Disclaimer:
Die hier beschrieben Ereignisse sind aus meiner Laienhand, ich bin weder Psychiater, noch Therapeut oder Betroffener, also nicht als geltende Fakten ansehen, was hier steht.
Triggerwarning:
Gewalt, Psychose
Die Straßen waren dunkle und nass. Die Straßenlichter spiegelten sich glitzernd im Wasser. Letzte Tropfen vom nächtlichen Regen schillerten auf Samus Windschutzscheibe, als er auf dem Weg vom Studio nach Hause war. Es war wunderbar still um diese Uhrzeit. Er genoss es, nach einem anstrengenden, lauten Arbeitstag endlich von Ruhe umgeben zu sein, die einzig allein von den Reifen auf Asphalt gebrochen wurde. Plötzlich streiften seine Scheinwerfer etwas schwarzes, zwei Beine, dann einen Oberkörper in weißem T-Shirt. Ein Mensch. Erschrocken trat er auf die Bremsen, die trotz seiner angemessenen Geschwindigkeit bei der Nässe zu wenig Griff hatten. Er schloss die Augen. Ein dumpfer Schlag erklang, er hörte das splittern seiner Windschutzscheibe, dann blieb der Wagen stehen und es war still. Gespenstisch still. Mit schlagendem Herzen und hektischem Atem sprang er aus dem Auto, lief darum herum und sah auf den am Boden liegenden Menschen. „Hey, hören Sie mich?", rüttelte er an ihm, zog sein Handy aus der Hosentasche und wählte den Notruf. Er fühlte den Puls des jungen Mannes, der bis auf ein paar Wunden und Schrammen äußerlich unversehrt war. Langsam und kaum spürbar nahm er das Pochen an seinem Handgelenk war. Er lebte. Er hatte ihn noch nicht tot gefahren. Noch. In seinem Kopf drehte sich alles. Ihm war schlecht. Er hatte einen jungen Menschen angefahren, der in seinem Alter war, den Großteil seines Lebens noch vor sich hatte. Zwei Rettungskräfte zogen ihn von dem Verletzten fort. Er fand sich am Heck eines Rettungswagen wieder, in eine goldene Rettungsdecke eingewickelt. Ein Polizist gesellte sich irgendwann zu ihm, nahm seine Personalien auf, wollte wissen, was passiert war. Schließlich ließ man sein Auto abschleppen und brachte ihn nach Hause.
Ein paar Tage später trudelten mehrere Briefe in seinem Postkasten ein. Einer der Polizei, in dem stand, dass der junge Mann unter einer Psychose gelitten hatte und ihn keine Schuld traf, der andere hatte den Absender einer Klinik. Verwundert riss er den Umschlag auf und begann zu lesen:
Lieber Herr Haber,
ich weiß, ich dürfte Ihnen nicht schreiben, ich hab Ihren Namen und die Anschrift aus einer unbeaufsichtigten Polizeiakte. Wirklich nicht ok, ich weiß, aber ich wollte mich bei Ihnen eigenständig melden, mich entschuldigen für den Schock, den Sie erlitten haben müssen und Ihnen mitteilen, dass bei mir so weit alles in Ordnung ist. Ich bin in einer Klinik und werde dort wegen meiner Psychosen behandelt. Mir wird es also bestimmt bald besser gehen. Ich hoffe, Sie sind ok.
Mit freundlichen Grüßen
Riku Rajamaa
Er ließ den Brief sinken und starrte an die weiße Wand seiner Küche. Er sah die braunen, welligen Haare, das blasse Gesicht, das weiße Shirt auf dem nassen Asphalt, die schwarze Skinny-Jeans. Er musste in seinem Alter sein, seine Größe haben. Und jetzt hatte er ihm geschrieben. Er litt an Psychosen. Also war er in seinem eigenen Wahn auf der Straße gelaufen? Er wollte sich nicht vorstellen, wie es sein musste seinen Kopf zu verlieren, nicht mehr zu wissen, was man tat, komplett verloren zu sein. Er strich über das Papier und landete schließlich auf dem Absender des Briefes. Eine Psychiatrie nicht weit von hier. Er schnappte sich sein Handy und googelte. Dann kopierte er die Nummer und wählte. Er hatte Glück, der Mann an der Pforte stellte ihn durch und nach einigen Minuten hatte auch die Pflegerin der Station ihn weiter gelassen. Nervosität stieg in ihm auf. Was würde ihn jetzt erwarten? „Rajamaa", melde sich eine angenehme Männerstimme. „Hallo, hier ist Samu Haber, Sie", setzte er an. „Oh, hey", klang er ziemlich überrascht. „Wie geht es Ihnen?", fragte Samu den jungen Mann. „Soweit ganz gut. Hab ein paar Schrammen und Prellungen. Gibt schönere Orte, aber ich bin hier gut aufgehoben, bekomme Medikamente, ach, das interessiert Sie wahrscheinlich gar nicht", unterbrach er sich selbst. „Doch, sonst hätte ich nicht angerufen", musste Samu schmunzeln. „Naja, ich bin auf jeden Fall in guten Händen und mit der Medikation wird es hoffentlich auch nicht so schnell und stark wieder vorkommen, dass ich vor irgendein Auto renne, weil ich denke, dass ich meinem eigenen Film bin. Wie geht es Ihnen?", wollte Riku Rajamaa wissen. „Ok, ich bin drüber weg. Ich habe mich gefreut, dass Sie mir geschrieben haben, dass ich selber nachfragen kann, wie es Ihnen geht. Ich habe mir einfach nur verdammt Sorgen und Vorwürfe gemacht", erzählte Samu. „Müssen Sie nicht", meinte Riku und Samu vermutete, dass er gerade lächelte. Eine Weile herrschte Schweigen in der Leitung. „Könnte ich Sie vielleicht besuchen? Die Klinik ist nicht wirklich weit von mir, ein paar Bahnhaltestellen", fragte Samu schließlich. „Ja, gerne, wirklich", klang Riku perplex. „Würdest du, Sie mir Ihre Nummer geben, dann schicke ich Ihnen eine Uhrzeit. Gleich habe ich erstmal Therapie", fragte er. „Ja und das Du ist ok", lächelte Samu und diktierte ihm seine Nummer. „Also dann ... Samu, bis morgen?", verabschiedete Riku sich fragend. „Ja, bis morgen, Riku", nickte Samu, auch wenn er das natürlich nicht sah. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, als er auflegte.Am nächsten Morgen konnte er sein Auto endlich aus der Werkstadt abholen und konnte so sogar mit seinem Wagen zur Klinik fahren. Er ließ den Stadtkern hinter sich und fuhr ein kleines Stück in den Wald, bis er auf dem Parkplatz der Klinik hielt. Er sah sich um. die Psychiatrie befand sich in mehreren relativ modernen, schlichten Gebäuden, die vor allem weiß gestrichen war und einzelne bunte Farbstreifen an den Fassaden hatten. Hätte er die Gebäude nicht schon einmal gesehen, wäre er vermutlich überrascht gewesen, schließlich stellte man sich unter einer Psychiatrie meist einen gruseligen Ort vor. Er bahnte sich seinen Weg zum Haupteingang, wo Riku warten wollte. Schon aus der Ferne meinte er schließlich seine Gestalt und die braunen Haare zu erkennen. Er war es tatsächlich, stellte er fest, als er näher kam. „Hey", begrüßte er ihn und zog ihn nach kurzem Überlegen in eine Umarmung. „Hey, schön, dass du mich besuchst", sah Riku ihn an. „Gerne", lächelte Samu. „Du bist leider auch der einzige, aber du sollst mich jetzt bitte nicht bemitleiden", meinte Riku. „Wohnen deine Eltern nicht hier?", war Samu verwundert. „Ich hab keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern", sagte Riku, als wäre es das normalste der Welt. „Oh, und Freunde, deine Freundin?", machte Samu. „Hab keine", lächelte Riku. Samu hob besorgt die Augenbrauen. Ihn traf die Selbstverständlichkeit, mit der Riku diese harten Sachen aussprach. „Dabei siehst du echt gut aus", meinte er. Riku zuckte mit den Schultern. „Bin einfach nicht der angenehmste Charakter", sagte er. „Find ich bis jetzt schon", wiedersprach Samu. „Hör auf", schüttelte Riku beinahe verlegen den Kopf. „Wenn du unbedingt willst", lächelte Samu. Es fühlte sich an, als kannten sie sich schon seit einer Ewigkeit. „Was machst du so?", wollte er wissen. „Hier oder sonst?", hakte Riku nach. „Sowohl als auch", schlug Samu vor. „Hier liege ich viel im Bett, hab Therapien, lese viel. Und sonst spiel ich Gitarre, verdien mit kleinen Gigs in Bars und Kneipen meinen Lebensunterhalt. Komponiere hin und wieder selbst", hob er die Schultern. „Echt? Ich spiel auch Gitarre, singe und schreibe für meine Band", erwiderte Samu erstaunt. „Bist du gut?", wollte er wissen. „Weiß nicht", meinte Riku. „Na wenn du damit dein Geld verdienst schon etwas, denke ich", beantwortete Samu sich seine Frage irgendwie selbst. „Hättest du Lust mal mit zu einer Probe zu kommen? Uns fehlt noch eine Leadgitarre, seit unser alter Gitarrist keinen Bock mehr auf uns hatte", sah Samu ihn fast hoffnungsvoll an. „Echt jetzt?", machte Riku perplex. „Ja", zuckte Samu mit den Schultern. „Ja, super gerne", strahlte Riku. „Vorausgesetzt ihr wollt mit einem Psycho arbeiten", fügte er hinzu. „Jetzt mach dich doch nicht immer so schlecht. Dir wird doch hier geholfen, das wird schon und die anderen sind echt locker", versicherte Samu. „Gut, wenn du meinst, komme ich mal vorbei", meinte Riku. „Hast du Lust ein bisschen über das Gelände zu gehen? Richtig raus darf ich nicht", schlug er anschließend vor. „Klar", setzte Samu sich in Bewegung. Sie gingen am Haupthaus vorbei an einigen gepflegten Blumenbeeten entlang. Darin wuchsen vor allem Rosen, aber auch Lavendel und andere blühende Pflanzen. Sie kamen an mehreren Nebengebäuden vorbei. „Ich wusste nie, dass frische Luft so gut tut", seufzte Riku. „Durftest du nicht raus?", fragte Samu verwundert. „Ich bin auf einer geschützten Station, heute ist mein erster Tag mit Ausgang", antwortete Riku. „Oh", machte Samu und wusste nicht, was er dazu noch sagen sollte. „Ist für mich nicht wirklich ein Problem, ich war eh die meiste Zeit Zuhause", meinte Riku. „Ich würde das nicht aushalten. Du hast aber schon Therapien? Ich hab mal gehört, dass man auf der Geschlossenen nichts hat", wollte Samu wissen. „Also bei uns kommt manchmal so ein Sporttherapeut vorbei, dann haben wir Visite und ich hatte halt auch ne Menge Arztgespräche und so eine Art Therapie", erzählte Riku. „Oh, ok", lächelte Samu. „Hast du eigentlich noch Kontakt zu deiner Familie? Hast du Geschwister?", wollte Riku nun interessiert wissen. „Ja, zumindest zu meiner Mum, meiner Schwester und meinem Bruder. Wir verstehen uns echt gut", erwiderte Samu. „Das ist schön", kommentierte Riku lächelnd. „Und eine Freundin?", fragte er. Samu schüttelte den Kopf. „Siehst aber auch nicht schlecht aus", merkte Riku an. „Hab halt viel zu tun, seit wir unser erstes Album rausgebracht haben und irgendwie nie den richtigen kennengelernt", meinte er. Riku nickte, ihn musternd. „War das ein Versprecher?", fragte er dann. „Hm?", machte Samu verwirrt. „Den richtigen?", wiederholte Riku mit einem Lächeln. „Ach so, nein", lächelte Samu schüchtern zurück. Sie erreichten wieder den Eingang des Haupthauses und Riku warf einen Blick auf seine Uhr. „Musst du wieder rein?", deutete Samu die Geste richtig. „Ja, tut mir leid", nickte Riku. „Kein Problem, war schön mit dir", meinte Samu lächelnd. „Ja", erwiderte Riku. „Ich, ich wird dann mal", deutete er zum Eingang, nach dem sie sich einen Moment unbeholfen angesehen hatten. „Ja", wandte auch Samu sich zum Gehen und winkte, ehe er zurück Richtung Parkplatz ging.Es war nun etwa einen Monat her, dass Riku seine fatale Psychose hatte. Mittlerweile war er aus der Klinik entlassen und wurde ambulant weiter behandelt. Samu und er hatten sich hin und wieder gesehen und einen Tag nach seiner Entlassung ausgemacht, an dem er Riku der Band vorstellen würde. Nun stand Riku etwas nervös vor einem alten Backsteinhaus ein Stück außerhalb Helsinkis und wartete. Einige Zeit später sah er einen schwarzen BMW in die Auffahrt waren. Das Auto, das ihn getroffen haben musste und ihn unwahrscheinlich glimpflich davonkommenlassen hatte. Ein großer, blondhaariger Mann stieg aus. Schlagartig legte sich ein Lächeln auf seine Lippen, als er Riku sah. Mit einigen Schritten kam er auf ihn zu und zog ihn in eine kurze Umarmung. „Wie geht es dir?", wollte er wissen. „Ganz gut, bisschen aufgeregt", gab Riku zu. „Die sind wirklich alle super nett und ich habe ihnen das wichtigste erzählt", versuchte Samu ihm die Nervosität etwas zu nehmen. „Ja, wird schon", nickte Riku lächelnd. Sie betraten das alte Gebäude, folgten einem relativ dunklen Gang zu einer alten Holztür, hinter der das Studio der Band lag. Samu zog sie auf und ließ Riku herein. Er folgte. Neugierige Blicke musterten sie, oder vor allem Riku. „Hey, ich bin Raul, ich spiele Bass", stellte sich ein eher kleiner Mann mit dunklem Bart ihm vor. „Riku", erwiderte Riku lächelnd. Er nickte. „Das sind Jukka, Produzent, Sami, Schlagzeuger und Osmo, unser Keyboarder, der auch noch nicht so lange dabei ist", übernahm Samu es, die anderen Bandmitglieder vorzustellen. „Hey", meinte Riku und hob etwas unsicher die Hand. „Magst du was vorspielen?", fragte Jukka mit neugierigem Blick. „Ok", hob Riku die Schultern. Samu sah sich um und griff sich eine seiner besseren E-Gitarren, die er ihm hinhielt und dann an einen Verstärker schloss. Riku prüfte kurz, ob sie gestimmt war, dann legte er los. „Wow", meinte Jukka anerkennend und Samu nickte. „Du bist krass gut", meinte er. „Danke", murmelte Riku verlegen. „Meinst du, du schaffst es dich in unsere Lieder einzuspielen? Wir haben nämlich bald Deadline fürs Album und dann auch irgendwann eine Tour", fragte Jukka. „Ja, sollte ich schaffen", meinte Riku nickend. „Echt, das wäre super cool", freute sich Jukka. Die gleiche Begeisterung spiegelte sich in den Gesichtern der restlichen Band und gleichzeitig spürte man, die Erleichterung, die plötzlich in der Luft lag.Nachdem sie direkt losgelegt hatten, um keine Zeit zu verlieren, saßen sie jetzt zusammen und überlegten zum Kennenlernen noch etwas trinken zu gehen. Schließlich nahmen sie ihre Jacken und gingen die Straße hinunter zu einer kleinen Bar, die in einem beige verputzten, etwas jüngeren Haus als ihr Studio, lag. Über der Tür hing das Logo einer Biermarke und daneben prangte in leuchtenden Neonröhren der Name des Lokals. Sami zog die Tür auf. Das Innere war in dunklem Eichenholz gehalten, wurde von einzelnen gelblichen Glühbirnen beleuchtet, die eine warme Atmosphäre spendeten. Mittig wurde der Raum von einer Art Trennwand geteilt, die aus dickem Fichtenholz bestand und in deren Einbuchtungen unterschiedliche, bunte Blumentöpfe standen. Links von ihnen befand sich eine große Theke, über der diversen Gläser hingen und darauf warteten benutzt zu werden. Die Band nahm an einem Ecktisch mit gemütlicher Sofanische platz und bestellte eine Runde Bier und eine Schorle für Riku, der auf Grund der Erkrankung und der Medikamente kein Alkohol trinken durfte. „Lasst uns doch so etwas wie WWOP spielen, so zum Kennenlernen", schlug Osmo vor. „Klingt gut", nickte Jukka euphorisch. „Ihr seid verrückt, oder?", lachte Riku, schien aber nicht abgeneigt. „Möglich", grinste Samu. „Ok, Samu fängt an", entschied Jukka. „Wer ist dein aktueller Crush?", wollte Sami mit funkelnden Augen wissen. „Hey, das ist unfair. Das ist doch keine Kennlernfrage", beschwerte der Blondschopf sich. „Uhh, dann ist es wer, den wir kennen", grinste Jukka. „Na schön, dein Lieblingstier, das weiß ich übrigens auch nicht", lenkte Sami ein. „Katze, wieso sollte ich sonst welche haben", meinte Samu. „Ok, wer ist jetzt dran?", leuchteten Jukkas Augen. „Riku", entschied Samu. Eine Weile wurden harmlose Fragen beantwortet, vom Lieblingstier bis hin zu Fragen zu Rikus Erkrankung. „Sollen wir nicht doch richtig spielen?", warf Jukka nach einiger Zeit mit etwas gelangweilter Stimme ein. „Meinetwegen", meinte Raul. Ein Schulterzucken ging durch die Runde. „Ok", meinte Osmo. „Samu ist dran", fügte er hinzu. „Die Frage vom Anfang", blitzten Jukkas Augen auf. Ein Seufzen kam über die Lippen des Sängers. „Riku", gab er schließlich zu und sah den Gitarristen etwas ängstlich an. „Oh", machte dieser, während ein Raunen durch die Runde ging. „Sami ist dran", lenkte Samu eilig vom Thema ab und bekam noch einmal wissende Blick zugeworfen.Nach Mitternacht gingen die sechs schließlich wieder zurück zu ihren Autos auf dem Parkplatz vor dem Studio. „Samu?", hielt Riku den Sänger auf. Sami und Jukka warfen sich schelmische Blicke zu und grinsten einander an. „Kannst du mich vielleicht bei mir absetzten? Ich darf kein Auto fahren und die letzte Bahn ist wahrscheinlich schon weg", fragte er hoffnungsvoll. „Klar", lächelte Samu und hielt ihm eilig die Beifahrertür auf. „Danke", meinte Riku verlegen und stieg ein. Ein komisches Gefühl durchzog ihn, als ihm bewusst wurde, dass er gerade in dem Wagen saß, der ihn angefahren hatte, als er in seinem Wahn war. „Tut mir leid, dass ich dir vors Auto gelaufen bin", murmelte er, als Samu um den Wagen herum war und auf dem Fahrersitz saß. „Das hatten wir doch schon. Dir geht es gut und ich muss mir keine Vorwürfe machen, alles gut", sagte Samu, während er sich anschnallte. „Ok, trotzdem", seufzte Riku und sah aus dem Fenster auf die bröckelnde Wand des Studios. „Oh, hey, wir müssen nicht mit dem Auto fahren", dämmerte Samu, was los war, als er endlich zu Riku sah. „Doch, schon gut, es ist nur komisch", schüttelte Riku den Kopf. „Du bist von hier gekommen oder?", fragte er. Samu nickte mit zusammengepressten Lippen. „Wie, wie war es bei dir?", wollte er vorsichtig wissen. „Ich war alleine Zuhause, konnte nicht schlafen und dachte frische Luft würde mir gut tun", erzählte Riku mit einem Seufzen. „Hm", nickte Samu und entschied sich nicht weiter nachzufragen. „Darf ich dich noch etwas anderes fragen?", sah Riku, den Kopf zur Seite gelehnt, zu ihm. Samu nickte lächelnd. „Wegen dem Crush", setzte Riku an. „Oh", murmelte sein Gegenüber. „War das ernstgemeint?", wollte Riku wissen. „Ja", zuckte Samu verlegen mit seinen Schultern. Ein Lächeln schlich sich auf Rikus Lippen. „Mir, mir geht es ähnlich", legte er eine Hand zögerlich in Samus Nacken und spielte mit den blonden Haarsträhnen. „Oh", machte Samu erneut. Nach einer Weile, in der die Welt um sie herum verstummte, rückte er näher an ihn heran und legte seine Lippen vorsichtig auf Rikus. Seine rechte Hand vergrub sich seinerseits in den braunen Locken, während Riku den Kuss intensivierte. Er strich mit seiner Zunge über Samus Lippen, bis dieser sie öffnete. Sie versanken in ihrer Zweisamkeit. Rikus andere Hand wanderte an seine Hüfte und Samus auf dessen Brust, strich seinen Oberkörper hinab, bis auf Rikus Mitte und ließ ihn aufseufzen. Seine Finger kribbelten. Der Jeansstoff war rau, als er darüber strich, ebenso rau wie die Zunge, die immer wieder gegen seine stieß, und die doch so weich war. Samu hob seinerseits seine freie Hand und ließ sie in Rikus Haaren verschwinden, löste für einen kurzen Augenblick den Kuss und sah in die glänzenden, regengrauen Augen. Als spiegelten sie die Nacht, in der sie sich das erste Mal getroffen hatten, in einer Situation, die kaum unschöner hätte sein können. Doch Riku lebte und er war hier, bei ihm, in seinen Armen. Samu traute sich nicht, die Worte in seinem Kopf auszusprechen, weshalb er lieber wieder den Kuss aufnahm und ihm so seine Gefühle zeigte. Nun fuhr Rikus Hand von seiner Hüfte auf seine Mitte, strich über Samus Jeans, ehe er diese ganz langsam aufknöpfte, immer auf Samus Reaktion bedacht. Samu seufzte nur und ließ seine Hand unter Rikus Shirt gleiten, wo er über die glatte, warme Haut strich. Riku hatte inne gehalten, als traute er sich nicht, einen Schritt weiter zu gehen. Samu löste den Kuss erneut und ließ seinen Kopf auf Rikus Schulter sinken. „Sollen wir fahren?", murmelte er. „Ok", hauchte Riku, während er ihm eine Haarsträhne aus den Augen strich. Samu knöpfte eilig seine Jeans wieder zu, dann ließ er mit einem Lächeln den Motor an und rollte vom Parkplatz hinunter auf die Straße. Er fuhr die Route durch die Innenstadt. Sie hatte den Nachteil, dass, egal wann man fuhr, immer etwas los war, doch so waren sie schneller und mussten nicht an der Unfallstelle vorbei. Das wollte er gerade ihnen beiden ersparen. „Soll ich dich bei dir absetzen oder magst du ... würdest du ... bei mir bleiben?", fragte er und warf einen kurzen Blick zu Riku, über dessen Gesicht Muster aus Licht und Schatten der Laternen zogen. „Wenn du magst, würde ich gerade lieber bei dir sein", meinte Riku leise, dass seine Stimme gerade so über den Motorenlärm zu hören war. „Mag ich", lächelte Samu und setzte den Blinker, um abzubiegen. Seine Wohnung lag in einem Mehrfamilienhaus, dessen weißbläulicher Putz unter den Erdgeschossfenstern schon etwas bröckelte, doch an sich ziemlich neu aussah. Die Fenster hatten schwarze Rahmen und auch die Tür hatte man in der passenden Farbe neu lackiert. Er schob den Schlüssel ins Schloss und hielt Riku die Tür auf. Das Treppenhaus hatte eine reine, weiße Tapete, doch an der ausgetretenen Treppe mit wackeligem Geländer, merkte man, dass das Haus schon einige Jahre mehr auf dem Buckel hatte. Vor seiner Wohnungstür strich Samu sich die Schuhe von den Füßen, ehe er aufschloss und die zwei jungen Männer eintraten. Es lag noch ein leichter Geruch des morgendlichen Kaffees in der Luft. Riku sah sich um. Die Einrichtung des Flurs war schlicht, doch als sie das Wohnzimmer betraten, fiel ihm das Chaos beinahe entgegen. Samu hatte zwei kleine Sofas aus hellgrauem Stoff relativ mittig im Raum stehen, doch beide waren unter Wäsche- und Papierhaufen weitestgehend bedeckt. Samu schob die Sachen herunter, nahm die Wäsche auf den Arm und brachte sie vermutlich ins Badezimmer – oder ins Schlafzimmer. Bei dem Gedanken an sein Schlafzimmer lief Riku unwillkürlich ein kleiner Schauer den Rücken hinunter. Eilig versuchte er die Gedanken zu verdrängen. Sie waren lange nicht so weit. Das hatten sie erst vorhin im Auto festgestellt, beinahe wortlos. „Hey, alles ok? Kann ich dir einen Tee oder Kaffee machen?", kam Samu zurück und legte seine Arme auf die Rückenlehne des Sofas, um Riku anzusehen. „Ja, einen Tee gerne", lächelte er ihn dankbar an. Samu stieß sich ab und kam eine Weile später mit einer dampfenden Tasse Minztee zurück. Wärmend legte Riku seine Hände darum. „Danke", flüsterte er gegen das grünliche Wasser, während er pustete. Samu ging um das Sofa herum und setzte sich neben ihn. „Kann ich sonst was für dich tun?", wollte er wissen. „Nein, alles gut. Aber lieb von dir", lächelte Riku. „Ok", ließ Samu sich zurück in die Polster sinken, ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen. Eine Weile schwiegen sie. Riku betrachtete den Alten Röhrenfernseher auf der Kommode gegenüber der Sofas. Auf dem etwas rundlichen Bildschirm waren einige Kratzer. „Darf ich dich was fragen?", brach Samu schließlich die Stille. „Klar", drehte Riku endlich den Kopf zu ihm und sah ihn abwartend an. „Wie ist das, wenn du eine Psychose hast?", wollte er wissen. Riku holte Luft und stieß sie dann langsam wieder aus. „Naja, ich hatte erst zwei. Beide Male habe ich so eine Art Lichtball gesehen, der mich verfolgt hat. Meine Mutter, also eher ihre Stimme, hat mir gesagt, dass ich mich davor in Acht nehmen muss und einen gewissen Erlöser finden muss. Als ich auf der Straße wieder zu mir gekommen bin, haben mir die Sanitäter zwar gesagt, dass ich von einem Auto angefahren wurde, aber in meinen Erinnerungen, war es diese Lichtkugel. Eben im Auto, habe ich dann für einen winzigen Moment gedacht, dass ich mich freiwillig meinem Feind ergeben habe, aber dann warst du da und es war nur noch ein merkwürdiges Gefühl in genau dem Wagen zu sitzen, der mich angefahren haben soll", erzählte Riku. „Oh. Krass", stammelte Samu und wusste nicht so recht, was er sagen sollte. „Musst nichts sagen", lächelte Riku, als hätte er seine Gedanken lesen können. „Ok. Darf ich dich noch etwas fragen?", fragte Samu leise. „Immer", lachte Riku, nahm eine Hand von der warmen Teetasse und strich Samu durch das wirre blonde Haar. „Ich mag deine Haare", gab er schmunzelnd zu und brachte auch Samu damit zum Lächeln. „Hattest du schonmal ... was mit einem Mann? Oder wusstest du es vorher?", stellte er die andere Frage, die in seinem Kopf schwirrte. „Ich würde nicht behaupten, dass ich es wusste, mir war es eher egal, vor allem, weil ich davon ausgegangen bin, dass mich eh nie jemand lieben könnte. Ich hatte nur mal etwas mit einem Mädchen, das ist bestimmt fast zehn Jahre her, also nein", schüttelte Riku den Kopf, den Blick nachdenklich an Samu vorbei gerichtet. „Dich brauche ich nicht fragen, oder?", wanderten seine Augen wieder zu ihm. „Nicht wirklich. Mit dir fühle ich mich aber irgendwie, als hätte ich noch nie eine Erfahrung in die Richtung gemacht", gab er zu. Riku schien nicht zu wissen, was er darauf erwidern sollte, denn er schwieg und kuschelte sich an seinen Tee, nahm ihn wieder richtig war und begann nun daran zu nippen, ehe er wieder kalt war. Wieder legte sich schweigen über sie, bis Samu zögerlich zu ihm auf die andere Sofaseite rutschte und das Rascheln des Stoffes die Stille brach. Etwas unbeholfen kuschelte er sich an Riku und legte den Kopf auf seiner Schulter ab. Nach einer Weile stellte Riku die leere Teetasse beiseite und legte seine Arme um ihn und nahm seine Hände, um diese mit seinen zu verschränken. Seufzend schloss Samu seine Augen, sog die Nähe auf und hatte das Gefühl, dass in diesem Moment die letzten traumatischen Wunden in seinem Herzen geheilt wurden.Am Morgen, als die Sonne ihre ersten Strahlen durch das Fenster schickte, fanden sie sich aneinander gekuschelt auf dem kleinen Sofa liegend wieder. Erschrocken suchte Samu nach seinem Handy. „Mist, ich muss ins Studio", rief er aus, als er es gefunden hatte und löste sich von Riku, um seine Kleidung zurecht zu rücken. „Ich nicht?", fragte Riku verwundert, setzte sich ebenfalls auf und wuschelte sich durch das zerzauste braune Haar. „Doch, ja, du erstrecht", meinte Samu, ohne ihn richtig anzusehen. Er hatte drei verpasste Anrufe und unzählige Nachrichten der Jungs. „Hey, komm runter", legte Riku ihm die Hände auf die Schultern. „Wir setzen uns jetzt ins Auto und fahren ins Studio, ohne Stress, auf die Minuten kommt es jetzt auch nicht mehr an", meinte er und sah Samu mit eindringlichem Blick an. Samu seufzte mit einem Nicken. „Danke", murmelte er, ehe sie sich auf den Weg machten. Eine knappe halbe Stunde später parkten sie vorm Studio. Trotz Rikus kleiner Anweisung hatte Samu es nicht lassen können unruhig und unaufhörlich mit den Fingern aufs Lenkrad zu trommeln. Kurz bevor er die alte Holztür aufschließen konnte, zog Riku ihn in eine feste Umarmung. „Du machst mich noch verrückter, als ich eh schon bin", nuschelte er an Samus Ohr, während er seinen Kopf auf dessen Schulter ablegte. Samu seufzte. „Tut mir leid. Die Band bedeutet mir so viel und ich habe so viel hineingesteckt, dass ich wirklich Angst habe jetzt alles wieder zu verlieren, wenn wir nichts liefern", erwiderte Samu leise. „Verstehe ich", strich Riku ihm über den Rücken und konnte spüren, dass Samu sich zumindest etwas entspannte. „Ok", löste er sich schließlich und ließ Samu die Tür öffnen, so dass sie endlich zu den Jungs ins Studio treten konnten. „Zu lange rumgemacht?", begrüßte Jukka sie mit einem fetten Grinsen auf den Lippen. „Haha, Juk", schlug Samu ihm sofort freundschaftlich gegen den Hinterkopf. „Lasst mal lieber anfangen", mischte Raul sich ein, der schon die Anzeichen einer neckischen Kabbelei witterte. Doch sie mussten arbeiten und hatten so einiges aufzuholen, vor allem ihr Neuzuwachs Riku, den Samu anscheinend sofort ins Herz geschlossen hatte. Und so wie Riku ihn gerade ansah, traf das auch auf ihn zu.Erschöpft aber zufrieden ließen sie sich nach getaner Arbeit auf die schwarzen Ledersofas im Studio fallen. Die Sonne war lange untergegangen und nun beleuchtete eine alte, funzelige Glühbirne den Raum. Gähnend legte Samu seinen Kopf auf Rikus Schulter. Hier draußen, wo das Studio lag war es angenehm still und hier, im Inneren war zwar so einiges heruntergekommen, aber es war gemütlich und sicher und Riku saß bei ihm, konnte ihm nicht noch einmal vor das Auto laufen. Riku strich Samu durch die blonden Haare, streichelte dann sanft über seinen Arm. So dunkel wie alles zu werden schien, war es gar nicht. Nein, er saß in einer gleißenden Lichtkugel. Riku schreckte auf. Um ihn wirbelten grelle Lichtblitze. Das Studio bewegte sich und keiner der anderen Tat etwas. „Du musst es tun, Riku, du musst es tun", sagte seine Mutter. Riku stand auf, doch zwei strake Arme hielten ihn fest. Er wehrte sich. „Ich muss helfen, wir werden untergehen, ich muss die Welt retten, Samu lass mich, wir sterben sonst", versuchte er sich loszureißen, doch Samu war stärker als er. Immer wieder versuchte er ihn davon zu überzeugen, während das Licht um ihn immer heller und anstrengender wurde, dann packten ihn mehrere Arme, Schlingen legten sich um Arme und Beine, doch irgendwann wurde er ruhiger. Sein Atem ging wieder regelmäßiger und langsam konnte er die Augen wieder öffnen. Er lag in einem weißen Bett, in einem weißen Raum. Seine Arme und Beine waren fixiert. Dann schweifte sein Blick nach links, wo ein blondhaariger junger Mann neben seinem Bett saß und seine Hand hielt. Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen, während in seinen Augen Besorgnis funkelte. „Hey, wie geht es dir?", fragte er leise. „Ok, erschöpft", seufzte Riku. „Es tut mir so leid, plötzlich", setzte er an, doch Samu legte ihm einen Finger auf die Lippen und brachte ihm zum Schweigen. „Entschuldige dich nicht. Ich liebe dich, genau so wie du bist", sagte er. Rikus Augen wurden groß, sein Herz stolperte. „Danke, ich, ich dich auch. Das, es bedeutet mir so viel, dass du mich so nimmst wie ich bin, dass du mich nicht verurteilst, nach allem was passiert ist", sagte er, doch Samu unterbrach ihn abermals. „Ich weiß", hauchte er und legte seinem Lippen auf Rikus. „Das wird schon. Und ich lass dich ganz bestimmt nicht allein", lächelte er. Seufzend richtete Riku sich auf und küsste ihn ein weiteres Mal, sagte mit seinem Blick, als sie sich wieder lösten, alles, was ihn gerade überwältigte. Draußen vor dem Fenster der Klinik herrschte tiefste Nacht, deren Dunkelheit ihm gerade so willkommen war, wie das Meeresblau in Samus Augen und das Lächeln auf seinen Lippen, wenn sie sich küssten.
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Siku-One-Shots
FanfictionSammlung von Siku (SamuxRiku) One-Shots und Hot-Shots. !Stories mit * sind P18! One Shot: „I gotta knooo-ooow if you'll be my boy", sang Samu und sah mich an. Ich denke, wenn er den Blick einer Frau zugeworfen hätte, sie wäre dahingeschmolzen. Doch...