Seine Augen hafteten an jeder Hausfassade, die sich in sein Blickfeld schlich. Er konnte nicht glauben, dass er nach all der Zeit wieder zu seiner Heimatstadt zurückgekehrt war, wenn auch nur temporär. Er erinnerte sich noch ganz genau, wie er draußen mit seinen Freunden gespielt hatte, bis er wieder zu sich nach Hause musste. Damals als Kind erschien die Welt einem so friedlich, weil man sich nicht darum geschert hatte, was in der Welt wirklich vor sich ging. Eren dachte, das wäre das schönste daran, Kind zu sein. Aber leider, je älter man wurde, desto mehr wurde einem bewusst, dass die Welt nicht so friedlich war, wie man zuvor geglaubt hat. Und genau aus dem Grund war der Braunhaarige für jeden einzelnen Moment dankbar, den er in diesen Straßen verbringen durfte. Denn Zuhause... wartete sein Vater.
Wie er wohl reagieren würde, wenn Eren plötzlich vor der Haustür stände? Ein Gedanke, bei dem die Antwort bereits feststand - für Eren jedenfalls. Wahrscheinlich wäre es dem Arzt egal. Auch, wenn der totgeglaubte Sohn wieder da sein würde. Es war ohnehin keine besonders gute Idee, da er ja nicht umsonst an der Oberfläche war. Auch wenn dieser Grund Eren einen Schauer verpasste. Viel lieber würde er etwas anderes machen, als Annie zu suchen. Sie in den Tod zu bringen. Und je mehr er daran dachte, desto mehr wurde ihm jedoch bewusst, dass es keinen Umweg gab. Würde er sich auflehnen, würde er dasselbe Schicksal mit der Blondine teilen, und so weit wollte er nicht gehen. Jetzt hatte er einen Grund zu bleiben, wenn er Eren auch nicht komplett bewusst war, das würde er aber noch werden.Während Eren die verschiedensten Straßen entlanglief, dachte er daran, was Levi gerade machte. Wo war er und was dachte er? Eren konnte sich gut vorstellen, dass dieser eifrig am Suchen war und die Blondine so schnell finden wollte, wie es nur möglich war. War es dem Schwarzhaarigen gar nicht wichtig, was passieren könnte, wenn Eren auf die Idee käme, zu fliehen? Er stand hier, frei von jeglicher Beobachtung, hatte eine Waffe bei sich, die sogar jemanden im Notfall töten konnte. Scherte sich Levi kein Stück? Der Braunhaarige könnte in den nächsten Laden laufen oder an irgendeiner Tür klingeln und den ganzen Mist aufdecken. Er könnte die gesamte SL verraten und der Polizei alles erzählen. Dem Braunhaarigen erschien das mehr als fragwürdig. Er war sich sicher, jeder würde sich das fragen. Immerhin war er bis jetzt die ganze Zeit über nie allein gewesen und wurde beobachtet. Aber jetzt? Es fühlte sich komisch für ihn an. Das war ungewohnt. Aber trotzdem... mochte er dieses Gefühl.
Aber die andere Frage war: Warum tat er es denn dann nicht? Wie gesagt; er hatte einen Grund zu bleiben. Und je mehr Zeit verging, desto klarer wurde er. Doch, ob es der Richtige war, blieb noch offen. Wer konnte denn schon unterscheiden, was richtig und was falsch war? Was war gut und was war schlecht? Das hing vom Menschen selbst ab, denn jeder war anders und hatte andere Ansichten. So konnte für den Mörder die Tat richtig gewesen sein, für die Polizei jedoch eine unvergessliche Scheußlichkeit, die mit vielen Jahren Haft bestraft wurde. Und Eren war davon überzeugt, dass je mehr man an sich selbst und seine Taten glaubte, desto selbstsicherer wurde man und die Meinung anderer wurden einem egal.
Also musste beispielsweise Levi sehr von sich selbst überzeugt sein. Er musste an das glauben, was er tat, sonst hätte er all das nie vollbringen können, da war Eren sich sicher. Auch wenn das bei ihm etwas anders war. So wie Eren gesagt wurde, war Levi wohl bei der Scouting Legion aufgewachsen und kannte nichts anderes als das, was er dort lernte. Ohne Zweifel, die SL hatte ihn zu dem Menschen gemacht, der er heute war. Ob Eren und er sich wohl auch getroffen hätten, wenn sie nicht bei der Polizei oder der Scouting Legion wären? Wer wusste das schon?... Sowas konnte man sich nur vorstellen. Aber ob das Wirklichkeit wurde, entschied letztendlich nur das Schicksal. Das war unumgänglich. Wir können nichts anderes machen, als es in Frage zu stellen.
Eine knappe Viertelstunde später sah er etwas weiter vorne ein Haus, was ihm sehr bekannt vorkam. Es erschien ihm mehr als merkwürdig, dass gerade so gut wie keine Menschen draußen waren. Waren gerade Ferien oder ein Feiertag, den Eren vergessen hatte? Oder was war los? Er schüttelte den Kopf, das war gerade der falsche Gedanke. Er musste sich auf das konzentrieren, was jetzt an oberster Stelle stand. Er musste Annie finden. Vielleicht wäre Levi dann stolz auf Eren und würde vielleicht- Nein. Das tat jetzt nichts zur Sache. Er musste sie einfach finden. Das würde Levi mit Sicherheit glücklich machen. Da fiel Eren ein, dass er den Schwarzhaarigen noch nie lachen gesehen hatte, oder dass er richtig glücklich war. Vielleicht konnte er das ja ändern. Er würde gerne wissen, wie das war. Auch wenn er dafür seine eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund stellte. Zumindest so lange, bis... Das war Armins Haus! Es war tatsächlich das Haus des Blonden, was Eren zuvor gesehen hatte.
Ob alles wohl noch genauso aussehen würde, wie vor einem Jahr? Oder wohnten in dem Haus bereits andere? Eren schmerzte der Gedanke ein wenig. Dabei war er doch schuld daran, dass es erst soweit kommen musste. Er war dafür verantwortlich, dass Armin danach nie wieder sein Zuhause gesehen hatte. Der Braunhaarige wusste nicht mal, ob er beerdigt wurde und ob die Familie davon wusste. Was für ein bester Freund war er denn? Nein... diese Bezeichnung war absolut nicht mehr passend.
Er schluckte schwer, ehe er langsam die Treppe hinaufstieg. Es war wie ein Tunnelblick – sagte man das so? Eren dachte an nichts anderes mehr. Er sah nach unten links, zu dem Blumentopf, wo die Pflanze bereits lange verwelkt war. Wenn er sich recht erinnerte, befand sich dort ein Ersatzschlüssel. Konnte auch gut sein, dass ein neuer Bewohner ihn weggelegt hatte, damit niemand ungefragt das Haus betreten konnte.Der Braunhaarige beugte sich nach unten und schob den Keramiktopf ein Stück zur Seite. Was dort liegen blieb, war der Schlüssel, den Eren suchte. Er schnaubte überrascht und hob ihn auf. Seine Hände zitterten, als er den Schlüssel Richtung Schloss schob. Er achtete darauf, keine Fingerabdrücke zu hinterlassen, indem er seine Motorradhandschuhe anließ. Er wollte in nicht noch mehr Schwierigkeiten gelangen, als er es ohnehin schon war. Außerdem wollte er Levi auch nicht warten lassen. Er beging hier gerade Einbruch. Aus einem unerklärlichen Grund. Er atmete tief ein und aus, als er die Tür möglichst leise aufschloss. Er schaute direkt in den Hausflur, der duster war, kein Licht war angeschaltet und die Rollos waren alle unten. Er trat langsam ein, versuchte möglichst keinen Dreck mit reinzubringen und leise zu sein. Er schaute um die Ecke, wo sich hinter einem Bogen das Wohnzimmer befand. Eren machte einen verdutzten Ton, als er die ganzen weißen Decken sah, die die Möbel umschlossen. Hier schien keiner zu wohnen. Das verwunderte den Braunhaarigen sehr. Aber umso besser. So würde er kein unnötiges Aufsehen erregen, wenn er etwas aus Versehen kaputt machte. Nicht, dass er das wollte.
Sein Herz setzte für einen Moment aus, als er die Bilder an den Wänden betrachtete. Sie zeigten verschiedene Momente, die der Blonde mit seiner Familie, aber auch mit Eren und Mikasa verbracht hatte. Vorsichtig nahm er eines der Bilder ab und nahm es in die Hand. Er lächelte traurig, fuhr mit den Fingern über das kalte Glas. Ganz vorsichtig löste er die Haken und holte das Papier aus dem Rahmen raus, ehe er den leeren wieder an die Wand hing. Würde bestimmt keinem auffallen, wenn ein Bild fehlen würde. Er steckte das Bild in seine Hosentasche und lief weiter. Richtung Treppe.
Er wollte gerade hochlaufen, als er ein Geräusch hörte. Misstrauisch schoben sich seine Augenbrauen zusammen. So leise wie er konnte stieg er die Treppen hoch, legte eine Hand an seine Waffe und entsicherte sie. Wenn das jemand von der Polizei war, hätte Eren ein großes Problem. Aber warum sollte jemand von der Polizei ausgerechnet hier sein? Egal wer es war, Eren musste es wissen. Als er oben angekommen war, nahm er die Schusswaffe ganz aus seinem Halfter und hob sie an, bereit direkt zu schießen.Er schaute in jeden Raum, doch war dort niemand. Vielleicht hatte sich der Braunhaarige auch nur vertan. Trotzdem... er würde nicht eher sich beruhigen, bis er alles durchsucht hatte. Man konnte nie sicher genug sein.
Als nur noch eine Tür übrig war, atmete er tief ein und schaute entschlossen. Mit einem Ruck öffnete er die Tür und seine Augen wanderten hektisch durch den Raum. Sein Blick versteinerte sich, als er jene Person am Fenster stehend erblickte, wie diese bereits rausspringen wollte, aber stillstand. Diese Person sah nach hinten und schaute Eren an, der nicht ganz begriff, was gerade abging.
„Annie?"
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Personalities [Ereri/Riren]
Fanfiction•[Part 1 - 3]•[German]•[kann ohne Vorwissen gelesen werden]• Gerade erstmal ein Jahr im Dienst wird Eren Jäger nach Stohess versetzt. Dort bekommt er seinen ersten richtigen Fall zugewiesen, und mit ihm einen neuen Partner. Doch ist er nicht so, wie...