SCARECROW

230 10 9
                                    

He burns my skin

Never mind about the shape I'm in

I'll keep you safe tonight

Yeah, yeah

S/C/A/R/E/C/R/O/W, My Chemical Romance


„Los, dein Geburtstags Geschenk wartet, Riku", deutete Sami auf die alte zerfallene Villa vor ihnen. Riku betrachtete das baufällige Gebäude skeptisch. „Da drinnen?", fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. „Naja, dahinter", meinte Osmo. Seufzend und kopfschüttelnd warf Riku einen letzten Blick zu seinen Freunden und schob schließlich das verrostete Gartentor auf. Das Gelände war weitläufig. Über den Rasen wucherte Unkraut, durch das er sich kämpfen musste. An den Seiten des Gebäudes wuchsen breite Büsche und Bäume, die den Blick auf den hinteren Teil des Grundstücks versperrten. Riku warf einen fragenden Blick über seine Schulter, die anderen drei nickten bekräftigend. Mit einem weiteren Seufzen stapfte er auf die grüne Mauer zu und schob die Zweige auseinander, wo sie schon einmal zerstoben sein mussten. Während er durch das Gestrüpp stolperte, wanderten seine Gedanken zu seinem besten Freund, der als einziger der Band nicht anwesend war. Hatte wohl einen Termin bei ihrem Manager, der wichtiger war als er. Er seufzte. In letzter Zeit hatte Samu nur noch Augen für seine Arbeit, nicht für ihn oder sonst jemanden. Es sei denn, sie mussten ihm ein Stück einspielen. Endlich trat er zurück ans Licht. Doch kaum hatte er durch geatmet, um sich umzusehen, näherte sich ein Schatten von der Seite. Erschrocken sah er auf und sah in das zerfallene Gesicht einer riesigen Vogelscheuche. Sein Atem stockte, ein verzweifelter Schrei entfuhr ihm, während seine Beine sich davon machten. Er rannte über die Wiese, fand keinen Ausweg, außer ein eingeschlagenes Fenster der Villa, er kletterte in Panik hinauf und wollte hindurch, doch sein T-Shirt blieb hängen, er fiel, ohne zu wissen wohin. Sein linker Arm brannte, später stellte er fest, dass es Blut war und er sich geschnitten haben musste. „Riku", legten sich dann zwei Arme um ihn und hoben ihn zurück auf den Boden. Vertrauter Geruch stieg ihm in die Nase. „Samu?", fragte er verwundert. Die Panik fiel von ihm ab. „Ja, tut mir leid. Ich wollte dich nur etwas ärgern, wusste ja nicht, dass du dich gleich aufhängen willst", murmelte er und zog sich die Fratzenmaske vom Kopf. „Du Idiot, ihr seid echt", lachte Riku auf, während sich einen Träne aus seinen Augen stahl. „Ich hab mir fast in die Hose gemacht", schnaufte er. „Hey, Rik", zog Samu ihn zurück in seine Arme, als er das Beben seiner Schultern bemerkte. „Tut mir leid, das war zu viel", nuschelte er, vergrub seine Nase in dem braunen Haar und strich seinem besten Freund beruhigend über den Rücken, bis dieser sich wieder gefangen hatte. „Ich, ich hab Kuchen", deutete er nach einer Weile auf eine Picknickdecke, die am Ende des Grundstücks auf der Wiese lag und mit Leckereien gedeckt war. „Oh", machte Riku. „Komm", nahm Samu seine Hand und verschränkte ihre Finger, um ihn mit sich zu ziehen. „Was haben wir den hier verpasst?", fragte Sami lachend, der mit Raul und Osmo hinter ihnen auftauchte. „Osmos Idee ist nach hinten losgegangen, man Riku hatte Todesangst", maulte Samu, während sie sich setzten und deutete auf den riesigen blutenden Schnitt auf Rikus Arm. „Oh shit, das wollten wir nicht", sagte Raul sofort. „Aber haben wir noch was verpasst?", sah Sami auf die immer noch verschränkten Hände seiner Freunde. Augenblicklich festigte Riku seinen Griff um Samus Hand. Er sollte ihn ja nicht loslassen, doch Samu schien das auch nicht vorzuhaben. Beruhigend strich er ihm mit dem Daumen über den Handrücken. „Nein, habt ihr nicht. Entschuldigt euch gefälligst mal", schnaufte Samu. „Ja, tut uns leid", murmelten sowohl Osmo als auch Sami geknickt. „Das nächste Geburtstagspicknick einfach ohne Horrorfilmszene, ja?", seufzte Riku. „Versprochen", bekam er vierfach zurück. „Jetzt gib mal her", griff Samu nach seinem verletzten Arm. Behutsam wischte er das Blut mit einem alten Stofffetzen seiner Verkleidung ab, nahm sich eine Wasserflasche und spülte die Wunde aus, ehe er weiteren Stoff um seinen Arm band. „Danke", murmelte Riku, während seine Augen an Samus blauen hängen blieben, die ihn so fürsorglich ansahen. „Riku? Hey. Darf ich den Kuchen anschneiden?", schnipste Sami vor seinem Gesicht. „Hm? Ja", riss Riku sich los und sah stattdessen seinem Bandkollegen zu, wie er den Schokokuchen anschnitt und die Stücke verteilte. Gierig machte Riku