TWO

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„Wie geht es dir?", sprach die Braunhaarige mit einem warmen Ton weiter.
Eren sah auf und verzog die Mundwinkel. „So wie immer", brummte er in seine Handfläche. Hanji legte ihren Kopf besorgt lächelnd schief. „Wir wissen beide, dass das nicht stimmt", sie lehnte sich ein Stück nach hinten und legte die Hände ineinander. „Wir beide wissen auch, warum. Aber ich kann verstehen, warum du darüber nicht reden willst. Immerhin..." Sie verstummte, als der Braunhaarige mit seiner Faust auf den Tisch schlug. „Ich gebe es zu, ja. Aber wenn du es doch weißt, brauchen wir darüber gar nicht zu sprechen."

„Es ist aber wichtig, darüber zu sprechen, Eren. Wenn wir es nicht tun, wenn du dir das alles nicht von der Seele redest, dann wirst du eines Tages daran zerbrechen..." Es war ein kurzer Augenblick der Stille, in der sie abwartete, dass Eren etwas von sich gab – aber er blieb stumm. Hanji sah dies als Zeichen, weiterzusprechen. Wenn er schon nicht reden wollte, dann konnte er wenigstens zuhören, was die Braunhaarige zu sagen hatte – so ihr Gedanke. Und sie hatte nicht vor, es schonend zu formulieren. Das würde die Situation nicht verbessern, oder leichter machen. Eher das Gegenteil. Sie selbst wusste, wovon sie sprach. Immerhin war sie was das betraf auch kein Mensch mehr, wie Eren dazu immer sagte.

„Heute vor genau einem Jahr hast du deinen besten Freund aus unerklärlichen Gründen erschossen. Ihr wolltet fliehen, es war nicht mehr weit und ihr wäret frei gewesen. Aber dann kam euch Levi dazwischen und er hat euch aufgehalten. Er hat euch in die Ecke gedrängt und euch in eine Situation gebracht, in der der Rest um euch herum nicht mehr wichtig war... Was ging dir damals durch den Kopf, als Levi zu dir gesprochen hat?" Sie sah ihrem Gegenüber tief in die Augen, versuchte zu lesen, was sie in ihnen sah. Doch auch das blieb ihr verwehrt. Je mehr Zeit verging, über die letzten Monate, desto schwerer fiel es ihr, an Eren heranzukommen. Wie gesagt, er hatte sich verändert. Es war, als hätte er eine Mauer um sich gebaut. Und wenn da nicht bald etwas unternommen wurde, würde sie immer größer werden. Es war klar, dass Hanji das vermeiden wollte. Sie würde den Teil Erens, der noch so war wie früher, retten.

„Keine Ahnung, ist zu lange her. Ich weiß es nicht." – „Glaub mir, du kannst alles vergessen, was vor und danach passiert ist, aber das vergisst man nicht. Ihr befandet euch in einer Extremsituation, da schaltet das Gehirn nicht ab." Sie sah das leichte Zucken von Erens Augenlidern, das schwere Schlucken. In diesem Moment verfiel Eren in seine Erinnerungen zurück. Und nein, das vergaß er nicht. Das würde er wohl nie. Aber was würde es bringen, jetzt darüber zu sprechen? Was passiert war, konnte man nicht mehr ändern. Armin würde nie wiederkommen.
„... Ich hatte Angst. Dass wir sterben würden. Dass all das umsonst war...", hauchte er leise über seine Lippen. Doch Hanji verstand jedes Wort, was er von sich gab. Sie hörte gespannt zu, spitzte ihre Ohren. „Was umsonst war?", fragte sie. Auch wenn sie es nicht gerne tat, musste sie das wissen.
„Es stand schon fest, dass wir verschwinden würden. Armin dachte sich das alles von selbst aus. Ich hatte einfach Angst..., dass Armins Mühen umsonst waren. Aber jetzt..." Seine Stimme verstummte. Hanji sah nur, wie einzelne Tränen Erens Wangen hinunterliefen und auf seine Hose tropften. Normalerweise würde sie sich jetzt zu ihm setzen und ihn in den Arm nehmen. Doch dieses Mal nicht. Sie wusste, wie schwer es ihm fiel, darüber zu reden. Schon allein aus dem Grund, dass er all diese Gefühle das ganze Jahr über in sich vergraben hatte. Sie wollte ihn zu nichts drängen. Das war das Letzte, was sie wollte.

„Es ist alles meine Schuld. Armin hat das alles nur meinetwegen getan. Deswegen war er überhaupt hier! Er hat mich gesehen und direkt darüber nachgedacht, wie wir hier am besten verschwinden könnten. Ich habe ihm gesagt, dass es nichts bringen würde. Dass wir eh erwischt werden. Doch er wollte nicht auf mich hören!", sein Ton wurde immer verzweifelter, „Warum habe ich ihn nicht aufgehalten?!" Der Braunhaarige lehnte sich mit zusammengekniffenen Augen nach hinten und legte seine Hände auf sein Gesicht.
„Vielleicht hast du ihn nicht aufgehalten, weil du selbst glauben wolltest, dass du hier wegkönntest", sprach Hanji in das Schluchzen hinein. „Armin kannte die Umstände nicht, hat nicht im Ansatz verstanden, was alles hier passieren kann. Er war dein bester Freund, der sich um dich gesorgt hat. Und eben, weil er dir so wichtig war, konntest du ihn nicht allein lassen."

„Ich verstehe dich nicht, Hanji. Du sprichst dauernd davon, dass du mich verstehen kannst. Dass dieser Ort schrecklich ist. Aber warum bist du dann selbst hier? Warum haust du nicht ab?" Es war ein schwaches Schmunzeln, was Hanjis Gesicht zierte. Sie kannte diese Frage. Sie selbst hatte sie sich schon tausende Male gestellt, aber nie eine Antwort gefunden.
„Schätze einfach..., dass das mein Schicksal ist", sagte sie, „Und vielleicht ist es dein Schicksal, all das hier in Frage zu stellen. Wer weiß das schon? Keiner kann in die Zukunft sehen." Der Braunhaarige schnaubte und wischte sich einmal durchs Gesicht. „Das soll meine Bestimmung sein? Pah..." – „Warum fällt es dir so schwer, das zu glauben?" – „Ist das ein Witz? Sieh dich doch mal um!", ein entsetztes Gesicht war es, was Eren nach außen trug. Er konnte kein Verständnis dieser Frage entgegenbringen. Seiner Meinung nach war die Antwort offensichtlich. „Ich meine das ernst. Warum nicht? Das ganze Jahr über hast du nicht den Eindruck gemacht, als würdest du fliehen wollen. Du schienst alles so hinzunehmen, wie es ist. Also..." – „Das ist etwas anderes." – „Und inwiefern? Ich sehe da keinen Unterschied." Eren zog die Augenbrauen zusammen und krallte sich in seine Hose. „Weil... Weil ich- Keine Ahnung. Es hat eh keinen Sinn, es nochmal zu versuchen. Man würde mich wieder finden", murrte er grübelnd. Hanji verzog die Lippen wissend. „Oder ist es vielmehr der Grund, dass du nicht willst?" Erens Augen weiteten sich. „Ich bin mir sicher, würdest du dich richtig damit beschäftigen, könntest du es schaffen."

„Kann ich gehen?", murmelte er auf einmal mit scharfem Ton. Hanji zog eine Augenbraue hoch, ehe sie in ihre Tasse nuschelte: „Warum denn?" Doch Eren wiederholte seine Frage, blieb standhaft: „Kann ich gehen?!" Schlussendlich nickte die Braunhaarige und sah ihm fragend hinterher. In ihrem Kopf direkt die nächste Frage, auf die sie so schnell wie möglich eine Antwort finden wollte.

...

„Da bist du ja wieder. Und?", kam es von Levi, der im Türrahmen gelehnt stand. Sein Blick lag auf Eren, der sich gerade auf die Couch setzte und sich an der Lehne abstützte. Der Braunhaarige sagte darauf nichts, was Levi offensichtlich nicht sehr gefiel. Er trat näher heran, kam vor Erens Knien zum Stehen. Ohne ein Wort zu sagen, setzte er sich auf Erens Schoß, nahm dessen Kinn in die Hand.
Etwas überrumpelt saß Eren da und wusste nichts zu sagen. Seine Stimme verstummte, sobald er in des Corporal Augen blickte. Und wie jedes Mal, durchdrang ihn ein Schauer. Ein Schauer der Kälte. Doch... Wenn etwas immer und immer wieder wiederholt wurde, gewöhnte man sich eines Tages daran. Nein, es wirkte immer angenehmer - die Kälte wurde zur Wärme.

Levi verzog die Augenbrauen und mit einem verschmitzten Ton sprach er: „Hast du geheult?" Augenblicklich wurde Eren aus seiner Starre gezogen und wandte seinen Kopf ab, sah weg. Doch nicht mit dem Schwarzhaarigen. Er zog ganz einfach Erens Kopf wieder zurück. „Sag schon. Warum hast du geheult?" Und wieder. Wieder sah der Braunhaarige etwas, was er sich vermutlich nur einbildete. Er dachte, etwas Besorgnis in Levis Gesicht gesehen zu haben. Doch das konnte nicht sein. Nie würde er besorgt über Eren sein. Niemals. Aber... trotzdem, der Gedanke war befremdlich, aber irgendwie auch... angenehm.
„Wir haben über damals geredet. Als... Als ich Armin getötet habe." Es überraschte ihn, dass dies leichter über seine Lippen ging, als dass er mit Hanji darüber sprach. Der Schwarzhaarige brummte verstehend, zog einen Mundwinkel hoch. „Dann hat sie dir auch sicher eine Predigt gehalten, wie wichtig es ist, darüber zu reden." Eren nickte auf diese Aussage. „Dachte ich es mir doch. Brillenschlange hält sich immer für unsere Psychologin. Bei mir hat sie das auch mal versucht. Tja, bei mir bringt dieser Scheiß nichts." Danach stand er wieder auf, worauf der Stoff bemerkbar wieder zurückkam. Eren sah Levi hinterher, wie dieser langsam zum Badezimmer lief.

Doch ehe er ganz in diesem Raum verschwand, Eren gleich wieder etwas anderes machen wollte, sprach er noch: „Ach, noch was...", er erhielt Erens Aufmerksamkeit, „Mach dich fertig." Fragend sah Eren zu Levi. „Warum das denn?", kam es verwirrt von ihm. Was hatte Levi wieder vor? „Die Scouting Legion hat heute ihr Jubiläum. Da darf ich nicht fehlen. Und du als meine... Begleitung... natürlich auch nicht."

Personalities [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt