eightteen

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Es waren stille Minuten, die sich im Raum breitmachten. Eren saß immer noch an derselben Wand, an die er von Levi gedrängt wurde und hielt sich den Bauch, atmete schwer. Er kniff die Augen zusammen und versuchte seine Atmung unter Kontrolle zu kriegen. Dieser eine Tritt hatte gesessen, so dass Eren sich nicht ohne Schmerzen bewegen konnte.
Der andere saß auf seiner Coach und dachte gar nicht daran, vom Braunhaarigen abzusehen. Er schaute ihn die ganze Zeit an, mit einem kalten Blick. Er sagte gar nichts, saß nur da. Nur schwer ließ sich Eren das über sich ergehen. Er bekam davon eine Gänsehaut.

Innerlich zählte er jede Sekunde, die er mit Levi allein in diesem Raum saß. Er hatte Angst. Angst, er würde bei einem Wort wieder etwas zu spüren bekommen. Angst, er müsste wieder in diesen Raum. Angst, es würde jeden Augenblick zu Ende sein. Doch was hatte er falsch gemacht? Er wollte doch nur raus, nach Hause. Er wollte hier weg. Doch nur bei dem Gedanken daran wurde er bestraft. Was ist das hier, fragte Eren sich. Er verstand es nicht. Und diese Ungewissheit bereitete ihm Unbehagen.

Als dann nach einer gefühlten Ewigkeit das gewohnte Klick zu hören war, stand Levi auf, lief zur Tür. Eren im Gegensatz zuckte zusammen, als Levi ihm über die Schulter einen niederschmetternden Blick zeigte. Sein Herz raste, seine Kehle wurde trocken. Es war der braune Pferdeschwanz, der ihn aus einer angehenden Panikattacke holte.

Hanji lief schnell zu Eren, hockte sich vor ihm hin. Sie betrachtete ihn besorgt, legte eine Hand auf Erens Wange, damit er sie ansah. Sie sah ihm in die Augen und sagte: „Keine Sorge, Eren. Ich werde mich um dich kümmern." Dies sprach sie mit so einer Wärme, dass Eren beinahe vergaß, dass er überhaupt hier war. Er nickte unter Schmerzen.

Hanji legte einen Arm um ihn, um ihn beim Aufstehen zu helfen. „Wir werden dich erstmal waschen, dann werde ich mich um deine Verletzungen kümmern", meinte sie sanft. Als sie an Levi vorbeiliefen, schaute sie ihn schuldig an, machte mit einem Blick klar, dass sie sich später nochmal unterhalten würden. Levi verdrehte die Augen und setzte sich wieder auf die Coach und ging seinen normalen Tätigkeiten nach.

Als erstes setzte die Braunhaarige den Jüngeren auf der Toilette ab, ehe sie Wasser in die Wanne laufen ließ. Danach sah sie zu Eren, der niedergeschlagen auf seine Knie schaute und wahrscheinlich gerade ganz wo anders war als in diesem Badezimmer. Hanji ging zu ihm rüber, legte eine Hand auf seine Schulter. „Eren?", fragt sie, worauf der Braunhaarige aufschaute, seine Augen an Glanz verlierend. Als sie in sein Gesicht blickte, setzte ihr Herz für einen Moment aus. Sie konnte es nicht fassen, was Levi Eren angetan hatte. All das Leid war in seinem Gesicht zu erkennen. „Wo tut es am meisten weh?", fuhr sie fort mit einem bedrückenden Unterton. Eren nickte zu seinem Bauch, da er sich nicht bewegen konnte. Hanji hob sein Oberteil ein Stück an, worauf sie geschockt die Augen weitete.

„Levi hat eine ganz schöne Kraft, was?", kam es von Eren schwachen Tones - natürlich nicht positiv gemeint. Sein ganzer Oberkörper war von großen blauen Flecken übersäht. „Eren... Wie oft hat Levi dich schon geschlagen?", entgegnete sie mit geweiteten Augen. „Er... Er hat mich vor ein paar Tagen schon erwischt... Dann noch vor zwei und dann noch heute... Mieses Arschloch. Immer auf dieselbe Stelle", zischte er, sah mit einem schiefen Lächeln in Hanjis Augen, die nur so vor Entsetzen überschwemmten. Sie wusste, dass Levi einen kurzen Gedultsfaden hatte und dass er wirklich nicht oft wusste, wann Schluss war... Aber dieses Mal hatte er übertrieben. Deutlich übertrieben. Sie wüsste nicht, ob Eren noch leben würde, hätte er ihn noch einmal so hart getroffen. Dann wäre es sicher weitaus schlimmer, als nur ein paar gebrochene Rippen.

„Komm, ab ins Wasser. Ich werde dich danach versorgen." Sie versuchte das Thema zu überspielen, weil sie selbst gerade nicht daran denken wollte. Sie half Eren beim Ausziehen, da er durch die Schmerzen im Bauch seine Arme und seinen Rücken nicht so richtig bewegen konnte. Dass sie ihn nackt sah, war Eren egal. Gerade hatte er andere Probleme.

Und nun saß er, wie Gott ihn schuf, in der Badewanne im warmen Wasser. Er spürte sofort, wie ihm diese Wärme auf seinem geschundenen Körper guttat. Das musste man Hanji lassen, sie wusste immer, was zu tun war. Sie war doch nicht so schlimm, wie Eren zu Anfang dachte.

Sanft begann sie seine Haut mit dem Duschgel und seine Haare mit dem Shampoo einzureiben. Dadurch, dass Eren sich gegen ihre Hände lehnte, merkte sie sofort, wie Eren diese Behandlung gebraucht hatte.
Sie übersah auch nicht, dass er deutlich an Gewicht verloren hatte. Darüber müsste sie auch noch mit ihm reden. Schließlich wollte sie nicht, dass Eren starb. Auch wenn es für ihn momentan ganz verlockend klang.

„Hanji?", erklang es seine Stimme rauen Tones. Augenblicklich schaute die Braunhaarige auf. „Hm?" – „Ich bin es leid...", sagte er. „Was bist du leid, Eren?", fragte sie weiter. Sie hatte eine böse Vorahnung. „Ich will hier weg. Ich will nicht hier sein. Es macht mir Angst, dass ich nicht weiß, warum ich hier bin. Ich will wissen, wenn ich nicht wegkann, warum ich mir diesen Mist geben muss. Warum tritt Levi mich, wenn ich doch nur aus diesem verdammten Raum will? Ich... Ich...", Eren brach ab, als er schwer zu atmen begann. Sofort schritt die Braunhaarige ein, hörte mit ihrem Tun auf. Sie schnappte sich Eren und drückte ihn gegen ihren Körper, die Schmerzen dabei ignorierend. Sie musste ihn dazu bringen, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. „Eren... Ganz ruhig. Versuch normal zu Atmen, okay? Versuche es einfach. Ich bin da. Levi ist nicht hier. Bitte versuchte dich zu beruhigen", redete sie immer wieder auf ihn ein.

Es hatte einige Minuten gebraucht, bis Eren wieder normal atmen konnte. Hanji hatte inzwischen weitergemacht und war gerade dabei, Eren mit der Brause abzuwaschen. Danach setzte sie ihn mit einem Handtuch wieder auf die Toilette. Sie holte ein paar Anziehsachen aus dem Schrank im Badezimmer. So musste Eren nicht komplett nackt hier sitzen.

Die ganze Zeit, während Hanji ihn am verbinden war, blieb es still. Jeder der beiden war in seinen eigenen Gedanken. Für Hanji war es klar, so konnte das nicht weitergehen. Dabei waren ihr die Folgen egal. Schließlich war sie dem Corporal immer noch untergeordnet.

„Weißt du, warum ich hier bin?", unterbrach Eren die Stille. Hanji hielt inne. „Weißt du es? Wenn ja, dann bitte sag es mir." Ja, sie wusste es. Sie wusste, warum Eren hier war. Doch war es richtig, es ihm in seinem momentanen Zustand zu sagen? Wohl eher nicht. Aber wenn sie in seine Augen sah, brach es ihr das Herz. Sie sah in diese Augen, und Schuldgefühle kamen in ihr auf. Ihr tat der Braunhaarige so leid.
Eren war nur in diese Situation geraten, weil er seinen Job gemacht hatte. Aus keinem weiteren Grund. Aber würde sie jetzt nicht mit der Sprache rausrücken - Gott weiß, was Eren anstellen würde.

Sie setzte sich mit einem tiefen Seufzen auf den Wannenrand und schaute auf ihre Hände. Sie blickte in Erens Augen und sagte: „Ja, leider. Aber ich wünschte, ich wüsste es nicht. Sonst hätte ich es dir ersparen können-" – „Warum bin ich hier?", unterbracher sie mit schärferem Ton. „Weil... Weil sie von deinem Vater Geld abzweigen wollen", sprach sie schuldbewusst. Nun war es Eren, der stockte und seine Augen weitete. „Ich... Ich bin also nichts weiter als eine Geisel, damit ihr Lösegeld verlangen könnt?", kam es mit einem ungläubigen Ton. Hanji nickte, auch wenn dies eher eine Feststellung als eine Frage von Erens Seite aus war. Eren lehnte sich zurück. „Na großartig. Das könnt ihr vergessen. Dieser Mistkerl wird sicher nicht bezahlen. Er würde einfach weitermachen, wie dieses Schwein es jeden Tag macht. Sorry, aber da geht ihr wohl leer aus", ein abfälliger Ton stach hervor.

„Bis jetzt, nach knapp eineinhalb Wochen später, hat er das auch nicht. Und ich weiß auch nicht, was mit dir passieren wird, wenn es so weiter geht. Das ist wahrscheinlich dem Corporal überlassen, weil er die Aufsicht für dich hat." Eren verstummte, sagte kein Wort mehr. Bis das Schwein von Vater bezahlen würde, wäre Eren längst nicht mehr unter den Lebenden, dachte er, Levi würde nie anders sein, von seinem Vater ganz zu schweigen.

Er lehnte sich nach hinten, fuhr sich mit seinen Händen durchs Gesicht. Er gab einen verzweifelten Laut von sich.

„Warum muss mir immer dieser ganze Scheiß passieren?! Das ist doch nicht fair!", er wischte sich die bildende Träne an seinem Auge weg. Hanji konnte dazu nichts mehr sagen, sondern sie legte einfach einen Arm um ihn... versuchte ihm das Gefühl von Schutz zu geben.

Personalities [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt