Mütterliche Vorurteile

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„Eine Party? Hier?", sah ich meinen achtzehnjährigen Sohn skeptisch an. Unser Garten war nun mal nicht der größte. „Ja, was spricht denn dagegen?", fragte er genervt. Für mich sprachen sehr viele Dinge dagegen, doch nach ewigem Diskutieren hatte er mich wieder einmal um den Finger gewickelt.

Am Samstagabend half ich den fünf Jungs sogar beim Vorbereiten. Mein Sohn Samu hatte mit vier anderen Jungen eine Band. Ich war unglaublich stolz auf ihn, wenn ich ihn singen hörte, doch ebenso konnte ich seine abendlichen Aktivitäten nicht leiden. Für meinen Geschmack streunte er viel zu oft mit den Jungs durch Bars. Was er da höchstwahrscheinlich mit irgendwelchen Mädchen anstellte, wollte ich gar nicht wissen. Mittlerweile war es schließlich auch seine Verantwortung.

Es überraschte mich, als später nur zehn Gäste auftauchten, darunter vier Mädchen. „Mum", sprach Samu mich mit erwartungsvoll hochgezogenen Augenbrauen an, was für mich das Zeichen war, mich zurückzuziehen.

Irgendwann nach Mitternacht wurde es ruhiger. Die Gäste gingen und als ich einen Blick aus dem Fenster warf, saßen nur noch Sami, Jukka und Raul an unserem Gartentisch.

Meine Augen waren müde, doch mit den ziemlich angetrunkenen Jugendlichen in meinem Garten schaffte ich es nicht einzuschlafen. Gähnend stand ich auf und trat zu ihnen hinaus. „Wo habt ihr die anderen gelassen?", fragte ich Jukka und Raul, die nun zu zweit am Tisch saßen. Raul zuckte mit den Schultern. „Ihr Sohn ist dahinten", deutete Jukka lallend zum Schuppen. Ich zog verwirrt die Augenbrauen hoch. „Geht es ihm gut?", fragte ich besorgt. Hatte er malwieder zu tief ins Glas geschaut? Da Jukka nur die Lippen spitzte und Raul sich die Hand vor die Stirn schlug, wollte ich auf Nummer sicher gehen und lief über den platten Rasen zu dem kleinen Gartenhäuschen. „Samu?", warf ich fragend einen Blick um die Ecke. Kaum hatte ich seinen Namen ausgesprochen, blieb mir der Mund weit offenstehen. Da stand mein Sohn wild knutschend mit seinem besten Freund. Seine Hände fuhren an Rikus Hosenbund entlang, während Riku seine blonden Haare zerzauste.

So richtig konnte ich den Rest der Nacht kein Auge zu tun. Um die eigentliche Mittagszeit stand ich auf und deckte den Tisch zum Frühstück. Nach einer Weile trudelten die Jungs ebenfalls ein und bedienten sich einer nach dem anderen an der Kaffeemaschine. „Was ist?", fragte Samu mich mit argwöhnisch hochgezogenen Augenbrauen, als ich es nicht lassen konnte, ihn immer wieder zu mustern. „Ich glaube, sie hat dich gestern mit Riku gesehen", grinste Jukka. Der Kerl konnte auch nicht anders, als so direkt zu sein. „Und?", schnaubte Samu, ließ sich neben Riku auf den freien Stuhl sinken und schob ihm provozierend die Zunge zwischen die Lippen. Ich seufzte. „Und du lässt mich dumm in dem Glauben, dass du jedes Mal, wenn ihr ausgeht, irgendwelche Mädchen abschleppst", meinte ich kopfschüttelnd. Er verzog etwas angewidert das Gesicht. „Danke", winkte er ab, legte stattdessen noch einmal seine Lippen auf Rikus, dieses Mal sanft und liebevoll, was den kleinen Ärger in mir sofort verpuffen ließ. 

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