sich über seines her, nach dem Schreck war das eine reine Wohltat. Er warf einen Blick hinter sich zu der alten Villa, die von den letzten Sonnenstrahlen des Tages beleuchtet wurde. Klapprige Balkone zierten die vergilbte Fassade, während sich Efeu zum Dach hinaufrankte. „Wollen wir rein?", riss Sami ihn ein weiteres Mal aus den Gedanken. „Echt jetzt?", hob er die Augenbrauen. „Ich hätte Bock", meinte Sami. „Sollen wir?", fragte Samu und strich Riku eine verirrte Locke aus der Stirn. „Jungs, ihr seid kein Pärchen", schnaubte Osmo und lies Riku willkürlich schlucken, während sich Samus Augen verengten. „Ähm, wollen wir, Leute?", wechselte Raul eilig das Thema. „Ja", stand Riku auf und stapfte über das trockene Gras voraus zur Terrasse der Villa. Die Tür ließ sich leicht aus den Angeln heben. „Rik, warte", rief Samu ihm hinterher und eilte ihm nach. Angekommen griff er nach seiner Hand und drückte sie, während sie das düstere Haus betraten. Vorsichtig sahen sie sich um. „Wollen wir runter?", deutete Samu auf eine Treppe, die ins Schwarze führte. „Hm, naja", murmelte Riku, gab aber schließlich nach. Samu zückte seine Handytaschenlampe und führte sie hinab. Stein bröckelten und fielen in die Tiefe. Unten angekommen war der Boden feucht, Wasser tropfte von der Decke. Alte Pfeiler stützten das Gebäude nicht sehr vertrauenswürdig. „Jungs? Samu? Riku?", erklang hallend Samis Stimme. „Unten, im Keller", erwiderte Samu. Schritte klapperten über den Beton, dann folgte ein gewaltiger Lärm und eine Wolke aus Schutt, die durch den Kellerraum fegte. „Sami?!", schrie Riku. „A-alles gut", kam stammelnd von Sami. „Was war das?", rief Samu. „Die Treppe ist eingestürzt", zitterte Osmos Stimme. Schluckend sah Riku zu Samu. „Wir, wir holen euch da raus", sagte Raul fest. „Ich hab irgendwo eine Leiter gesehen", fügte er hinzu, woraufhin sich die Schritte entfernten. „Rik, ich hab Angst", murmelte Samu. „A-alles wird gut", drehte Riku sich wieder zu ihm und versuchte vor allem sich selbst Mut zu machen. Er schlang seine Arme um Samu und hielt sich an ihm fest. „Ich glaube, das ist der schlimmste Geburtstag, den ich je hatte", nuschelte er. „Es tut mir so leid", erwiderte Samu leise, seine Nase in Rikus T-Shirt vergrabend. Seine Hände strichen immer wieder über Rikus Rücken. Riku ließ seine Finger in seine Haare wandern und kraulte gedankenverloren seinen Nacken. Ein weiteres Krachen ließ sie zusammen zucken. Ein Betonbrocken zersprang keine zehn Meter von ihnen entfernt auf dem Boden. „Jungs!", rief Riku verängstigt, während sie sich fester aneinanderklammerten. Wieder krachte es, eine Staubwolke vernebelte ihnen die Sicht. „Samu, griff Riku nach dessen Händen und klammerte sich daran, lehnte seine Stirn an Samus, als könne er so die Welt um sie herum ausblenden. „Du bist mir unendlich wichtig, ok", murmelte er. „Hey, Rik, wir kommen hier raus", erwiderte Samu mit zitternder Stimme. Riku nickte. „Versprochen. Ich will doch nicht als Jungfrau sterben", versuchte Samu zu scherzen. „Was? Du?", lachte Riku schräg auf. „Wehe du verrätst es", legte Samu ihm einen Finger auf die Lippen. „Werde ich nicht", wisperte Riku. Sein Atem ging flach und langsam, so nah waren sie sich. Immer wieder wanderte sein Blick zwischen Samus blauen Augen und seinen Lippen hin und her. Irgendwann hielt er es nicht mehr aus, und legte seine Lippen auf Samus. Plötzlich war alles unendlich still, doch dann begann Samu ihn zu küssen, legte seine Hände an seine Hüften und zog ihn noch fester an sich. Überraschte keuchte Riku auf, hielt sich an dem blonden Haar fest und vergaß die Welt um sie herum, bis ein lautes Rufen durch die Gewölbe hallte. „Samu?! Riku?!", wiederholte Osmo. In seiner Stimme lag die pure Angst. „Ja!", rief Samu. „Wir haben die Leiter!", schrie er. „O-ok, wir kommen zur Treppe", antwortete Samu, nahm Riku an der Hand und zog ihn mit sich. Mit wackeligen Knien kletterten sie erst über den Schutthaufen und dann die Leiter hinauf, wo die Jungs sie umständlich zu sich zogen und sie sich zu fünft schleunigst aus dem Staub machten, zurück hinaus auf die friedliche Wiese, die nun unter einem gigantischen Sternenhimmel lag. „Wir, wir haben's gepackt", fiel Riku Samu erleichtert in die Arme. „Ja", lachte dieser und suchte nach Rikus Lippen. „Hey, was", setzte Osmo an, doch Sami boxte ihm kräftig in die Seite. „Noch nie gehört, dass auch Männer sich in einander verlieben können", schnaubte er. 

Siku-One-ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt