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Sich den Kopf reibend betrat er das große Gebäude. Der Schlüssel klackerte in seiner rechten Hand, während er den Gang zum Büro antrat. Er hatte die Augen leicht zusammengekniffen, weil das Licht seiner Meinung nach heute etwas zu hell leuchtete. Nachdem er an seinem gewohnten Platz angekommen war, ließ er sich mit einem müden Seufzer auf seinen Stuhl sinken. Der Braunhaarige stemmte seine Ellenbogen auf dem Tisch und stützte seinen Kopf auf den Händen ab.

Er hätte gestern Abend doch nicht so tief ins Glas schauen sollen. Und er dachte, es wäre nicht so schlimm. Dabei war Eren eigentlich ein Mensch, der nicht gerade wenig an Alkohol vertrug. Deshalb hatte er gar nicht daran gedacht, als er sich so gut mit Armin unterhielt, auf die Anzahl seiner Getränke zu achten. Dabei hätte er schon allein deswegen, dass er heute arbeiten musste, daran denken sollen, es nicht so wild angehen zu lassen. Er könnte sich dafür eine verpassen. Und nun saß er hier und versuchte diesen stechenden Schmerz in seinem Kopf auszublenden, rieb sich den Kopf.
Aber leider brachte auch das nichts, denn der Schmerz fraß sich immer wieder durch Erens Kopf, so dass er kaum an etwas anderes denken konnte. Er verfluchte sich gerade selbst dafür, dass er keine Schmerztablette genommen hatte. Warum eigentlich nicht? – Weil er dachte, es wäre nicht so schlimm. Und diese Dummheit zahlte sich hiermit aus. Er hätte in seinem Chaos bei sich Zuhause wahrscheinlich eh nichts gefunden, was auch nur einer Aspirin ähnelte.

„Harte Nacht gehabt?", erklang es fragend aus Richtung Tür. Eren hob seinen Kopf, hatte die Augen immer noch leicht zugekniffen. So wie er erkennen konnte, stand dort Ackermann im Türrahmen gelehnt. Hatte dabei die Arme verschränkt und schaute dabei genauso desinteressiert wie immer. Der Braunhaarige brummte darauf nur und ließ seinen Kopf auf den Tisch fallen. Er hörte ein Seufzen. „Warum trinkst du so viel, wenn du deine Grenze nicht einschätzen kannst? Auch noch an Arbeitstagen zu trinken, das ist unverantwortlich." Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, legte er Eren etwas vor seine Nase. Er sah auf und erkannte eine Kopfschmerztablette. Er schaute den Schwarzhaarigen verwirrt an.
„Na jetzt nimm schon! Vom Anstarren wirkt die nicht", meinte er mit Unterton. Eren holte seine Wasserflasche hervor und schluckte die Tablette runter. Hoffentlich nahm der Schmerz bald ein Ende.
Nebenbei bemerkte er, wie Levi ihn dabei beobachtete. Hatte er nichts anderes zu tun, als ihn dabei anzusehen? Schließlich besaß der Kerl sein eigenes Büro. Oder hatte er Neuigkeiten zum Fall, die er Eren mitteilen wollte? Selbst wenn nicht, würde Eren heute Abend selbst zu Frau Brauer gehen, um die Bilder abzuholen.

„Warum starren Sie mich so an? Als ob Sie das nicht kennen würden", sprach der Braunhaarige trocken, trank noch einen Schluck. Ackermann zog eine Augenbraue hoch. Er lehnte sich gegen die Wand und fuhr sich durch die schwarzen Haare. „Tatsächlich nicht. Ich habe eine hohe Toleranzgrenze was Alkohol betrifft", meinte dieser kurz. Eren verzog ungläubig das Gesicht. Es fiel ihm doch ein wenig schwer, dies seinen Glauben zu schenken. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er mehr aushielt als Eren selbst, allein schon wegen Levis Größe hegte er Zweifel. Jedoch würde er das nie offen ansprechen.
„Das fällt mir schwer zu glauben", in Erens Stimme lag Ungläubigkeit, die den Schwarzhaarigen die Augen verdrehen ließ. „Tch. Dann glaub es eben nicht. Demonstrieren werde ich es dir ganz sicher nicht."
Und wieder. Wieder wirkte dieser Kerl auf Eren unantastbar. Er wirkte wie eine Mauer selbst. Dabei hatte mit Sicherheit sowas schon mal durchlebt. Eren fragte sich, warum er wohl so war. Es würde ihn interessieren, was alles in seinem Kopf vorging. Doch traf er jedes Mal auf eine weiße Wand. Und bis er die zu Fall bringen würde, müsste sicher noch so einiges passieren.

Es klopfte an der Tür, was die beiden aufschauen ließ. Herein kam ein Mann, den Eren bisher noch nie gesehen hatte. Levi jedoch wusste, wer diese Person war. Er trug in seiner rechten Hand eine Akte, die er vor dem Braunhaarigen ablegte. Eren schaute hoch in sein Gesicht und sprach mit rauem Ton: „Was ist das? Ich bearbeite gerade schon einen anderen Fall." Man konnte schon an seiner Stimme merken, dass man für den Braunhaarigen heute nicht so viel übrig hatte. Eren notierte sich in seinem Kopf: Nie wieder an Arbeitstagen trinken. Das endete nicht gut. Sowohl für ihn als auch für andere.

„Ich weiß. Ich arbeite im Labor. Ich sollte Ihnen diese Akte geben, weil gerade eine Leiche reingekommen ist, die anscheinend eine Zeugin in Ihrem Fall war. Würde Sie sicher interessieren, was mit ihr passiert ist", meinte er trocken. Er drehte sich um warf Levi noch einen sagenden Blick zu, bevor er den Raum verließ.

Eren lehnte sich mit offenen Augen in seinem Stuhl zurück. Er zog die Mappe zu sich heran und öffnete sie. Tatsächlich, auf dem Bild des Opfers war Sophie Brauer abgebildet. Sie ist tot? Wie konnte das passieren? Und vor allem, wer war das?, dachte sich Eren.
Letzteres wurde ihm mit nur einem Blick beantwortet. Auf den Bildern vom Tatort fand er die übliche schwarze Feder, wie sie neben dem Kopf von Sophie lag. Eren hielt sich die Hand vor dem Mund, betrachtete weiter die Bilder. Überall lag Blut und ihr Körper war übersäht mit Schnitten und anderen Wunden. Es waren so viele, dass man bis jetzt nicht die genaue Todesursache herausfinden konnte. So stand es im Bericht der Autopsie.

Geschockt legte er die Akte geschlossen wieder auf den Tisch. Ackermann kam angelaufen und nahm sich diese. Er schaute rein, verzog die Augenbrauen ein Stück. Eren konnte nicht sagen, was er gerade dachte – das konnte niemand. Jedoch murmelte Ackermann dabei etwas, was Eren durch seine Gedanken gar nicht verstand. Er war mit seinem Kopf gerade woanders, als in diesem Raum.
Denn er gab sich die Schuld an ihrem Tod. Sie ist gestorben, weil wir – Nein, weil ich sie da mit reingezogen habe. Meinetwegen ist sie nun tot. Sie ist nur gestorben, weil ich unbedingt den Mörder von Fisher finden wollte. Das... Das... „Hey, komm mal wieder runter." Sein Kopf schnellte zu Ackermanns Richtung. Er sah ihn fassungslos an. „Was reden Sie da? Unsere Zeugin ist gestorben, weil sie da mit reingezogen wurde. Ist Ihnen das nicht klar? Wegen uns ist eine unschuldige Person gestorben. Wie können Sie dabei so ruhig bleiben?", erklang es seine Stimme mit einem entsetzten Ton. Er konnte es einfach nicht verstehen. Eine Person ist gestorben, aber er verzieht nicht eine Miene? Ist er überhaupt ein Mensch?
„Sie wusste, worauf sie sich eingelassen hat. Ihr war das Risiko bewusst", sprach er ohne einen Hauch von Mitgefühl, „Jemand wollte eben nicht, dass sie die Klappe aufmacht." Seine Worte drangen nicht zu Eren durch. Er hatte seine Augen immer noch geweitet, versuchte erstmal die Situation zu begreifen.
Er entriss ihm die Akte aus der Hand und öffnete sie schnell. Eren wollte unbedingt herausfinden, was passiert war.

Seine Augen fuhren wie wild über die Bilder, durchlasen jeden Bericht. Wie bereits erwartet fand man nicht mehr, als der Täter auch zulassen wollte. Keine Einbruchsspuren, keine Kleidungsfaser, keine Fuß- und Fingerabdrücke – gar nichts! Es war doch zum verrückt werden. Sophie musste ihren Mörder reingelassen haben, wenn es keine Zeichen auf einen Kampf oder Streit gab. Zu der Tatzeit war Eren mit Armin in der Bar. Also war der Tod nicht viele Stunden her. Er war frisch.

Eren war zu unvorsichtig. Er hätte sie unter Zeugenschutz stellen sollen, ging es ihm durch den Kopf. Gerade bei so einer Art Fall hätte es selbstverständlich sein sollen. Die Scouting Legion hatte sicher einen auf sie angesetzt, weil sie mit Eren und Levi im Café gesehen wurde. Oder wurde sie durch das Handy abgehört? Wie-

„Es bringt dir nichts, dir jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen. Das wird an ihrem Tod nichts mehr ändern", unterbrach Ackermann seine Gedanken, „Die Scouting Legion hat sich schon längst um alles gekümmert. Es ist egal, wie viel du suchst, du wirst nichts finden." So langsam kochte in Eren die Wut hoch. Er haute mit seiner Faust auf den Tisch.
„Es tut mir leid, wenn der Tod einer unschuldigen Person mir nicht so am Arsch vorbei geht, wie bei Ihnen. Aber im Gegensatz zu Ihnen sind mir die Menschen in meinem Umfeld wichtig! Dieser weitere Todesfall war unnötig. Und das nur, weil wir – Nein, ich nicht aufmerksam genug war. Also erzählen Sie mir nichts von 'mach dir keine Gedanken'. Ich bin eben nicht so ein Eisklotz wie Sie!" Die Worte platzten nur so aus ihm raus. Alles war gerade zu viel für ihn.

Durch seinen Ausbruch war Stille eingekehrt, die nun an seinem Gewissen nagte. Aber er dachte gar nicht daran, sich zu entschuldigen. Sie erdrückte ihn, er musste hier raus. Er hielt sie nicht mehr aus. So stürmte er aus dem Großraumbüro, ignorierte die Blicke der anderen Mitarbeiter im Raum.
Er lief nach draußen zum Parkplatz, wo er sich auf einer der Bänke setzte.
Er legte seinen Kopf in seine Hände und fuhr sich durchs Gesicht.

Und es war dieser Moment, der seine Entschlossenheit nur noch mehr ankurbelte, als sie es vorher schon war.

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