Kapitel 46

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ELISA

Der Tag ging viel zu schnell vorbei. Die ganze Zeit habe ich mich mit Ronny beschäftigt. Wir haben gemalt, seine Lieblingsbücher gelesen, sein Lieblingsessen gekocht und natürlich haben wir auch noch König der Löwen geguckt. Und obwohl ich diese einfachen Dinge nie als etwas besonderes angesehen hatte, fiel es mir dennoch schwer den ganzen Tag mit einem glücklichen Gesicht durch die Gegend zu rennen. 

Nachdem Steven Izzi erklärt hat, was ich vorhabe und ich mir von ihr eine Predigt über bessere Möglichkeiten und der Liebe von Geschwistern anhören musste, konnte ich mich endlich auf meinen kleinen Bruder konzentrieren. Überraschender Weise haben beide weniger gegen meine Entscheidung angekämpft und ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie insgeheim meine Idee unterstützten. 

Als die anderen kamen wurde ich etwas stutzig, denn sie akzeptierten meine Entscheidung sofort, ohne mich vom Gegenteil überzeugen zu wollen. Sie ließen mir und meinem Bruder genug Freiraum, sodass wir wirklich unsere Zweisamkeit genießen konnten und die Ereignisse der letzten Tage für ein paar Stunden vergessen konnten. 

Doch jetzt ist es bereits zwanzig Uhr und draußen ist es dunkel, was bedeutet, dass Steven Ronny bald manipulieren wird. König der Löwen spielt gerade die letzten Minuten und ich ziehe Ronny mit einem Arm näher an mich heran. Sofort schlingt er seine Arme um mich und legt seinen Kopf an meine Schulter. Er nimmt die Augen nicht eine Sekunde vom Bildschirm, doch genießt unsere womöglich letzte Umarmung. 

Als der Film zu Ende gespielt hat, richte ich mich etwas auf, nur um Ronny noch fester zu umarmen. Er legt seinen roten Schopf auf meiner Schulter ab und drückt mich so feste, wie ein kleiner Junge in seinem Alter nur kann, an sich. 

"Ich hab dich lieb, Ronny." flüstere ich und sofort fällt die erste Träne, die verräterisch über meine Wangen läuft. Die zweite lässt nicht lange auf sich warten, doch dann konzentriere ich mich darauf, die Tränen zu unterdrücken. Ronny darf auf keinen Fall denken, dass etwas nicht stimmt. Er soll einigermaßen glücklich von mir weggehen, wenn das in dieser Situation überhaupt noch möglich ist. 

"Ich dich auch, Eli. Du bist die beste." flüstert Ronny zurück und mir wird ganz warm ums Herz. Mein kleiner süßer Bruder, der beste der Welt. Auch wenn er mich nach heute nicht mehr erkennen wird, wird er immer mein Schatz bleiben, bis ich das Problem endlich zur Seite geschafft habe und wir die Manipulation wieder beenden können. 

Wir lösen uns aus der Umarmung und Ronny schaut mich besorgt an. "Wieso weinst du denn, Eli?" Obwohl ich mich wirklich angestrengt habe, konnte ich die Tränen wohl nicht ganz beseitigen und ich finde mich wieder, wie ich sie hastig wegwische und ein gequältes Lächeln aufsetze. 

"Ich bin einfach überwältigt was für ein toller Spatz du doch bist." Ich verstelle meine Stimme, sodass sie einigermaßen glücklich klingt. Für Ronny reicht es. Er fängt an zu lächeln und legt seine kleinen Patschehändchen an meine Wangen. "Du bist auch ein toller Spatz." Ich greife nach seinen Händen und halte sie an Ort und Stelle. Wir grinsen uns gegenseitig an und schweigen einfach für einen Moment. Es ist angenehm und ich bin froh, dass mein kleiner Bruder so ein liebevoller und herzensguter Mensch ist. 

Um so schwerer fällt es mir mich von Ronny zu lösen, als die Tür zum Haus aufgeht und Steven reinkommt. Seine Miene ist finster und ich versuche mein Grinsen im Gesicht zu halten, auch wenn meine inneren Gefühle mich anschreien loszuheulen. 

"Schau mal wer da ist!" flüstere ich Ronny zu und er dreht sich zur Tür. Steven winkt ihm mit einem aufgesetzten Lächeln und ich nicke ihm unauffällig zu. Ronny springt auf und rennt zu Steven, der sich wiederum auf die Höhe von Ronny kniet. 

"Soll ich dir mal was cooles draußen zeigen?" fragt Steven und Ronny nickt eifrig. Mein Bruder dreht sich fragend zu mir um und ich bedeute ihm sprachlos das er gehen kann. Zusammen gehen sie nach draußen. 

Fear Me (ff Kol Mikaelson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt