Vivi *

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„Samu? Kommst du?", kam Sami in den Raum. Ich holte tief Luft und stand auf. Mein Herz pochte wild, als ich ihm zum Bühnenaufgang folgte. Vivi lehnte an der Wand und lächelte mich an. „Du schaffst das", meinte sie. Doch sie wusste nicht woher meine Nervosität kam. Es war eine Show wie jede andere, doch sie war es nicht. Sie war hübsch, bezaubernd, einfach wundervoll, auch charakterlich. Einfach zum Verlieben – wenn man denn an Frauen interessiert war. Ich erwiderte das Lächeln knapp, nahm meine Gitarre entgegen und folgte den anderen auf die Bühne.

Verschwitzt aber zufrieden mit der Show ließen wir uns im Backstage auf die Bänke fallen und gönnten uns etwas Wasser, davon konnte man an solchen Abenden nie genug trinken. Vivi setzte sich neben mich. „Kommst du auch duschen?", fragte Riku mich. Er hatte sein Handtuch in der Hand. „Komm gleich nach", meinte ich. Etwas zu lang lag mein Blick auf seinem freien Oberkörper, ehe ich wieder zu Vivi sah. „Ich, also, ich wollte dich fragen, ob wir mal wieder alleine etwas machen wollen. Ich würde dich gerne zum Essen einladen", sagte sie und strich sich die blonden Haare hinters Ohr. „Ja, gerne, aber Vivi", stammelte ich und senkte den Blick. „Was ist?", fragte sie verwundert. „Es, es ist kein Date, ok?", sah ich mit pochendem Herzen wieder auf. „Wieso nicht? Du -Wir – Hast du schon jemanden?", konnte ich sehen, wie das Glänzen in ihren Augen durch einen traurigen Schimmer ersetzt wurde. Ich schüttelte den Kopf. Erneut wanderte mein Blick zu Boden. „Was dann? Hat es mit mir zu tun?", flüsterte Vivi ängstlich. „Nein", schüttelte ich wieder den Kopf. Wenn die Situation nicht so ernst wäre, hätte ich wohlmöglich geschmunzelt. Sie war noch immer süß. „Vielleicht", seufzte ich. „Samu", stieß sie die Luft aus. Ihre Stimme zitterte. „Du bist hübsch, du bist nett, lieb und ich mag dich sehr, nur", setzte ich an. „Samu?! Ab duschen, wir müssen weiter!", betrat Mikko entsetzt den Raum, als er mich noch immer verschwitzt antraf. „Sorry", erhob ich mich, nahm mein Handtuch, warf Vivi einen entschuldigenden Blick zu und verschwand in die Gemeinschaftsdusche nebenan. Eilig streifte ich meine Sachen vom Körper und hängte sie an einen freien Haken. Mit gesenktem Blick ging ich zu einem der Duschköpfe und drehte das Wasser auf. Ich starrte die Wand an, so dass niemand meine bebende Brust bemerkte. Das Wasser rann warm über meine Körper, der sich so kalt anfühlte. Tief sog ich die feuchte Luft ein und versuchte mich zu beruhigen. „Samu, alles ok?", legte sich eine Hand an meine Schulter und drehte mich ein Stück zu sich. Rikus Blick lag besorgt auf mir. Ich wandte den Kopf. Der Raum war leer. Die anderen Jungs zogen sich schon wieder an. Ich schüttelte den Kopf und ließ mich gegen die kühlen Fliesen sinken, die nun in meinem Rücken waren. Die Tropfen prasselten in mein Gesicht, ließen Riku verschwimmen. Er sah mich noch immer an. Seine grauen Augen. Wieso tat er das? „Rik, wir müssen los", riss ich mich zusammen, stieß mich ab und ging an ihm vorbei zu meinem Handtuch, trocknete mich eilig ab und band es mir um die Hüfte, um den Raum zu verlassen.

Vivi saß noch immer auf der Bank. Sofort lagen ihre Augen auf mir und musterten mich. Sie wollte eine Antwort. Ich ließ das Handtuch sinken. Es war mir egal, ob sie mich komplett nackt sah. Ich schnappte mir meine Sachen, zog sie schnell über, packte den Rest ein, um zum Bus zu gehen. Ich brauchte sie nicht darum bitten mir zu folgen. Riku war hinter uns und stieg ein. „Gibst du uns eine Minute, Mik?", sah ich unseren Manager, der nur noch auf uns draußen wartete, bittend an. Seufzend willigte er ein und verschwand ins Innere. „Vivi, ich bin schwul", sagte ich und sah ihr dieses Mal fest in die Augen. „Oh", fuhr sie sich durch die Haare. Ich nickte mit zusammengekniffenen Lippen und öffnete die Bustür. Einige Sekunden später folgte auch Vivi mir. Zischend schloss sich die Tür und wir rollten vom Parkplatz. Vivi verschwand die Treppen rauf, während ich mich seufzend zu den Jungs setzte.

Wir hielten in der nächsten Stadt. Es war früher Morgen, doch sowohl ich, als auch Vivi waren schon auf den Beinen. Sie hatte ihre Tasche in der Hand. „Samu, ich habe nichts dagegen, das musst du mir glauben. Ich kann das nur nicht, nur Freunde sein, wenn ich viel mehr für dich fühle. Ich hab den nächsten Flug gebucht", erklärte Vivi seufzend. Nickend kaute ich auf meiner Lippe. Was sollte ich auch sagen? Es tat weh. Auch ich hatte sie lieb gewonnen, aber gerade deshalb wollte ich ihr nicht im Weg stehen. Sie sollte glücklich sein und mir nicht hinterher trauern. Wenn sie dazu allein sein musste, sollte sie das können. Bevor sie zur Tür raus konnte, trat ich auf sie zu und zog sie in meine Arme. „Ich hab dich trotzdem lieb", hauchte ich. Sie nickte, sah mich aber nicht an und trat dann eilig nach draußen. Ich taumelte zurück, als die Tür zuschlug. Erst jetzt wurde mir wirklich bewusst, was gerade passiert war. Sie war weg. Vielleicht für immer. Tränen liefen über meine Wangen. Ich hätte sie aufhalten sollen. Wieso mussten sich alle Mädchen, die ich nett fand, immer in mich verlieben? Die Jungs taten das doch auch nicht. Aber wahrscheinlich standen die auch generell nicht auf Männer.

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