Chapter 62

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Wie konnte er so starke Stimmungsschwankungen haben? Also drehte ich das Licht ab und legte mich schlafen, den Teddybär Toby fest an mich gedrückt. Würde man Five und mich beobachten, würde man sehen, wie wir beide ein warmes Grinsen auf dem Gesicht hatten.

POV Troy

Flashback

"Opa!", schrie ich erwartungsvoll und mit einem Lächeln, während ich auf den alten Mann mit den roten Haaren und der runden Brille zulief, um ihn zu umarmen. Er lachte und nahm mich, trotz seines und meines Alters, mit Leichtigkeit hoch und wirbelte mich in der Luft herum. "Mein Lieblingsenkel!" Mal abgesehen davon, dass er keine anderen Enkelkinder hatte. Dann setzte er mich ab, wuschelte mir durch die Haare und wandte sich meinen Eltern zu, die sich in die Arme nahmen und mich ebenfalls lächelnd ansahen. Außerhalb der Schule war ich ein komplett anderer Mensch zu meiner Familie. Von so einem Kerl wie mir hätte man das nicht erwartet, aber so war es halt.
Ich würde dieses Wochenende bei meinem Großvater verbringen, dem Vater meiner Mutter, den ich von allen in meiner Familie am meisten leiden konnte.

Gemeinsam waren wir in dem kleinen Wohnzimmer meines Opas versammelt und hatten uns auf den abgewetzten Sofas breit gemacht, während der Eigentümer Tees zubereitete, wovon es in der winzigen Hütte wunderbar duftete. Dampf sowie ein leises Pfeifen stiegen aus dem Teekessel aus und begleiteten das Gespräch von meinen Eltern mit meinem Opa im Hintergrund. Ich las währenddessen einige Briefe, die mein Großvater herumliegen hatte. Der Absender ließ mich stutzen und verwirrt die Augenbrauen zusammenziehen. "𝐿𝑢𝑐𝑦 𝐽. 𝐿𝑜𝑐𝑘𝑤𝑜𝑜𝑑" war angegeben und an MEINEN Großvater gerichtet. Wie konnte das sein?

Ich hob meinen Kopf, um jenen darauf anzusprechen, aber der war in einer hitzigen Diskussion mit meiner Mum verwickelt. "Nein, es hat keinen Sinn mehr, nach ihnen zu suchen, du machst dir nur eine ergebnislose Arbeit, die dir nichts bringt", sie gestikulierte wild mit ihren Händen, während ihr Ehemann mit verzweifelten Blicken zuschaute. Man sah ihr trotzdem an, wie sehr ihr ihr Vater und seine Gesundheit am Herzen lag. Bereits in ihrer Kindheit hing sie mehr an ihm als an ihrer Mutter. "Das sind die Kinder meiner besten Freunde, ich kann sie nicht im Stich lassen. Und ich brauche Gewissheit, bevor ich ins Gras beiße." Er hatte doch nicht vor, so früh zu sterben? Meine Mutter seufzte, bevor sie ihm entgegenwarf: "George, bitte..." Doch dieser schüttelte entschuldigend seinen Kopf. Mum kratzte sich an ihrem Kopf und meinte: "Aber bitte erzähl meinem Jungen ihre Geschichte, er wird sie lieben, so wie ich sie geliebt habe und du die Geschichte mir seitdem vor dem Bett gehen vorgelesen hast."

"Und eines Tages waren alle Zombies verschwunden. Poof", Opa machte machte mit einer Hand eine Faust und öffnete sie beim 'poof'. Mit weit aufgerissenen Augen wiederholte ich: "Poof."

"Gibt es heute eigentlich noch Zombies oder gibt es eine Möglichkeit, dass wieder Zombies auf der Erde sein könnten?", fragte ich George, als wir auf seinem Friedhof herumspazierten. Er wollte mir die vier Gräber zeigen, die der Familie Lockwood gehörten. Opa blieb stehen und deutete auf einen Erdhaufen hinter den Grabsteinen. "Unter diesem Erdhaufen liegen Dutzende von Zombieleichen. Ich passe auf sie auf, damit niemand an sie herankommt. Solange ich noch lebe, stehen sie unter meinem Schutz. Durch den Mischboden, den wir hier auf dem Friedhof haben, dauert die Verwesung geschätzt 25 bis 30 Jahre. Die unteren Leichen, an die wenig bis gar kein Sauerstoff gelangt, brauchen länger um zersetzt zu werden. Wenn also jemand Bestandteile dieser Leichen mitnimmt und richtig zusammenmischt, damit eine grün-braune Flüssigkeit entsteht und sie einem gesunden Menschen in die Blutbahnen spritzt, kann es schon passieren, dass dieser Mensch ein Zombie wird."

Es klingelte an der Tür. Wir waren gerade am Mittagessen in unserem Esszimmer. Mum ging an die Tür, um sie aufzumachen. Eine männliche Stimme sagte etwas zu meiner Mutter, die daraufhin schluchzte und mit einem "Das ist eine Lüge!" die Haustür zuschlug. Besorgt kamen mein Vater und ich in die Eingangshalle, wo meine Mutter an der Wand heruntergerutscht war, das Gesicht in den Händen und die Beine angezogen. Dad rannte zu ihr hin und kniete sich vor seine Frau. "Liebling, was ist denn geschehen?" Er hielt die zarten Hände meiner Mutter in seinen eigenen und fuhr mit dem Daumen kleine Kreise darauf. "G-George, e-er ist heute morgen to-tot aufgefunden worden." Geschockt blickte mein Vater zu mir, bevor er sich wieder zu der Frau vor ihm zuwandte. "Aber Liebling, weißt du warum?" Mit roten, verheulten Augen betrachtete sie uns beide: "Er wurde mit einem Schnitt durch die Kehle umgebracht. Angeblich hat er Schwarztee gemacht, bevor er und zwei weitere ermordet wurden."

Nun war auch ich verdutzt. Opa hatte mir immer erzählt, dass Caitlyn, die Tochter der Autorin Lucy Lockwood, Schwarztee sehr gerne hatte. Und da fiel mir ein, in meiner Klasse hieß ein Mädchen, das den Beschreibungen meines Großvaters entsprach, genauso. Nur leider war sie vor einer Woche spurlos verschwunden und in dieser Woche wurde von der Nachricht, dass ihre Eltern umgebracht worden waren, pausenlos gesprochen. Bestand die Wahrscheinlichkeit, dass sie George auf dem Gewissen hatte?

Nur wenige Tage nach der Nachricht, dass mein Opa ermordet worden war, stand der gleiche Polizist - nach der Stimme zu urteilen - vor unserer Tür und gestand, meine Mutter sei im nahen Fluss tot aufgefunden worden. Er zeigte ein Foto einer aufgeweichten, blassen Frau, aber es bestand kein Zweifel, dass es nicht Dads Frau war.

Caitlyn war wieder in der Schule aufgetaucht und ich musste meine Wut zügeln, um sie nicht vorzeitig zu erledigen. Ich hatte eine bessere Idee, aber dafür musste ich herausfinden, wer ihr nahe stand.

Wochenlang lag mein verkackter Vater schon in seinem Bett und starrte nur an die Decke. Auf meine Sätze reagierte er gar nicht. Hin und wieder brachte ich ihm etwas zu essen, das er wie in Trance in sich hineinstopfte. Seine Gedanken waren nicht mehr in der Gegenwart und das setzte mir mehr zu als ihn tot zu sehen.

Irgendwann beschloss ich, eine ganze Dose Schlaftabletten in seine Mahlzeit hineinzumischen. Die gesamte Zeit über stand ich an der Bettkante und beobachtete meinen Vater beim Essen. Seine Bewegungen wurden immer langsamer und die Augenlider flatterten, bis sie sich für immer schlossen und er sich in sein Kissen zurücklegte. Ich verspürte keine Reue, sondern Erleichterung, Ermutigung und Gewissheit, dass ich es bei Caitlyn und ihren Nahestehenden auch schaffen konnte.

ℐ𝓃 𝓉𝒽ℯ 𝓅𝒶𝓈𝓉 ∣ Fɪᴠᴇ HᴀʀɢʀᴇᴇᴠᴇsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt