Kapitel 17

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ELISA

Nachdem ich etwas länger einfach vor meinem Spiegel stand und dem Blut beim Fließen zu sah, entschied ich mich dazu, meine Hand zu verbinden und mich wieder ins Bett zu legen.
Ich liege hier jetzt schon sehr lange, ohne einschlafen zu können.
Jedes Mal wenn ich meine Augen zu mache, steht Kol vor mir und hält eine blutige Stange in der Hand.
Ich weiß nicht warum, aber ich weiß, dass das irgendetwas damit zutun hat was in der vorherigen Nacht passiert ist.
Ich mache meine Nachttischlampe an und öffne die Schublade des Nachttisches.
Zum Vorschein kommt ein kleines ledergebundenes Buch und daneben fünf Bleistifte schön ordentlich aufgereiht.
Ich schnappe mir den kleinsten Bleistift und das Buch und mache mich bereit zu zeichnen.
Doch immer wieder blitzen Bilder von Kol, Blut und Schmerz auf, die ich nicht aus meinem Kopf verbannen kann.
Schließlich entscheide ich mich, einfach diese Bilder zu zeichnen.
Ich fange einfach an, ohne im Kopf zuhaben was ich male.
Meine Hand führt den Stift wie von alleine.
Es fühlt sich gut an Bilder niederzumalen.
Dadurch fühlt es sich an, als würde ich sie wegsperren und nie mehr daran denken müssen.
Zuerst entsteht Kol mit seinem monströsen Vampirgesicht.
Dann male ich eine blutige Stange, die von einer Hand gehalten wird.
Ich male immer mehr.
Und immer mehr.
Bis ich irgendwann meinen gesamten linken Arm nicht mehr spüren kann.
Ich schaue mir die Bilder an.
Ohne zu merken habe ich all die Ereignisse von gestern in mein Buch niedergemalt.
Wie ich vor Kol wegrannte.
Wie Kol mit der Stange über mir stand.
Ja sogar der Moment, als er mir die Stange durch den Bauch rammte.
Alles kehrt langsam wieder zu mir zurück.
Jedes Wimmern und Schluchzen meinerseits und jenen schuldigen Blick, den ich in den Augen des eiskalten Vampir dachte zu sehen.
Auf der letzten bemalten Seite ist genau dieser Blick zusehen.
Doch ich bin mir sicher, dass ich mir das nur eingebildet habe.
Kol ist ein Monster.
Er ist nicht gut.

Durch das laute Klingeln meines Handys werde ich wach und mit schweren Augen stehe ich auf.
Ich schaue auf das Handy.
Drei verpasste Anrufe von Conny.
Mit einem Blick auf die Uhr sehe ich, dass wir sieben Uhr morgens haben.
Ich konnte also genau drei Stunden schlafen.
Der Blick in den Spiegel bestätigt die kurze Zeit an Schlaf.
Aber wieso ruft mich Conny so früh morgens an?
Verwundert tippe ich auf Rückruf und mache den Lautsprecher des Handys an.
Es ist eine alte Angewohnheit von mir, das Handy immer auf Lautsprecher zu schalten, wenn es gerade geht.
Schon nach dem zweiten Klingeln höre ich Conny's raue Stimme.
"Hi, Schätzchen.
Denkst du dran, dass du das Wochenende den Laden alleine schmeißt?"
Verdammt.
Da habe ich doch tatsächlich vergessen, dass Conny übers Wochenende Besuch von ihrer Familie aus Ghana bekommt und ich die Verantwortung für den Laden  übertragen bekommen habe.
"Ja, klar.
Danke für die Erinnerung Conny. Du kannst dich auf mich verlassen!"
Ich wünsche ihr noch viel Spaß mit ihrer Familie und mache mich dann schnell fertig.
In der Küche esse ich eine Schüssel Cornflakes und schnappe mir dann meine Jacke und renne nach draußen.
Die kalte Morgenluft schlägt mir entgegen und ich schlinge meine Jacke fester um mich, um mich vor der Kälte zu schützen.
Mit schnellen Schritten laufe ich zu meinem Truck, setze mich rein und starte den Motor.
Sofort mache ich die Heizung an.
Ich fahre Rückwärts aus der Einfährt hinaus und mache mich auf den Weg zu meinem ersten Ziel.
Der Bibliothek.
Ich muss erst um zehn in der Bar sein, weshalb ich noch ein paar Bücher für das nächste Semester kaufen will.
In der Bibliothek angekommen, ziehe ich meine Jacke aus und hänge sie an die Garderobe im Flur.
Es ist warm im Gebäude und sofort fangen meine eiskalten Finger an zu kribbeln.
Ich reibe sie mir wärmend gegeneinander, damit das unangenehme Gefühl verschwindet.
Nach kurzer Zeit sind meine Hände genug aufgewärmt, sodass ich sie wieder bewegen kann.
Also mache ich mich auf zu den Regalen und fange an nach den Büchern zu suchen.
Als ich am Empfang vorbei gehe, lächelt mich Frau Drimmeling, die alte Bibliothekarin, an.
Seit dem ich diese Bibliothek besuche, sehe ich sie hier.
Und ich besuche sie schon seit ich denken kann.
Sie ist um die achtzig und arbeitet nur aus Leidenschaft in der Bibliothek.
Sie liebt Bücher und mir kommt es so vor, als ob sie jedes einzelne Buch aus der Bibliothek kennt.
Jedes Mal wenn ich mit einem Stapel Bücher zu ihr komme, erzählt sie mir, welches sie toll fand und welches nicht.
Noch nie habe ich erlebt, dass sie ein Buch nicht kannte.
Die alte Dame ist äußerst freundlich und aufmerksam, obwohl sie sich oft bei mir über die heutige Jugend beschwert.
"Ach, die Jugend von heute. Schauen alle nur noch auf Bildschirme und haben diese komischen Stecker in den Ohren.
Die wissen gar nicht mehr, wie man mit einander redet, geschweige denn wie toll ein gutes Buch sein kann",
habe ich die krächzende Stimme in Erinnerung.
Oft erzählt sie mir auch wie sie ihren Mann kennengelernt hat oder manchmal auch nur was der Tag so gebracht hat.
Sie ist eine sehr kleine Frau, doch man sollte sie deswegen nicht unterschätzen.
Sie hat viel erlebt und diese Geschichten kann sie unglaublich gut erzählen.
Ich erinnere mich daran, oft den ganzen Tag in der Bibliothek verbracht zu haben und Frau Drimmlings Geschichten zugehört zu haben.
Ich weiß noch, dass ich früher immer extra früh aufgestanden bin, Mama aus dem Bett geschmissen habe um sofort in die Bibliothek zu düsen.
Mit viel Mühe gebe ich ihr das beste Lächeln was ich aufbringen kann und widme mich dann entschlossen meiner Bücherliste.
Es sind Hauptsächlich Sachbücher über das Verhalten von Menschen, aber auch ein Roman.
Einer der Lehrer hatte ihn empfohlen, da es in diesem um einen Menschen geht, der andere Menschen durch Körpersprache lesen konnte, dadurch aber kaum Freunde hatte und unfähig war Beziehungen mit Menschen aufzubauen.
Es geht darum, wie er langsam eine Beziehung zu der Nachbarin von neben an aufbaut und wie diese sich dann entwickelt.
Nach kurzer Zeit habe ich alle drei Bücher gefunden und mache mich auf den Weg zu Frau Drimmling, doch als ich mich vom Regal wegdrehe, stoße ich gegen jemanden.
Die Bücher verteilen sich auf den Boden und ich lande auf meinem Hintern.
"Oh entschuldige." murmle ich und schaue nach oben.
Mein Atem stockt als ich sehe, wen ich angerempelt habe.
Vor mir steht Rebekah Mikaelson, die Schwester des psychopathischen Mörders Kol Mikaelson.
Ich bekomme Panik und schnappe hastig die Bücher, die auf dem Boden verteilt sind.
"Hi, Elisa" höre ich Rebekah sagen.
Ich stehe auf und murmle ein schnelles Hallo bevor ich nervös an ihr vorbei stolpere.
Ich vermeide jeglichen Augenkontakt in der Hoffnung sie würde mich in Ruhe lassen.
Schnell löst sich die Hoffnung in Luft auf, als ich ihren festen Griff um meinen Arm spüre.
"Elisa warte."
Ich drehe mich um und schaue vor sie auf den Boden.
"Elisa ich weiß du musst denken ich bin ein Monster, aber das ist mein Bruder!
Ich meine am Anfang als er mir von dir erzählt hat, da war mir egal was mit dir passiert, aber als ich dich dann kennengelernt habe, hat sich das alles geändert.
Ich hatte keine Ahnung was für ein gutherziger Mensch du bist."
Meine Augen füllen sich mit Tränen und ich finde keine passende Entgegnung für ihre Worte.
"Bitte glaub mir, Elisa. Hätte ich gewusst was er macht, hätte ich versucht es zu verhindern."
"Ich muss jetzt gehen" sage ich und merke wie meine Stimme bricht.
Ich gehe an ihr vorbei und sie lässt mich widerwillig gehen.
"Ich hoffe wir können trotz allem noch Freunde sein"
ruft sie mir hinterher und ich gehe automatisch etwas schneller.
Frau Drimmling schaut mich an, als ich ihr beim Empfang die Bücher vor die Nase stelle.
Während sie jedes Buch einzeln aufschreibt, sagt sie wie üblich ob sie ihr gut gefallen haben oder nicht und hält mir dann die Leihliste hin.
Als ich unterschreibe erzählt sie mir, wie in ihrer Jugend Linkshänder immer umgewöhnt wurden und ich höre ihr aufmerksam zu, um das Gespräch mit Rebekah zu vergessen.

Fear Me (ff Kol Mikaelson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt