SEVENTEEN

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Hallo Eren,

wie geht es dir? Was hast du gemacht? Hast du dich in deinen Beruf eingewöhnt?... Das wären wohl Sachen, die ich unter normalen Umständen an dich geschrieben hätte. Doch wir beide wissen, dass es nicht so eine Situation ist.

Wenn du das hier liest, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Plan gescheitert ist und ich es nicht geschafft habe. Wenn es denn doch so sein sollte, würde ich ihn dir nicht geben. Ich würde nicht wollen, dass du das hier lesen müsstest, wenn es unbegründet wäre. Das würde dir noch mehr Schuld aufbürden, als du eh schon von dir aus zu tragen hast. Aber..., wenn der erste Fall eingetreten ist... tust du es wahrscheinlich sowieso. Du würdest dir die Schuld daran geben, wenn der Plan nicht funktioniert hätte. Auch wenn du dafür nicht verantwortlich wärst, so bist du eben. Du nimmst alles auf deine Schultern, egal wie schwer die Last ist. Das habe ich schon immer an dir bewundert, dass du dich für deine Freunde einsetzt und du immer an sie glaubst. Leider vernachlässigst du dabei immer dich selbst. Ich weiß noch ganz genau, wie demoliert du aussahst, als du mich wieder einmal vor einer Schlägerei mit den älteren Kindern aus unserer Straße retten musstest. Deine Mutter hat dich dafür getadelt, dass du dich immer Hals über Kopf in Schwierigkeiten gebracht hast.

Und das hat sich bis jetzt nicht geändert. Das ist ein Teil von dir.

Um ehrlich zu sein... weiß ich nicht, was ich schreiben soll. Es fühlt sich komisch an, weil ich wohl möglich es nicht schaffen werde und du dann als Einziges diesen Brief von mir erhalten wirst. Aber da ich ihn dir nicht selbst überreichen kann, werde ich ihn Annie geben, die in dir dann überreichen soll. Du dürftest mit ihr bereits in Kontakt getreten sein. Es hört sich verrückt an, aber sie wird Teil der Strategie sein. Sie und ich haben den Plan entwickelt und sind uns bewusst, dass wir wohlmöglich nicht lebendig wiederkehren können. Sie aber wahrscheinlich später als ich. Denn wenn ich mich nicht vertue, dürfte ein Jahr seit meinem Tod vergangen sein, wenn du diesen Brief erhalten wirst. Ich habe Annie gebeten, dass sie mit ihrem Vorhaben wartet und sie dich stattdessen im Auge behält. Ich kann mir vorstellen, wie du nach dem gescheiterten Plan über dich denken wirst. Du sollst nicht allein sein, egal was ist. Ich weiß zwar nicht, was du in dieser Zwischenzeit gemacht hast, aber sicher etwas anderes, als über deine Sorgen mit jemanden zu reden. Du wirst dich abgelenkt und es in dich hineingefressen haben. So warst du schon immer. Stets gelächelt, auch wenn du lieber geweint hättest. Als deine Mutter starb... hast du auch immer gelächelt und einfach weitergemacht. Als wäre nichts passiert. Ich kann bis heute nicht verstehen, wie du das geschafft hast. Jeden Tag aufzustehen und einfach durch den Tag zu kommen.

Ich bitte dich, Eren. Bitte rede mit jemanden über das, was du fühlst. Ich weiß nicht, wer dir momentan am nächsten steht. Du bist seit etwas über einem Jahr bei der Scouting Legion und hast dich mit Sicherheit verändert. Wie sehr, werde ich erst sehen, wenn ich dich gesehen und mit dir gesprochen habe. Und ich werde mich auf alles vorbereiten. Denn ich habe mich über diese Organisation informiert, besonders nachdem du verschwunden warst. Ich kann mir nicht vorstellen, wie jemand bei solchen Umständen unverändert bleiben könnte. Du sitzt in einem Verbrecher-Nest. Wenn es stimmt, was in der Zeitung steht, würdest du tot sein. Dann wäre dieser Brief und der ganze Plan vollkommen unnötig. Aber laut Annie lebst du noch. Auch, so sagt sie, wenn du es am liebsten nicht mehr wollen würdest. In dieser Zeit musst du Schreckliches erlebt haben, was sich kein anderer vorstellen kann. Du wirst anders sein, ohne Frage. Ich wäre vermutlich bereits nach den ersten Tagen daran zerbrochen. Aber du, Eren, bist stark. Auch wenn du es nicht glaubst. Du bist eine der stärksten Personen, die ich kenne. Bitte denk immer daran! Du darfst nicht aufgeben, auch wenn alles unmöglich scheint und du es am liebsten beenden wollen würdest!

... Wenn man es genauer betrachtet, ist dies hier wie mein Testament. Mein letzter Wunsch, meine letzten Worte und meine letzten Gedanken, die ich mit dir teilen kann. Wenn ich bei dir bin, werde ich vermutlich über nichts anderes reden als die Umstände und den Plan. Und weißt du auch warum? Ich könnte es mir nicht vorstellen, mir über etwas Sorgen zu machen, was noch nicht passiert ist. Aber um dir die Umstände zu erklären, werde ich das wohl für diesen einen Moment ablegen.

Personalities [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt