Kapitel 71

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KOL

Der Motor meines Mercedes ist das einzige Geräusch, dass die Anspannung im Inneren erträglich macht. Kaum saßen wir im Auto hat mir Elisa strikte Anweisungen gegeben, wohin ich fahren soll. Den Aufenthaltsort ihres Bruder hat sie mit einem Spruch und ihrem Blut mit Leichtigkeit herausbekommen. Bei uns eingestiegen sind noch Emba und Bekah. Der Rest hat sich auf die anderen Autos verteilt. 

Der Wind außerhalb scheint uns zu verfolgen und mit einem schielenden Blick starre ich auf den Dolch in Elisas Händen, dessen eingeritzten Gesichter vor kurzem angefangen haben zu leuchten. Ich frage mich, ob Elisa selbst das schlechte Wetter hervorbringt oder die getöteten Syphoner, die für sie wie Ahnen zu dienen scheinen. 

Im Rückspiegel sehe ich, wie verunsichert Emba wirkt und auch wie meine Schwester Bekah mit ihrer Freundin leidet. Auch ich verspüre eine dumpfe Aufregung, fast schon Sorge um den Bruder meiner Geliebten. Dieses Gefühl wird sich wohl auf jedes der Autos ausgebreitet haben. Hinter mir werden die Scheinwerfer der anderen immer kleiner und wenn ich meinen Tacho anschaue, macht das auch Sinn. Doch langsamer fahren ist im Moment keine Option. Also drücke ich das Gas noch weiter runter und der rote Pfeil, der die Geschwindigkeit anzeigt, wandert immer weiter nach rechts. 

Als wir endlich am Ziel ankommen, steigt Elisa sofort aus und läuft auf das vor uns liegende Gebäude zu. Es ist ein altes Industriegebäude. An den rostigen Stellen der verschiedensten Eisenrohre, -Treppen und -Wege erkennt man, dass es schon längere Zeit still steht. Die geteerten Wege sind durch Unkraut aufgerissen und der meiste Untergrund besteht nur noch aus schlammiger Erde. 

Ich hole Elisa auf halber Strecke ein und hindere sie am weiterlaufen. Ich verstehe natürlich ihren Drang so schnell wie möglich zu ihrem geliebten Bruder zu wollen, doch einfach kopflos in den Bereich des Gegners zu laufen macht absolut keinen Sinn.    

"Lass uns auf die anderen warten. Zusammen sind wir stärker und haben eine größere Chance zu gewinnen. Im Moment haben wir keine Ahnung was uns erwartet." rate ich ihr, doch  sie scheint mich kaum zu hören. Ihr glasiger Blick richtet sich auf die offene Tür, die in das Gebäude führt. 

"Er hat Angst, Kol." haucht Elisa und eine einzelne Träne rennt ihre Wange hinunter. "Ich kann es spüren." Ihre Aufmerksamkeit gilt nur ihrem Bruder und ich habe kaum eine Chance, sie zu erreichen. Als sie also versucht an mir vorbei zu gehen, packe ich sie an der Schulter. "Ich lasse dich nicht einfach alleine da rein rennen!" 

Endlich finden ihre Augen meine und ihre kalten Hände klammern sich um mich. "Dann komm mit mir." flüstert sie und weitere Tränen fallen zu Boden. Sie geht einen Schritt zurück und ich lasse meine Hände widerwillig von ihren Schultern gleiten. Dann umfasst sie eine meiner Hände und zieht mich mit ihr in Richtung Eingang. Die protestierenden Schreie von Bekah und Emba ignorieren wir beide und zusammen laufen wir auf eine sichere Todesfalle zu. 

Die Gänge und Räume im inneren des Gebäudes sind dunkel und staubig. Für Elisa, deren Augen jetzt gelb leuchten ist es kein Problem im Dunkeln zu sehen, für mich jedoch schon eher. Ich lasse mich von ihr durch einen Raum nach dem anderen leiten und um so weiter wir kommen ohne ein Lebenszeichen von Ronny zu bekommen um so unwohler wird Elisa. 

Wir verbringen eine Gefühlte Ewigkeit in dem Labyrinth von Gängen und Räumen, bis plötzlich drei Gestalten vor uns auftauchen. Alle drei tragen  graue Mäntel, die Kapuze verdecken ihre blassen Gesichter. Man kann nur die roten Lippen ausmachen, die Wörter zu einem gefährlichen Zauberspruch formen. 

Bevor ich überhaupt realisieren kann, welchen Spruch die drei Hexen anwenden, spüre ich schon unvergleichbare Schmerzen in jedem Teil meines Körpers. Die Schmerzen sind mir bekannt und ich bin eigentlich gewohnt sie auszuhalten, doch dieses Mal sind sie um Welten schlimmer. 

Fear Me (ff Kol Mikaelson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt