Kapitel 78

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ELISA

Das bauchige Röhren der Maschine des Mercedes lässt den Moment realer wirken, als er all die Stunden vorher war. Wir sind endlich auf dem Weg. Endlich kommen wir meiner Rache näher. Das Kribbeln in mir wird immer prominenter und ich selbst werde immer hibbeliger. Bald kommt der Moment, auf den ich so lange gewartet habe. Mein Moment der Vergeltung rückt mit jedem Kilometer den wir zurücklegen näher. Der Waterhouse-Clan, dessen Wurzeln in Kentucky, so nahe an der Mammouth-Cave, liegen, wird seine gerechte Strafe bald bekommen. Und Sally, die meinen Bruder und mich verraten hat, wird sich nicht mehr vor mir verstecken können. 

Ich schaue in den Seitenspiegel des Autos und leuchtende Augen blicken mir entgegen. Meinen Kopf neige ich ein wenig zur Seite, während ich die Farbenspiele in meinen Augen und die Adern, die sich durch mein ganzes Gesicht ziehen, genauer betrachte. Obwohl gelb und rot warme Farben sind und der helle blaue Ring um meine Pupille fast schon leuchtet, sehen die Augen die mich anstarren kalt und leer aus. Mir gefällt es. Es lässt mich beinahe bestialisch wirken. 

Ich lasse mein Gesicht wieder normal werden und verliere den Fokus auf mich. Stattdessen erblicke ich Bekah, die auf dem Rücksitz sitzt und mich mit Faszination beobachtet. Ich schenke ihr ein Lächeln, lasse dann den Blick weiter nach hinten schweifen. 

Drei weitere Autos befinden sich in unserer Kolonne. Andi, Thomman, Emba und Izzi sind in dem Auto hinter uns. Dahinter befindet sich das Auto von Kosta und William. Dann kommt Klaus. Bei mir sitzt Kol auf der Fahrerseite und Bekah hinter mir. 

Im Inneren des Autos herrscht Stille. Wir sind früh am Morgen aufgebrochen und Bekah hat eben erst zwei Stunden geschlafen. Das Radio dudelt leise vor sich hin und weil mir die Stille langsam zu nervig wird, drehe ich die Musik ein wenig lauter. Die ersten Klänge eines mir zu gut bekannten Liedes erklingen und ich schließe die Augen und lasse mich von der Melodie in eine Zeit entführen, in der noch alles einiger Maßen in Ordnung war. 

"YOU'RE ALS COLD AS ICE"

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"You're willing to sacrifice our love"

"You never take advice" 

Singe ich aus vollem Halse, während ich einen Kochlöffel von oben vor mein Gesicht halte und meine Hüfte zur Musik schwingen lasse. 

Ronny sitzt am Küchentisch und trommelt mit seinen Buntstiften wild auf seinem Mäppchen, einem Heft und einem Glas rum und imitiert somit voller Enthusiasmus den Schlagzeuger von Foreigner.

"Some day you pay the price, i know!!!" 

Singe ich weiter und drehe mich zu meinem Bruder um, der mir mit seinem Rockstar-Charm einmal zuzwinkert. Beziehungsweise es versucht. 

Dass es eher aussieht als hätte er gerade auf eine saure Zitrone gebissen, verschweige ich ihm und singe weiter die Strophen des Songs, den meine Mutter früher immer so gern gehört hatte. 

Zusammen trommeln, tanzen und singen wir gemeinsam und als der Höhepunkt des Liedes kommt, bekanntlich das kurze Gitarrensolo, dass wir uns früher immer wieder und wieder anhören mussten, schmeiße ich meinen Kochlöffel über meine Schulter, während Ronnys Stifte in verschiedene Richtungen fliegen. Gemeinsam vollbringen wir ein gewaltiges Luftgitarrensolo und batteln uns gegenseitig, wer schneller die imaginierten Seiten zupfen kann. 

"Wir sind so heiße Rockstars," schreit Ronny über die laute Musik und hüpft zum Beat des Schlagzeugs, "das es schon verbrannt riecht!" Einen Moment lang stimme ich ihm einfach zu, während ich weiter meine Hüften zur Musik schwinge, bis mir einfällt, warum es wirklich verbrannt riecht. 

Fear Me (ff Kol Mikaelson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt