eight

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Das Letzte was er sah, war wie Jäger aus dem Raum stürmte. Er stand nach wie vor hier und konnte nicht verstehen, was ihn denn jetzt so aufgeregt hatte.
Die Frau wusste, worauf sie sich einließ, also war sie Levis Meinung nach selbst schuld an ihrem Tod. Es war nicht verwunderlich oder selten, dass Zeugen am nächsten Morgen nicht mehr aufwachten. Es gab immer eine Gefahr. Brauer war da keine Ausnahme. Besonders was diesen Fall betraf, da nicht irgendwer der Täter war.
Es war die Scouting Legion, die wohl größte Assassin-Gruppe dieses Kontinentes. Sie waren professionell und hinterließen keine Spuren. Für sie war ein weiteres Opfer mehr wie eine Ameise. Es war nicht schwer, diese auszuschalten. Es machte ihnen nichts aus. Die Anzahl der Opfer war mit Sicherheit bereits im 4-stelligen Bereich, wenn nicht sogar mehr – und das weltweit.

Und so musste sich jemand darum kümmern. Und dieser jemand war der Corporal, mit anderen Worten Levi. Er war der Einzige, der zu der Zeit in Stohess stationiert war und eingreifen konnte. Auch wenn er hier einer ganz anderen Aufgabe nachgehen sollte. Und so stand es fest.
An jenem Abend ging er zu ihr und erledigte es. Und es war nötig und unvermeidbar. Sie hatte die Bilder bereits entwickelt und so stellte sich heraus, dass diese noch weitaus mehr von dem Tatort zeigten, als er zuvor gedacht hatte. Wären die in die Hände der Polizei geraten, hätten sie ein Problem gehabt.

Als Eren auch nach weiteren Minuten nicht wiederkam, wurde der Schwarzhaarige stutzig. Er verließ das Großraumbüro und schaute sich um. Wie sollte er der Aufgabe nachgehen, die ihm aufgetragen wurde, wenn er die Zielperson nicht sehen konnte...
Schließlich fand er den Jungen auf einer Bank nahe des Parkplatzes sitzen. Er hatte seinen Kopf in seinen Händen vergraben und auf seine Beine gestützt. Er griff in seine Haare und seine Schultern bebten. Heult der etwa? Von so etwas? Ist ihm dieses Menschenleben so wichtig gewesen?, dachte der Schwarzhaarige. Levi wusste die Antworten auf seine Fragen nicht. Er konnte sie nur erahnen. Dabei kannte Eren diese Frau nicht, sie waren Fremde, und doch weinte er. Was ein Gutmensch...

Nach einem Augenblick, in den er den Jungen beobachtete, passierte nichts weiter. Er konnte nur hin und wieder etwas hören, das wie Gemurmel klang. Auch wenn seine Ohren gut waren, verstand er ihn nicht. Fest stand, dass Jäger immer wieder daran dachte. An dieses Opfer. Er hatte es als unnötig bezeichnet. Dabei konnte er das doch gar nicht wissen, Levis Meinung nach. Er hätte es erst feststellen können, wenn er die Bilder gesehen hätte. Doch diese existierten nicht mehr. Nachdem Levi Kenny mit seinem Handy Fotos von den Bildern geschickt hatte, verbrannte er sie.

Plötzlich stand Jäger auf, rieb sich einmal durchs Gesicht und versuchte einen normalen Gesichtsausruck zu machen. Aber der Schwarzhaarige erkannte sofort, dass es nur aufgesetzt war. In Erens Augen loderte ein entschlossenes Feuer. Er schien wohl den Köder geschluckt zu haben. Aber Levi musste zugeben, dass ihm dieses Leuchten in seinen grünen Augen sehr gefiel. Wäre doch langweilig, würde alles wie geleckt verlaufen.
Eren lief an ihm vorbei, war dem Anschein nach so in Gedanken, dass er den Schwarzhaarigen gar nicht bemerkte. Leise folgte Levi ihm. Er wollte wissen, was er vorhatte.

Eren schnappte sich die Akte der toten Zeugin und lief damit ins Untergeschoss. Dort war das Labor und auch die Leichenhalle sowie die Autopsie.
Die Polizisten mussten nicht unbedingt fragen, um jeder Zeit an die Leichen zu dürfen. Es musste nur jedes Mal eine Aufsicht dabei sein. Das wurde eingeführt, weil seit gewisser Zeit jemand die Beweise verschwinden ließ. Doch hielt das noch lange nicht die Person auf, dies auch weiterzuführen. Man musste sie schon erwischen.
Und so stand Eren da, hatte die Akte in der Hand und schaute sich die Leiche an. Der Typ, der das ganze beobachten sollte, stand daneben. Levi gesellte sich einfach dazu, lehnte sich an die Wand.

Die Aufsicht hieß Moblit. Eine Art Freund von Levi, wenn man es denn so bezeichnen konnte. Er war unter anderem ein sehr guter Freund von Hanji, daher kannte er ihn. Er hatte mit der ganzen Organisation nichts zu tun, gar wusste er richtig davon. Wenn Hanji mal an der Oberfläche war, dann wegen dieses Mannes. Hanji erzählte ihm, dass sie viel reiste und deswegen nicht lange bleiben konnte – eine Notlüge. Denn sie war nie weit weg. Immerhin besaß die Scouting Legion mehr als einen Standort. Levi wusste, dass etwas zwischen den beiden lief. Weiter darauf eingehen wollte er jedoch nicht. Er bekam davon bereits mehr als er wollte zu hören, schon allein deswegen, weil er von Hanji genug abbekam. Er versuchte aber nicht mehr als nötig zuzuhören, weil ihn dieser ganze Nonsens nicht interessierte. Es war nur eine weitere Last, nicht mehr. Ohne sie war mal viel besser dran. Dadurch wurde man verwundbar.

Er räusperte sich, erhaschte dadurch die Aufmerksamkeit der zwei anderen Personen im Raum. Jäger schaute über seine Schulter, gab ein abfälliges Schnauben von sich. Es war offensichtlich, er wollte Ackermann nicht hier haben. Da musste Levi ihn wohl oder übel enttäuschen.
„Was wollen Sie hier, Ackermann?", kam es zischend von ihm. Der Schwarzhaarige trat aus seiner Ecke hervor und stellte sich gegenüber von ihm hin. Sein Blick wanderte über den kalten Körper der Frau.
„Wonach sieht's denn aus? Falls du es vergessen hast, arbeite ich auch an diesem Fall. Ich teile zwar deine Meinung bezüglich dem Tod der Zeugin nicht, aber sowas sollte nicht unsere Arbeit behindern", sagte der Schwarzhaarige monoton. Eren warf ihm einen bitteren Blick zu, den Ackermann aber nicht sah, da er der vor sich liegenden Leiche seine Aufmerksamkeit schenkte. „Ihr Name war Sophie Brauer, falls Sie es vergessen haben." - „Wie auch immer", erwiderte Levi gleichgültig seufzend.
Eren schnaubte, nickte, auch wenn er mit sich selbst rang. „Also, was hast du bis jetzt?", fragte der Schwarzhaarige, spickte nochmals in die Akte, die auf einem Tisch neben ihm lag. Er wusste seine Rolle perfekt zu spielen. Jahrelange Erfahrung spielten ihm dabei in die Karten. Und Eren war derjenige, der daran zu knabbern hatte.

Jäger verzog die Augenbrauen und sagte: „Wie zu erwarten ist alles sehr saubere Arbeit. Aber daran, dass der Täter keinen kurzen Prozess gemacht hat, kann man daraus schließen, dass er noch etwas von ihr wollte. So als eine Art Folter. Diese vielen Schnitte verdeutlichen es. Es sind bestimmt um die fünfzehn oder sechzehn Stück", sein Blick wanderte über die Leiche, „Wenn sie so viele Verletzungen bis zum Schluss ausgehalten hat, wollte sie nicht auspacken." Siebzehn, vervollständigte Levi in seinem Kopf. Da musste er Jäger recht geben. Dieses Weibsstück wollte einfach nicht die Klappe aufmachen. Aber wie auch andere konnte ein Mensch nicht alles aushalten. Irgendwann brachen sie alle zusammen. Egal, ob früher oder später. Und Levi verhalf ihnen gerne dabei, diesen Moment zu erreichen.
Schlussendlich hatte es der Dunkelblonden nichts weiter als unnötige Schmerzen eingehandelt. Bekommen hatte er trotzdem, was er wollte. Dennoch, Jäger überraschte ihn immer wieder.

Ackermann nickte zustimmend. Levi drehte sich zu Moblit. „Hast du noch etwas?", fragt er. Er kam zu ihnen und zeigte auf eine bestimmte Stelle an dem Körper. „An den Handgelenken sind mehrere Hämatome aufzufinden. Am Hals auch. Diese kommen durch feste Griffe oder Gewalteinwirkung hervor. Da am Tatort viel Blut gefunden wurde, schließe ich daraus, dass eine der Hauptschlagadern durchtrennt wurde. Die Folge: Verblutung. Knappe zwei Liter tränkten den Teppich."
Levi sah, wie sich Erens Hände zu einer Faust verkrampften. Sein Kiefer spannte sich an. Ihn schien diese Sache aufzuwühlen, in ihm brannte es. Dieses Feuer, was vorher nur aus einer schwachen Glut bestand, wurde durch diese Emotionen nur noch weiter geschürt.

Und Levi wollte derjenige sein, der es wieder löschte.

Personalities [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt