich deinem Verhalten angepasst, sorgt sich um dich und will dich zufrieden stellen. Kommt dir das nicht bekannt vor, Levi?" Natürlich kam ihm das bekannt vor. Und er wusste auch genau, worauf der Blonde hinauswollte. Schließlich lenkte er alles bewusst genau in diese Richtung. Wenn da nicht auch noch was anderes mit einspielte. Aber das... war eine andere Geschichte, die noch nicht geschrieben war.

Personalities [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt