Steal This Car

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Die letzten Sonnenstrahlen spiegelten sich in den Fenstern des gegenüberliegenden Gebäudes, während wir im Studio hockten, um eigentlich Rauls Geburtstag zu feiern. „Und jetzt?", fragte Osmo gelangweilt in die Runde. „Wenn die Tour nicht stattfindet, gibt es nichts zu feiern", meinte Raul. Die Tür flog auf. „Alles gut, Leute, da hat sich einer verlesen", platzte Mikko herein. Allgemeine Erleichterung flutete den Raum und ließ uns aufatmen. „Dann lasst uns feiern, ich hab schon eine Idee für ein Spiel", wackelte Sami mit den Augenbrauen. „Schieß los", sah Raul ihn an. „Also", begann Sami und faltete die Hände, als würde er eine Predigt halten. „Geheimnis oder Pflicht. Wir drehen eine Flasche und wer dran ist, muss entweder ein Geheimnis verraten oder eine Pflichtaufgabe machen", erklärte Sami. „Wer hat sich das denn ausgedacht", verzog ich den Mund zu einem Grinsen. „Keine Ahnung, hab ich von einer anderen Geburtstagsfeier", hob Sami die Schultern. „Na gut, Challenge excepted", meinte Raul und schnappte sich eine Falsche, die er über den Parkettboden drehte. „Osmo, Geheimnis oder ... du erzählst die peinliche Situation von letztens noch mal", forderte er. Osmo verdrehte die Augen und stieß die Luft aus. „Ich bin mir einen Kaffee holen gegangen und auf dem Rückweg dem Plattenboss in die Arme gestolpert, weil ich auf das Poster von einer hübschen Sängerin geschaut hab", schnaubte er. Dann drehte er eilig die Flasche. „Samu, Geheimnis oder küssen", lallte Osmo. Bei mir drehte sich alles. Wir hatten schon viel zu viel Alkohol in uns hinein geschüttet. „Rik, I'm the only friend that makes you cry", sah Samu mich an. Ich schluckte, während der Rest der Band natürlich nichts verstand. „Das ist doch kein richtiges Geheimnis", maulte Raul. „Doch, schon", verteidigte ich Samu. Er war derjenige, der mich nachts zum Weinen brachte, wenn ich an ihn dachte, und seit einiger Zeit wusste er es, weil er mich auf Tour immer wieder erwischt hatte, mich getröstet hatte und schließlich irgendwann wissen wollte, warum ich überhaupt heulte wie ein Schlosshund. Wegen dir, waren meine Worte und damit aber auch der einzige Kommentar, den er bis jetzt von mir dazu hatte. „Ist das irgendein Code oder so?", wollte Sami wissen. Samu hob die Schultern und drehte statt einer Antwort die Falsche. „Rik, Geheimnis oder ... küssen", sagte er. Raul wollte schon protestieren, weil er das gleiche nahm wie Osmo, doch ich unterbrach ihn, indem ich mich erhob. Ich stellte mich vor Samu, beugte mich zu ihm herunter und legte meine Hände an meine Wangen, um dann vorsichtig meine Lippen auf seine zu legen. Eine Weile schien die Welt still zu stehen, bis Samu begann seine Lippen gegen meine zu bewegen und mich mitriss. Meine Knie wurden weich und ehe ich zusammensacken konnte, ließ ich mich eilig auf seinen Schoß fallen. Meine Hände rutschten auf seinen Rücken und klammerten sich daran fest. „Jungs, ist gut, wir wollen keinen Porno", zerschnitt Osmos Stimme die Stille und ließ mich schluckend aufstehen. Eilig, mit gesenktem Blick, setzte ich mich wieder auf meinen Platz. „Jungs, was war das?", fragte Sami mit schiefem Blick. „Nichts", murmelte ich, noch immer den Boden fixierend. „Wenn das ernst sein sollte, schlagt es euch aus dem Kopf, das kann nicht gut gehen", mahnte Raul. „Warum? Weil wir zwei Männer sind?", fauchte Samu. „Weil ihr in einer Band seid! Und, ja, mit so einer Beziehung einen ordentlichen Shitstorm auslöst", knallte Sami zurück. „Den Shitstorm macht doch ihr! Aber wenn du's ernst haben willst – Ich liebe Riku", stand Samu auf. Ruckartig hob ich den Kopf, sah ihn ungläubig an. Wenn ich schon mit seinem ersten Satz nicht gerechnet hatte, dann damit erst recht nicht. „Sagst du nach einem Kuss", lachte Raul. „Fickt euch doch!", schrie Samu, sprang über das Sofa und zur Tür hinaus. „Samu!", rief ich und eilte ihm hinterher. „Was?", setzte ich an, wurde aber unterbrochen. „Komm", nahm Samu meine Hand, fischte einen Schlüssel aus der Tasche und öffnete Samis Auto. Überrumpelt sah ich ihn an, während er mich auf den Beifahrersitz zerrte. „Lass uns bis ans Ende der Welt fahren!", lachte er. „Jungs, hey, ihr könnt aufhören", schnipste jemand neben meinem Ohr. Ich fand mich auf Samus Schoß wieder. „Rik", sprach Samu mich an. „Ähm", machte ich. „Wohin hast du dich wieder geträumt?", fragte Samu lächelnd und strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn, während ich versuchte zu rekonstruieren, ab wann ich getagträumt hatte. „Ja, ich hab dich echt geküsst", half Samu mir wispernd auf die Sprünge. Ab da an also, der Teil war ja auch mehr als absurd. Seufzend und lachend ließ ich meinen Kopf an seine Schulter sinken. „Kann ich hier sitzen bleiben?", murmelte ich. „Klar", hauchte Samu. „Cute", ließ Osmo langezogen vernehmen. „Endlich", seufzte Sami. „Ein schöneres Geburtstagsgeschenk hättet ihr mir nicht machen können", lächelte Raul und ließ mich den Kopf heben. „Ihr habt kein Problem damit?", fragte ich vielleicht etwas zu ungläubig. „Nein, Riku, was denkst du denn von uns", lachte Osmo. Ich hob die Schultern und schüttelte den Kopf. Das wusste ich auch nicht.

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