SEIS

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Für Lucky2907

Hoffentlich entspricht es deiner Vorstellung

Der Wind wehte über Helsinkis winterlichen Hafen und zerzauste Samus Haare. Riku sah ihn eine Weile an, dann nahm er seine Mütze ab und zog sie Samu auf, um sich seine Kapuze überzuziehen. Unsicher lächelte Samu ihn an. „Machst du das wirklich?", fragte Riku. „Ja", ging Samus Lächeln nun in ein Grinsen über. „Es macht mir trotzdem irgendwie ein schlechtes Gewissen", schüttelte Riku den Kopf. „Muss es aber nicht", legte Samu ihm seine Hände an die Wangen. Riku musterte die blauen Augen, die ihn ebenso ansahen. Langsam beugte Samu sich zu ihm vor. „Nein, Samu", schob Riku seinen besten Freund kopfschüttelnd weg. Sein Blick war erschrocken geworden. „Sorry, können wir das vergessen?", seufzte Samu und wollte sich durch die Haare fahren, blieb aber an Rikus Mütze hängen. „Ja, ja", stammelte Riku. „Ok", zog Samu die Mütze von seinem Kopf und drückte sie Riku in die Hand. „Ich bin morgen um neun bei dir", sagte er, bevor er verschwand.

Riku fuhr zu einem Treffen in Schweden und da Laura schon lange Geschichte war, hatte Samu sich bereiterklärt auf Rikus Kinder aufzupassen, die Laura anscheinend genauso verlassen hatte wie Riku. „Bis dann und viel Spaß", winkte Samu seinem besten Freund seufzend. Er vermisste ihn jetzt schon. „Werde ich bestimmt haben", grinste Riku, ehe er in sein Auto stieg. Kopfschüttelnd drehte Samu sich um und ging zu Nuppu und Helmi ins Haus. Nuppu saß auf dem Teppich und ließ ihre Playmobilfiguren hin und her laufen. Helmi saß auf dem Sofa und blätterte in einem Bilderbuch. Gerade verhielten sie sich friedlich, so dass Samu sich in die andere Sofaecke setzt und sich seinem Handy widmete.

Die Sonne schien durch das Fenster des Gästezimmers. Samu räkelte sich qualvoll. Ihm tat alles weh, vor allem sein Hals und sein Kopf brachten ihn fast um. Mühsam stand er auf und lief in Rikus Küche, wühlte die Schränke nach Tee durch. Kaum hatte er sich mit der dampfenden Tasse aufs Sofa fallen lassen und die Beine hochgelegt, kam aus dem Flur Gekreische. „Nuppu! Das ist meins!", schrei Helmi. Mit einem tiefen Seufzen rappelte er sich wieder auf und sah nach den Geschwistern. Es ging bloß um das Bilderbuch, dass Helmi sich gestern angesehen hatte und nun von Nuppu betrachtet wurde, während Helmi daran zog. „Nain", erwiderte Nuppu und stemmte sich dagegen. „Hey, hört auf", versuchte Samu es., doch natürlich wurde er nicht beachtet. „Darf ich?", legte er seine Hand um das Buch. „Nein! Es ist meins!", schrie Helmi ihn an. Stöhnend hielt er sich seinen pochenden Kopf. Der Lärm machte ihn fertig. Wieso waren die zwei überhaupt schon auf? Plötzlich gab es ein lautes Ratschen. „Nuppu!", ließ Helmi das Buch fallen und ging auf ihre Schwester los. „Hey!", hob Samu Nuppu hoch und sah die größere strafend an. „Hier wird nicht geschlagen. Ab auf dein Zimmer, ich hole dich zum Frühstück", wies er mit gereizter Stimme an. Er musste um jeden Preis verhindern, dass Nuppu in einen Weinkrampf verfiel, sonst würde sein Kopf platzen. Helmi drehte schnaubend ab. „Bubu", sagte Nuppu. Samu hob das kaputte Buch auf und gab es ihr, doch sie gab es direkt wieder zurück. „Bubu", wiederholte sie. In dem Augenblick stieg Samu der Geruch in die Nase und er verstand. Seine laufende Nase hatte da wenigstens einen Vorteil, er roch es kaum. Er ging Nuppu wickeln und kümmerte sich anschließend um das Frühstück. Der Tisch wurde nur sporadisch mit Nutella, Käse und Brot gedeckt, Butter und Geschirr. „Helmi, Essen!", rief er in den Flur und ließ sich erschöpft auf seinen Stuhl sinken. „Wo ist die Erdnussbutter?", beschwerte Helmi sich kaum, dass sie zur Tür rein war. „Tut mir leid, hol sie eben selber", seufzte Samu. Helmi stöhnte, schnappte sich das Glas, das keine Sekunde später scheppernd auf dem Boden zersprang. „Nein!", schrie sie auf. Der Deckel war nicht richtig drauf gewesen. Wie oft hatte ihr Vater ihr gesagt, dass sie das Glas genau deswegen unten festhalten sollte. Tränen kullerten ihre Wangen hinunter. „Es tut mir leid", schniefte sie und kniete sich auf den Boden, um die Scherben zu beseitigen. „Nein, Helmi, setz dich", hielt Samu sie erschrocken auf, um nun selbst aufzustehen, das Kehrblech zu holen und zumindest das Gröbste zu beseitigen. „Hast du Schuhe an?", fragte er Helmi. Das Mädchen nickte schniefend. Samu nickte und setzte sich zurück an den Tisch. Der Appetit war ihm mittlerweile vergangen.

Nach dem Frühstück schmiss er die zwei Mädchen aus der Küche, warnte Helmi, dass sie Nuppu in Ruhe lassen und sich lieber um sie kümmern sollte, und begann zu wischen und zu saugen. Als die Gerätschaften endlich wieder verstaut waren, spürte er den Boden unter den Füßen kaum noch. Alles drehte sich. Wankend schlurfte er zum Sofa, er fühlte sich schlimmer, als wenn er sturzbesoffen war. Kaum dass er lag, fielen ihm die Augen zu.

„Samu", zupfte etwas zaghaft an seinem Ärmel. Verwirrt öffnete Samu die Augen und sah sich um. Es dauerte eine Weile, bis er sich erinnerte, dass er bei Riku war. „Nuppu hat volle Windeln", sagte Helmi verlegen. „Oh, ja, danke", rappelte Samu sich ächzend auf. Sofort begann wieder sich alles zu drehen. „Alles gut?", fragte Helmi erschrocken. Tief luftholend nickte Samu und erhob sich, nur um gleich wieder zurück zu taumeln und sich zu setzen. „Ich, ich kann es machen", sagte Helmi. „Was?", fragte Samu verwirrt. „Ich kann Nuppu wickeln", wiederholte sie. „Nein, nein, Helmi", schüttelte Samu den Kopf und nahm einen zweiten Anlauf. Kurz stand er, ehe sich die Welt erneut drehte und er zurück fiel. „Ich kann das wirklich, ich hab das bei Papa gesehen", sagte Helmi fest und lief Nuppu holen. Samu nickte schwach. Seine Augen fielen wieder zu.

„Samu? Samu? Sag doch was!", stand Helmi erschrocken vor ihm, als sie fertig war. In dem Moment klackte das Türschloss. „Papi?", drehte sie sich um und rannte in den Flur. „Hey, Große! Was ist denn los?", fragte Riku erschrocken, als er seine aufgewühlte Tochter sah. „Samu liegt auf dem Sofa und reagiert nicht", stieß Helmi hervor, während Tränen in ihre Augen stiegen. Nun wirklich alarmiert eilte Riku ins Wohnzimmer. „Samu?", rüttelte er an ihm. „Haber! Hey!", rief er. Blinzelnd öffneten sich Samus Augenlider. „Hm?", flüsterte er. „Was ist los?", fragte Riku. „Ich kann nicht, mein Kopf", krächzte Samu. Rikus Hand legte sich auf seine Stirn. Sie war heiß. „Warte", erhob Riku sich. Er legte seine Sachen ab und ging in die Küche. Er kochte Tee und suchte dann nach einer Tablette. Mit zusätzlich einem Glas Wasser lief er zu Samu zurück. „Danke Helmi", strich er seiner Tochter durch das Haar. Samu schluckte die Tablette und klammerte sich an den heißen Tee. „Ist dir kalt?", fragte Riku. Er nickte. Riku stand nochmal auf und holte eine Decke, die er über ihm ausbreitete. „Danke", hauchte Samu. „Hättest eine Mütze tragen sollen", grinst Riku. „Hm", macht er nur. „Ich geh auf mein Zimmer, ok?", sieht Helmi zu ihrem Vater. Riku nickt lächelnd. Seine Hand streicht vorsichtig über Samus Haar. „Rik? Was?", stammelte Samu. „Nichts", zog Riku eilig die Hand weg und hinterließ auf Samus Gesicht einen enttäuschten Ausdruck. „Ich gehe mal nach Nuppu sehen", wandte er sich aus der Situation. Seufzend schloss Samu die Augen.

„Hey", weckte ihn eine sanfte Stimme. Draußen war es bereits dunkel. „Komm, iss was, die Mädchen sind schon im Bett", hielt Riku ihm eine Suppe hin. Umständlich setzte Samu sich auf. „Danke", nahm er den Teller entgegen. Langsam schlürfte er die heiße Brühe. „Magst du ins Bett?", fragte Riku, als er fertig war. Unsicher nickte Samu. Riku half ihm auf und brachte ihn den Flur hinunter. „Das ist dein Zimmer", murmelte Samu. „Ja, ich lass dich so nicht alleine", erklärte Riku bestimmt und setzte ihn auf sein Bett. Samu befreite sich von seiner Jeans. Den Pulli ließ er an. Ihm war immer noch nicht richtig warm, trotz der Suppe. Eine Weile später legte Riku sich zu ihm. Er selbst trug nur eine Boxershorts. „Es tut mir leid", hauchte Riku in die Dunkelheit. „Was?", fragte Samu verwirrt. „Wegen vorgestern. Dass ich dich weggestoßen habe", antwortete Riku. „Muss es nicht", murmelte Samu. „Tut es aber", drehte er sich auf die Seite. Seine Hand strich erneut durch die blonden Strähnen. Eine Weile starrte Samu ihn überfordert an, dann reichte seine Kraft nicht mehr zum Denken. Er legte seine Arme um Riku und zog ihn zu sich. „Ich hab dich lieb", nuschelte er. „Ich dich auch", hauchte Riku. Ganz langsam hob er seinen Kopf zu Samus Lippen, strich vorsichtig darüber und bewegte sie schließlich sanft dagegen. Ein Seufzend kam über Samus Lippen. Langsam lösten sie sich wieder. „Wow", wisperte Samu, ehe ihm erschöpft die Augen zufielen und er in Rikus Armen einschlief. 

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