Kapitel 8

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KOL

Während die letzten Sekunden des Films zuende gehen, räumt Elisa den Tisch ab.
Ich biete ihr meine Hilfe an doch sie lehnt dankend ab.
Als sie in der Küche verschwindet und der Film aus ist, schaut mich Ron gespannt an.
"Wie fandest du den Film?" will er wissen.
Ich denke einen Moment darüber nach was ich am besten sagen soll, denn während des Films habe ich kaum auf diesen geachtet.
Ich habe die meiste Zeit Elisa beobachtet.
Wie sie mit ihrem Bruder gelacht hat, wenn was lustiges passiert ist.
Oder wie sie ihren Bruder in den Arm genommen hat, wenn etwas schlimmes passiert ist.
"Gut." gebe ich nur eine knappe Antwort.
"Ich habe gehört das ist dein Lieblingsfilm." füge ich hinzu und Ron nickt.
"Stimmt. Ich habe ihn bestimmt schon hundert Mal gesehen."
Bei der leicht übertriebenen Zahl des 8-jährigen muss ich schmunzeln.
"Wird es dann nicht irgendwann langweilig, wenn man den Film so oft guckt?"
Elisa's Bruder schüttelt nur den Kopf und erklärt: "Wenn man etwas wirklich mag, dann wird es nie langweilig."
"Wohl war!" Stimme ich zu.
"Wen magst du denn am liebsten" frage ich nach.
"Ich finde Scar cool"
Mit dieser Antwort hätte ich bei bestem Willen nicht gerechnet.
"Ist das nicht der Böse?"
"Stimmt. Aber trotzdem ist er der coolste von allen," bestimmt Ron selbstsicher, "und wenn du mich fragst hätte er König sein sollen!"
Ich nicke verständnisvoll und beuge mich zu ihm rüber.
"Die Bösen sind eh immer die coolsten. Stimmts?"
Flüstere ich und zwinker ihm zu.
Er fängt an zu kichern und nickt zustimmend.
Nach kurzer Zeit kommt Elisa wieder ins Wohnzimmer.
"Ronny, jetzt geht's ins Bett."
Ohne Widerworte steht er auf und geht nach oben.
Elisa gibt mir ein Zeichen, dass sie gleich wieder da ist und geht hinter Ronny her.
Während Elisa ihren Bruder zu Bett bringt, schaue ich mich noch etwas in dem Haus um.
Nur wenige Bilder hängen an den Wänden oder stehen auf Schränken und die, die da sind, scheinen sehr alt zu sein.
Auf einem der Bilder ist eine junge Elisa zusehen.
Vielleicht 10 Jahre. Wenn überhaupt.
Man erkennt sie gut an ihren strahlend blauen Augen.
Hinter ihr ist eine schwangere Frau in einem weißen Kleid, die ihre Hand auf Elisas Schulter legt und in die Richtung der Kamera lächelt.
Neben der Frau ist ein gepflegter Mann mit einem schicken blauen Anzug an.
An den Gesichtszügen kann man noch leicht erkennen, dass dies der Vater von Elisa ist.
Was ich bis jetzt von Elisas Vater gesehen habe ist ein ganz anderer Mensch.
Er hat einige Kilos zugenommen und außerdem hat er sich einen langen Bart wachsen lassen.
Er ist auch nicht so gepflegt wie auf dem Bild gewesen als ich ihn das letzte Mal zu Gesicht bekam.
Ich schaue mir Elisa genauer an.
Sie trägt ein blaues Kleid und weiße Ballerinas.
Mit ihrem wilden Grinsen enthüllt sie eine riesige Zahnlücke, doch das scheint sie nicht im geringsten zu stören.
Sie steht leicht auf den Zehenspitzen und umfasst mit ihrer kleinen rechten Hand die Hand ihrer Mutter.
An ihrem Arm hat sie ein Armband an, was ihr viel zu groß ist.
Ich schaue genauer hin und erkenne, dass dies das Armband ist, was sie immer trägt.
Das Armband, dass mit Eisenkraut versehen ist.
Das habe ich mir jedenfalls gedacht, als ich es gesehen habe.
Doch wenn es schon so alt ist, dann kann dort kein Eisenkraut vorhanden sein.
Die Hexe Sally ist keine besonders erfahrene Hexe, was darauf schließen lässt, dass sie ihre Kräfte erst vor kurzem freigesetzt hat.
Die andere Hexe Emba, die ich zum Vampir verwandelt habe, ist noch eine miserablere Hexe als Sally und Tomman und Steven sind noch nicht so lange in Mystic Falls, wie ich vor kurzer Zeit erfahren habe.
Und der Werwolf hat den Fluch nur ausgelöst, weil ich ihn manipuliert habe jemanden umzubringen. Daher weiß ich, dass auch er Elisa nicht das Armband hätte geben können als sie so jung waren.
Elisa holt mich aus meinen Gedanken als sie den Raum mit einer Flasche Wein und zwei Gläsern betritt und mich triumphierend anlächelt.
"Den hier habe ich doch tatsächlich vor meinem Vater verstecken können als er letztens wieder reingeschneit ist und den gesamten Alkohol Vorrat versoffen hat."
Ich schaue sie etwas überrascht an bei den harschen Worten die sie für ihren Vater übrig hat, doch das bringt sie scheinbar auf einen völlig falschen Gedanken.
"Es sei denn du möchtest nichts mehr trinken" fügt sie peinlich berührt, wegen ihres plötzlich Enthusiasmus, zu.
"Ich würde liebend gern noch einen Wein mit dir trinken." versichere ich ihr und nehme ihr eins der Gläser ab.
Sie lächelt mich an und geht in die Küche, um einen Korkenzieher zu holen.
Nach ein paar Minuten, ohne dass Elisa zurück kommt rufe ich:
"Brauchst du Hilfe Elisa?"
Ein paar Sekunden bleibt alles still, dann kommt Elisa aus der Küche und hält mir die Flasche hin.
"Ja. Das wäre wirklich lieb."
Ich nehme die Flasche und öffne sie mit Leichtigkeit, schenke ihr etwas von dem Wein und fülle dann selbst mein Glas.
Elisa und ich stehen immer noch an der Wand an der das Bild hängt, dass ich eben so genau observiert habe und ich nutze die Gelegenheit um ihr ein paar Fragen zu entlocken.
"Sind auf diesem Bild du und deine Eltern zusehen?"
"Stimmt. Das war an der Hochzeit meiner Eltern." antwortet sie und lächelt traurig in Richtung des Bildes.
"Dieses Armband ist doch das gleiche, das du auch jetzt noch trägst oder?"
frage ich.
Sie nickt. "Das war ein Geschenk meiner Mutter. Mein Vater hat es ihr zum dritten Date geschenkt und ich habe es dann zu meinem zehnten Geburtstag bekommen.
Wie man sieht war es mir aber noch viel zu groß."
"Es fällt kaum auf." versichere ich ihr ironisch und zwinker ihr zu.
Wir setzten uns beide wieder auf die Couch und unterhalten uns über Gott und die Welt.
"Was ist mit dir Kol?" fragt sie nach einer Zeit und ich schaue sie fragend an.
"Was verschlägt dich nach Mystic Falls?"
"Naja... 
Schwer zu sagen.
Alte Erinnerungen,
Alte Freunde
Und vor allem unvollendete Angelegenheiten."
Ich gebe ihr mit dem Ton zu verstehen, dass ich nicht wirklich darüber reden will.
Schließlich kann ich ihr ja schlecht sagen, dass ich ganz Mystic Falls manipulieren will und mir die gesamte Stadt damit gefügig machen kann.
Doch so freundlich und aufmerksam wie Elisa nun mal ist, wechselt sie das Thema. Auch wenn dieses ein, mir auch sehr unliebes Thema ist.
"Was ist mit deiner Familie? Hast du noch mehr Geschwister?"
"Ich will dich nicht mit Details langweilen, aber ich habe eine sehr verschrobene Familie."
Ich hoffe, dass ihr diese Antwort genügt, doch an der Stille im Raum und ihrem gespannten Blick sehe ich, dass ich dieses Mal nicht so leicht davon komme.
"Meine Eltern sind beide verstorben. Aber erst nachdem sie nicht alles versucht haben mir und meinen Geschwistern  das Leben zur Hölle zu machen.
Der Älteste der Mikaelson Brüder hat dabei so gut es geht geholfen.
Dann wäre da noch mein Bruder Nik, der misstrauische, egozentrische Bastard, entstanden aus einer Affäre mit einem Nachbarn.
Außerdem wäre da noch mein Bruder Elijah, der besserwisserische und moralvolle von uns.
Und zuletzt noch meine liebreizende Schwester Rebekah, deren Schwächen du bald am eigenen Leib erfahren wirst."
Elisa schaut mich einen Moment ungläubig an und sagt dann:
"Wie man hört also ganz normale Familienverhältnisse."
Wir beide fangen laut anzulachen, bis Elisa einfällt, dass ihr Bruder oben schläft und wir etwas leiser sein müssen.
Als wir uns dann wieder einigermaßen beruhigt hatten, stehe ich auf und informiere Elisa: "Entschuldige mich bitte ich muss auf Toilette."
Sie erklärt mir wo die Toilette ist und ich folge der ihr beschriebenen Richtung.
Ich gehe die Treppe rauf und gehe den kleinen Flur entlang.
Doch anstatt die erste Tür zu öffnen, gehe ich eins weiter zu Elisas Zimmer.
Ich will mich nur ein wenig umschauen.
Ihr Bett ist ein großes schwarzes Doppelbett, neben dem auf der einen Seite ein Nachttisch mit einem Buch steht.
Ich öffne das Buch und sehe viele wunderschöne Zeichnungen, die vermutlich von Elisa gemalt wurden.
Ich klappe es wieder zu und schaue mich weiter um.
In einem Regal stehen viele Bücher, unter denen auch viele Klassiker und selbst ein paar meiner Lieblingsbücher stehen.
Ich bleibe noch kurze Zeit in Elisas Zimmer und entscheide mich dann wieder runter zugehen.
Doch bevor ich aus dem Zimmer rausgehen kann, kommt ein kleiner verschlafener Ron hinein und schaut mich verwirrt an.
"Warum bist du in Elisas Zimmer?"
Schnell kniehe ich mich vor ihn und schaue ihm in die Augen.
"Du bist nie aus deinem Bett aufgestanden und hast mich in Elisas Zimmer gesehen.
Jetzt geh wieder schlafen und steh erst morgen wieder auf!" manipuliere ich ihn.
Und anders als bei Elisa wiederholt er die Worte langsam und geht wieder ins Bett.
Ich gehe aus dem Zimmer und die Treppe hinunter.
Als ich im Wohnzimmer ankomme, sehe ich Elisa auf der Couch liegen.
Ihre Arme hat sie um ein weißes Kissen geschlungen und ihre braunen lockigen Haare sind wild auf dem Kissen verteilt.
Sie hat ihre Augen geschlossen und atmet gleichmäßig auf und ab.
Sie sieht unglaublich friedlich aus.

Ich setzte mich vor sie auf den Wohnzimmertisch und schaue sie einen Moment nur an.
Dann fällt mein Blick auf ihr Armband.
Ich könnte jetzt versuchen es anzufassen.
Dann würde ich sehen ob es mit Eisenkraut versehen ist oder nicht.
Langsam nähere ich meine Hand an das Armband und fasse es schließlich an.
Nichts.
Ich spüre kein unangenehmes brennen an meinen Fingern.
Das heißt sie hat kein Eisenkraut um sich vor meiner Manipulation zu schützen.
Außerdem hat Emba am Ball gesagt, dass ich aufhören soll Elisa zu manipulieren.
Wenn sie ihr Eisenkraut gegeben hätten, hätten sie sicher nicht vermutet, dass ich sie manipuliert habe.
Aber dann stelle ich mir die Frage wieso ich sie nicht manipulieren kann.
Ich denke noch einige Minuten angestrengt darüber nach und schaue während dessen Elisa beim Schlafen zu.
Dann entscheide ich mich zu gehen.
Ich ziehe meine Jacke an und schaue noch einmal auf Elisa hinunter.
Mir fällt auf, dass ihre Position nicht gerade gesund aussieht und die Couch außerdem nicht sehr gemütlich ist.
Ich schiebe meine Arme vorsichtig unter ihren Körper und hebe sie mit Leichtigkeit hoch.
Ihr Kopf liegt an meiner Brust und ohne aufzuwachen, legt sie einen Arm auf meine Schulter.
Ich trage sie vorsichtig in ihr Zimmer und lege sie in ihr Bett.
Schließlich decke ich sie zu.
Als letztes streiche ich ihr noch eine Strähne hinters Ohr, die ihr ins Gesicht gefallen ist.
Sie sieht so unschuldig aus.
So zart und hilflos.
Ich könnte sie mit Leichtigkeit umbringen und trotzdem vertraut sie mir soweit, dass sie in meiner Gegenwart einschläft.
Ich nehme das mal als sehr starkes Kompliment an meine Schauspielkünste.
"Schlaf gut. Süße ahnungslose Elisa" sage ich mit einem Grinsen auf dem Gesicht und verlasse dann ihre Wohnung.
Ich denke es wird Zeit zum nächsten Schritt zu gehen.

Fear Me (ff Kol Mikaelson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt