Kapitel 18

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Elisa

Leise Summe ich zu dem Lied Mockingbird, während ich auf dem leeren Parkplatz vom Conny's fahre und direkt vor der Eingangstür parke.
Ich schnappe mir die Puddingschleife, die ich mir auf dem Weg beim Becker gekauft habe und gehe auf das hölzerne Gebäude zu.
Die roten Buchstaben, die Conny's schreiben, sind noch nicht erleuchtet.
Ich schließe die Tür auf und trete in den dunklen Laden ein.
Ich versuche den Lichtschalter zu betätigen, doch in der Dunkelheit ist er schwer zu erkennen.
Ich taste die hölzerne Wand ab und finde den Lichtschalter in Höhe meiner Schultern.
Als das Licht flackernd aufleuchtet, bekomme ich beinahe einen Herzinfarkt, wegen der Silhouette eines Mannes an dem Tresen.
Im zweiten Moment erkenne ich jedoch, dass Bob mit seinem runden Kopf und strohigen grauen Haaren auf dem Tresen am schlafen ist.
"Bob?"
Frage ich doch bekomme keine Antwort.
"Bob?!" rufe ich etwas lauter und gehe in seine Richtung.
Wieder bekomme ich keine Antwort.
Ich stehe neben ihm und observiere seine Erscheinung.
Unter seinen Augen sind dunkle Ringe zu erkennen und seine leicht geöffneten Lippen lassen ein lautes Schnarchen entfliehen.
Sein Ziegenbart erzittert bei jedem seiner Töne und der Geruch der ihn umhüllt ist unerträglich.
Er trägt das gleiche was er schon seit Wochen trägt.
Ein blau weiß kariertes Hemd, welches mit Flecken übersät ist und eine alte ranzige Lederjacke ohne Ärmel.
Die löchrige Jeans die ihm viel zu weit ist und die schwarzen Schuhe, die vorne die Spitzen seiner Zehen offenbaren.
Seine Zehen sind durch blaue Stricksocken bedeckt, welche jedoch auch vollkommen durchlöchert sind.
Ich stupse Bob an und rufe wieder seinen Namen, doch wie auch die anderen Male, bekomme ich keine Reaktion.
Mit einem genervten Seufzer begebe ich mich um die Theke zum Wasserhahn.
Ich fahre ihn aus und halte ihn in Richtung Bob.
Der Wasserstrahl trifft mit voller Wucht in Bob's Gesicht, der endlich erschrocken aufspringt und sich verwirrt umschaut.
Mit weit aufgerissenen Augen steht er da und dreht seinen Kopf immer wieder zur einen und dann zur anderen Seite.
Als er realisiert, was gerade passiert ist, entspannen sich seine Gesichtszüge und er schaut mich mit einem vorwurfsvollen Blick an.
Ich schüttle nur mit einem Grinsen im Gesicht den Kopf und werfe ihn mit einem grauen Handtuch ab.
Ein lautes Brummeln ist zu hören, während er sich mit dem Handtuch das Gesicht trocknet.
"Was sollte denn das, Kleine?" fragt Bob als er das Handtuch auf den Tresen schmeißt.
"Anders hätte ich dich doch niemals wach bekommen."
"Was auch immer," brummelt er, "dafür gibst du mir jetzt aber ein Bier aus!"
"Natürlich." antworte ich und zwinker  Bob zu.
"Aber dann nimmst du dir den Lappen und wischst die Theke schon mal ab."
Mit protestierendem Gemurmel nimmt er den Lappen und beginnt die Theke abzuwischen.
Währenddessen hole ich ein frisches Bierfass aus dem Lager.
Die dunkle Steintreppe runter und durch eine alte morsche Tür hindurch und ich stehe im Lager.
Es ist voll mit verschiedensten Weinen, Schnäpsen und Sekten.
Alkoholfreies Bier und Bier aus der Flasche ist auch vorhanden,doch dafür bin ich nicht hier.
Ich gehe an dem Wein vorbei und finde in der hintersten Ecke des Raumes die Bierfässer.
Das Bierfass aus Eisen geht mir ungefähr bis zum Knie und wiegt        5 kg.
Mit viel Mühe trage ich es an die Theke und schließe es an.
Bob trommelt mit einem freudigen Gesichtsausdruck auf den Tresen und schaut mich erwartungsvoll an.
"ich verstehe wirklich nicht wie du jetzt schon Bier trinken kannst, Bob.
Das ist echt eklig."
Ich fange an zu zapfen und wie jedes Mal kurz nachdem ich die Fässer ausgetauscht habe, kommt nur Schaum aus der Leitung.
"Das wirst du hoffentlich auch nie, Kleine."
Spricht Bob mit Reue in der Stimme aus.
Ohne weiter darauf einzugehen zapfe ich ihm sein Bier und stelle es ihm vor die Nase.
Er nimmt das Glas und kurz nachdem er es angesetzt hat, ist es auch schon wieder leer.
Ich zapfe ihm ein zweites Glas und begebe mich dann an die anderen Arbeiten die ich noch erledigen muss.
Ich verteile die Getränkekarten und Bierdeckel auf den Tischen und Fülle dann die Kühlschränke mit den Getränken wieder auf.
Als ich damit fertig bin, kommt Tony in die Bar, der immer mehr Getränke liefert.
Er grüßt Bob mit einem Schlag auf die Schulter und dreht sich dann zu mir:
"Hi, Eli.
Wie läuft's?"
Ich lächle ihn freundlich an und gebe ihm eine standart Antwort, während ich ihm die Liste der gelieferten Getränke abnehme.
Mit nur einem halben Ohr auf Tony's Antwort auf meine Frage wie es ihm geht, gehe ich die Liste durch um zu überprüfen, ob alle Getränke vorhanden sind.
Der Mann mittleren Alters hat eine unglaubliche Mitteilungsbedürftigkeit wenn er Freitags her kommt und kaut einem immer das Ohr ab.
Obwohl er sehr nervig ist, tut er mir auch unglaublich leid, denn der gebürtige Russe erzählt oft von seiner Frau, bei der man anhand von Tony's Erzählung schon erkennen kann, dass sie ihn betrügt.
Doch Tony ist ziemlich gutgläubig und auch ein bisschen dumm, weshalb er nicht mal auf die Idee kommt, dass seine Frau eine Affäre hat.
Ich helfe ihm die Getränkekisten und Bierfässer ins Lager zu bringen, um ihn schnell wieder loszuwerden.
Kaum ist Tony aus dem Laden verschwunden fängt Bob laut an zu lachen.
"Dieser Depp.
Der würde wahrscheinlich noch nicht mal raffen, dass seine Frau eine Affäre hat, wenn er sie mit jemandem anderen im Bett erwischen würde."
Das laute rauchige Lachen des Alkoholiker erhallt die gesamte Bar.
Ich schaue Bob nur böse an, während ich ein paar Gläser poliere.
Nach kurzer Zeit hört Bob abrupt auf zu lachen und schaut traurig auf sein leeres Bierglas.
"Armer Kerl." murmelt er.
"Wohl war." sage ich und fülle sein Bierglas wieder auf.
Im weiteren Verlaufe des Tages sitzen wir in Stille in der leeren Bar.
Ich mit meinen Büchern hinter der Theke und Bob mit den Bieren die ich ihm hin und wieder zapfe.
Umso weiter sein Alkoholpegel steigt, umso mehr Mist redet Bob.
Um die Mittagszeit füllt sich die Bar mit Stammkunden und auch anderen Gästen und ich bin froh das ich endlich was zutun habe.
Ich hasse den morgendlichen Dienst in der Bar, weil man da die meiste Zeit nichts zu tun hat.
Als immer mehr Menschen in die Bar strömen, kommt Kosta, einer der anderen Angestellten um mich zu unterstützen.
Der 16 jährige mit blauen Haaren und einem Nasenpiercing kann super gut mit Menschen, weshalb er immer sehr gerne bedient.
Ich liebe es mit Kosta zu arbeiten.
Er ist einfach ein netter Junge und weiß immer über den neusten Tratsch Bescheid.
Er ist gnadenlos ehrlich und sein Freund ist auch super nett.
Über den ganzen Tag läuft es gut.
Es gibt viele Gäste, aber nicht so viele, dass wir nicht hinterher kommen.
Wegen dem Arbeiten kann ich die Ereignisse der letzten Tage mehr oder weniger verdrängen, bis die Eingangsklingel klingelt und die Tür der Bar einen Gast offenbart, auf den ich lieber verzichten würde.
Er kommt mit seinem typischen Grinsen an die Theke und sein durchdringender Blick scheint mich zu fixieren.
Er trägt eine Jeans und ein schwarzes T-Shirt über das er eine grüne Bomberjacke angezogen hat.
Ich spüre wie mein Herz schneller schlägt, die Stimmen verschiedenster Unterhaltungen werden durch ein dumpfes Geräusch ersetzt, dass klingt als wäre ich unter Wasser gefangen.
Ich spüre, wie sich meine Hände in das Holz der Theke krallen, als ich mich an die letzten Stunden denke, die ich mit ihm verbracht habe.
"EINE COLA!"
Höre ich Kosta sagen, der mich aus meiner Schockstarre rettet.
"Was?"
Ich schaue Kosta an und versuche mein plötzliches Unbehagen zu vertuschen.
Doch Kosta's aufmerksame Beobachtungsgabe erlaubt ihm, meine Fassade zu durchschauen.
Er kommt mit einem besorgten Blick zu mir und streicht mir mit einer Hand über den Rücken.
"Alles in Ordnung, Eli?"
Ich nicke nur schnell mit dem Kopf.
Auch wenn ich Kosta die ganze Geschichte erzählen wollte, konnte ich es trotzdem nicht.
Es wäre einfach zu gefährlich.
Nicht für mich, sondern für ihn.
Er versteht die Botschaft und nickt wissend.
"Wenn du es mir doch erzählen willst...
Du weißt das ich immer für dich da bin."
Ich lächle ihm dankend zu.
Dann schenke ich ihm eine Cola ein und er bringt sie zu dem Tisch der diese bestellt hat.
Ich atme tief ein und gehe dann auf Kol zu.
Ich bin mir sicher, dass Kol die gesamte Unterhaltung zwischen mir und Kosta mitbekommen hat.
Als ich bei ihm ankomme, bin ich bereit die Worte, die jeder Gast von mir hört zu sagen, doch mein Gehirn macht mir einen Strich durch die Rechnung.
Ohne das ich es will formt sich eine unbändige Wut in mir, die sich in drei Worten zusammen fast:
"WAS WILLST DU?!"
Mit einem gespielt verletzten Gesichtsausdruck schaut er mich an.
"Ach Elisa.
Warum denn so gereizt?"
Ich schnaube genervt und gebe ihm den wütendsten Gesichtsausdruck, den ich in meinem Zustand aufbringen kann.
"Das weißt du ganz genau. Jetzt sag mir was du hier willst!"
"Scotch" sagt er nur und lehnt sich über die Theke um mir in die Augen zuschauen.
Einen Moment schaue ich ihn ungläubig an, fange mich dann doch wieder und bringe ihm ein Glas Scotch.
Ich will mich gerade umdrehen um weiter zu arbeiten, da greift er nach meinem Arm und zieht mich an sich heran.
Er übt nicht genug Druck auf mein Handgelenk aus dass es weh tun kann, dennoch habe ich keine Chance mich aus seinem Griff zu befreien.
Unsere Gesichter sind nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt und er schaut mir tief in die Augen.
Ich fühle mich komisch.
Alles um mich rum verschwimmt und es scheint als wären nur noch Kol und ich in einem leeren Raum.
"Nimm das Messer hinter dir und schlitz dir die Pulsadern auf!"
befiehlt er in einem ruhigen Ton.
Seine Stimme wirkt einlullend und einen Moment überlege ich mir es tatsächlich zu tun.
Doch plötzlich werde ich wieder in die Realität zurück gezogen und erkenne was hier vorgeht.
"Bist du vollkommen übergeschnappt?"
Ich reiße mich aus seinem Griff los und zu meiner Überraschung lässt er mich sogar gehen.
Er schaut mich amüsiert an, nicht im geringsten überrascht, dass ich nicht auf seine Manipulation reagiere.
"Was willst du von mir, Kol?
Du hast doch was du willst!
Du hast das Buch und den Dolch."
zische ich, meine Wut überwiegt schon lange meine Angst.
In einem Rutsch trinkt er den Scotch aus und legt Geld auf den Tresen.
"Irgendwas stimmt nicht mit dir Elisa.
Ich kann dich nicht manipulieren und das geht mir ziemlich auf die Nerven.
Aber glaub mir wenn ich dir sage, dass ich dein Geheimnis lüften werde.
Ich werde herausfinden was du bist, denn ein Mensch bist du mit Sicherheit nicht."
Seine Stimme ist ruhig doch bestimmend als er das sagt.
Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken und ich kann kaum glauben, was er mir da vorwirft.
Er wirft mir ein letztes Grinsen entgegen und verschwindet dann augenblicklich.

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Es tut mir wirklich leid, dass dieses Kapitel so lange gedauert hat, aber ich schreibe im Moment viele Klausuren, weshalb ich leider nicht viel Zeit zum schreiben hab.
Ich hoffe, dass Kapitel ist trotzdem einigermaßen gut geworden.
:)

Fear Me (ff Kol Mikaelson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt