The Hills of Hollywood

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Für @linerajamaa

Ganz vorsichtig schob er sich in mich. Die Nacht war warm, geradezu feucht. Ich spürte seinen keuchenden Atem an meinem Ohr.

Doch mit einem Mal schwanden die Eindrücke. Verwirrt schlug ich die Augen auf, als mich etwas an der Schulter berührte. Grelles Licht fiel mir entgegen. Es war heiß, eine erdrückende Hitze. „Samu?", fragte eine raue Stimme. Eine Stimme, die ich unter tausenden erkennen würde. „Ja?", wandte ich meinen Blick zu ihm. Mein bester Freund sah mich aus seinen strahlenden Augen an. Seine Pupillen waren klein vom Licht, das über die Hügel Hollywoods durch das Fenster des Hotels hereinbrach. „Du musst aufstehen", lachte Riku und entfernte sich wieder von mir. Stöhnend fuhr ich mir mit den Händen durchs Gesicht und schlug schließlich die dünne Decke zurück, die hinsichtlich der Temperaturen ohnehin überflüssig war. Ich biss mir auf die Lippe und drehte mich eilig weg, als ich das Ergebnis meines feuchten Traumes sah. „Bin gleich fertig", informierte ich Riku, um dann fluchtartig im Bad zu verschwinden. Schwer atmend stützte ich mich auf das kleine Waschbecken. Ich hatte nicht wirklich so von ihm geträumt. Oder? Verdammt, das durfte nicht wahr sein! Hatte er etwas bemerkt? Um die ganze Situation nicht noch auffälliger zu machen, stellte ich mich endlich unter die Dusche und beeilte mich fertig zu werden. „Alles ok?", fragte Riku, als ich wieder aus dem kleinen Bad trat. Trotz den leichten Grinsens lag etwas Besorgnis in seinem Blick. „Ja, alles gut", versuchte ich möglichst überzeugend rüber zu bringen. „Ich dachte nur, so schnell bist du selten auf den Beinen", grinste er nun doch breit. Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ausnahmen bestätigen die Regel", sagte ich und wollte mir im selben Moment am liebsten gegen die Stirn schlagen. Was redete ich da? Das war der wohl dümmste Spruch, den ich kannte. „Ganz wach bist du aber trotzdem noch nicht", erkannte Riku lachend. „Vielleicht"; murmelte ich. Ich wollte einfach raus aus dieser peinlichen Situation. Zumal, sobald ich Riku, meinen besten Freund, ansah, die Bilder aus dem Traum wiederkamen. Wie er mich berührte, mir einen wundervollen Schauer nach dem anderen durch den Körper jagte. „Ich brauche Kaffee", suchte ich eine Entschuldigung. Doch Kaffee würde wirklich gut tun. Außerdem stand das Frühstück im Hotel ja nicht ewig zur Verfügung. Riku folgte mir zum Aufzug. Drei Stockwerke mussten wir nach unten. Eine Zeit, die mir viel zu lang vorkam, um jetzt mit ihm alleine zu sein. „Du wirkst etwas durch den Wind", merkte Riku an. „Kann sein. Hab schlecht geträumt", nuschelte ich ausweichend. „Das sah aber etwas anders aus", grinste Riku anzüglich. Fuck. Riesenfuck. Ich spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht schoss. Meine Wangen glühten wie heiße Kohlen. „Hapa, wie gut kennen wir uns, hm? Wieso ist dir das peinlich?", lächelte Riku. Die Türen öffneten sich und ich konnte hinaus in die Lobby treten. Schräg gegenüber führte ein Gang zum Speisesaal. „Weiß nicht", log ich die Schultern zuckend, während wir die Lobby querten. Riku schien sich damit zunächst zufrieden zu geben. Wir setzten uns gegenüber voneinander an einen Zweiertisch, orderten Kaffee, um uns dann am Buffet zu bedienen. „Wer schleicht sich in deine Träume?", war Riku wieder viel zu neugierig, als wir mit unseren beladenen Tellern saßen. Sein grinsen war breit und seine Augen funkelten wild. Schleichen ... Das traf es gut. Klammheimlich hatte er sich in meine Träume, mein Herz, mein Leben geschlichen. „An wen denkst du?", ließ er nicht locker. „Sag ich nicht", funkelte ich nun schelmisch zurück. „Och Hapa", seufzte Riku. Dieses Seufzen. Ich schluckte und biss eilig von meinem Brötchen ab. „Was denkst du, kommen heute für Fragen?", wechselte ich das Thema. „Wann du einen neuen Hit schreibst?", schlug Riku frech vor. Er wusste ganz genau, dass er damit einen wunden Punkt traf. Denn so sehr ich mich bemühte, welche großen Musiker ich in LA auch traf, es kam nichts zustande. Mir fehlte schlichtweg die Inspiration. Auch Riku, der mich begleitete, änderte nichts daran.

Erschrocken sah ich auf, als sich zwei große Hände auf unseren Tisch stützten. „So, genug geturtelt", sagte Mikko mit einem breiten Grinsen. Glatt verschluckte ich mich an meinem heißen Kaffee. Woher kam das jetzt? „Ach, halt die Klappe, Mikko", meinte Riku jedoch leichthin. Seine Augen lächelten mich warm an. Er lächelte mich warm an. Mein Herz stolperte. „Können wir zum Wagen?", brachte Mikko mich dazu, mich von seinem Lächeln zu lösen. „Ja", erhob ich mich. Nebeneinander machten wir uns auf den Weg zu dem schwarzen Van, der draußen wartete und uns zur Interviewlocation brachte. Neben Riku sitzend sah ich aus dem Fenster und beobachtete nachdenklich die vorbeiziehenden Häuser. Vor einem weißen Wolkenkratzer hielten wir, stiegen aus und wurden in der Lobby des Radiosenders bereits erwartet. Mit dem Fahrstuhl ging es in den dritten Stock. Wir liefen einen hellen Flur hinunter und betraten ein Aufnahmestudio. Für Riku und mich waren zwei Mikrophone vorbereitet. Wir setzten uns auf die Hocker davor, während Mikko in der Ecke platz nahm. Freundlich wurden wir zu Beginn der Aufnahme begrüßt, ehe die typischen Fragen zum alten Album kamen, wann wir wieder etwas veröffentlichen würden und wann die nächste Tour war. Doch dann kamen die unangenehmen privaten Fragen. „Und seid ihr glücklich vergeben oder dürfen die Fans noch Hoffnung haben?", fragte der eigentlich nette Radiosprecher. Ich schluckte. „Glücklich verliebt. Zumal ich es mir komisch vorstelle einen Fan zu daten", lächelte Riku währenddessen. Ich warf einen verwunderten Blick zu ihm. Davon hatte er nie erzählt. Wieso? Wir waren doch beste Freunde, oder nicht? „Und Samu?", richtete sich der Interviewer an mich. „Ich ... ich kann es mir auch schwer vorstellen einen Fan zu daten. Ich glaube nicht, dass es da eine gute Grundlage für eine Beziehung gäbe", antwortete ich ausweichend aber ehrlich. „Also keine Hoffnung für die Frauenwelt der Sunrise Avenue Fans?", hakte er nochmals nach. „Nur auf neue Hits und Konzerte", versuchte ich lächelnd rüberzubringen. „Ok, das sind doch sehr gute Aussichten", beendete der Sprecher das Interview.

Endlich wieder im Van atmete ich tief durch und lehnte mich im Sitz zurück. Doch kaum eine Sekunde später hob ich den Kopf wieder. „Du bist glücklich verliebt? Warum weiß ich davon nichts?", fragte ich und ließ auch Mikko interessiert zu uns sehen. „Du hast mir doch heute Morgen auch nichts verraten", erwiderte Riku schlagfertig. Schnaufend stieß ich die Luft aus. Im Rückspiegel konnte ich Mikko grinsen sehen. Wusste er was oder wieso sah es so danach aus? Seufzend wandte ich den Blick ab, um wie auf der Hinfahrt nach draußen zu schauen.

„Und jetzt?", fragte Riku, als wir wieder in unserem Zimmer waren. Mit den Schultern zuckend ließ ich mich im Schneidersitz auf das Doppelbett fallen „Es ist unser letzter Tag, den sollten wir noch nutzen", meinte er. „Hm", hob ich erneut die Schultern.

Letztlich lief es darauf hinaus, dass wir den Tag mit Sightseeing verbrachten, eben so ziemlich die typischen Touris waren. Bis wir uns am Abend mit jeweils einem Glas Wein auf den Balkon unseres Hotelzimmers setzten. Leise summte ich vor mich hin, den Blick auf die Hollywood Hills gerichtet. „Klingt gut", unterbrach Riku mich. „Was?", fragte ich aus meinen Gedanken gerissen. „Die Melodie", lachte Riku. „Oh. Danke", machte ich mit einem Lächeln. Den Blick wieder auf die hügelige, im Abendlicht wundervoll leuchtende Kulisse gerichtet, wurden die Gedanken klare und es formten sich Worte. Ganz in meiner eigenen Welt sang ich vor mich hin. Erst als ich eine kleine Bewegung im Augenwinkel bemerkte, drehte ich mich zurück zu Riku. Dieser hielt sein Handy auf mich gerichtet als ... würde er mich filmen? Tat er das wirklich? Ertappt ließ Riku das Handy schnell in seinen Schoß sinken und sah mich entschuldigend an. Sah dabei so süß aus, dass mir das Herz aufging. Dennoch war mein Blick fragend. „Ich musste das aufnehmen! Das hat Hitpotential!", versuchte er sich zu verteidigen. „Mit Kamera?", hakte ich lachend nach. Riku seufzte. „Was war denn jetzt? Er wirkte plötzlich so ernst. „Es tut mir leid", sagte er leise. „Was? Was tut dir leid?", fragte ich verwirrt. Er antwortete nicht. „Rik? Du darfst mich filmen so viel du willst, ich hab echt kein Problem damit", griff ich nach seinen Händen, auch wenn ich wusste, dass das nicht das Problem sein konnte. „Kannst du mich kurz in den Arm nehmen?", fragte Riku leise. „Klar", rutschte ich sofort näher zu ihm und schloss ihn in meine Arme. Vergrub meine Nase in seiner Halsbeuge und drückte ihm dann einen kurzen Kuss auf die Wange. „Samu?", sah mich mein bester Freund an. „Hm", erwiderte ich seinen Blick warm. „Ich glaube, also, ich, ich bin schwul", flüsterte er. Fast verschluckte ich mich an meiner eigenen Spucke, während sich, ohne dass ich es verhindern konnte, ein breites Lächeln auf meine Lippen legte. Doch in Rikus Augen sammelten sich Tränen. „Was ist so schlimm daran, Rik?", fragte ich sanft, während ich seine Hände wieder in meine nahm. Er seufzte. „Du hast heute Morgen gesagt, du wärst glücklich verliebt. Das ist doch das, was zählt", sagte ich, seine Hände leicht drückend. „Bin ich auch", lächelte er. Es war das verliebteste Lächeln, das ich je gesehen hatte. „Weil du der liebevollste, fürsorglichste, hübscheste, einfach wundervollste Mensch bist, den ich kenne", sah er scheu auf. Mit jedem Wort verdoppelte sich mein Herzschlag, stieg ins unermessliche. Ein Kribbeln nach dem anderen schoss durch meinen Körper. Vorsichtig beugte ich mich vor und küsste ihn. Sanft trafen meine Lippen auf seine. Wärme durchflutete mich. Zunächst schien Riku überrascht, doch dann lehnte er sich gegen mich, bewegte seine Lippen leicht gegen meine. Küsste mich, wie ich noch nie geküsst wurde. Atemlos lösten wir uns nach einer Weile. Immer noch lag etwas unsicheres in Rikus Blick. „Ich stehe auch auf Männer, eher gesagt auf einen, auf dich, Rik", flüsterte ich und lehnte meine Stirn an seine. „Hapa", hauchte mein bester Freund und vergrub seine Finger in meiner blonden zerzausten Mähne. „Riku", erwiderte ich ebenso leise und küsste ihn gleich noch einmal. „Darf ich die Aufnahme sehen", fragte ich lächelnd, nachdem wir uns voneinander gelöst hatten. Nickend, mit einem schiefen Lächeln hob Riku sein Handy auf und spielte das Video ab. „Now this is not the time or the place fort he brokenhearted ..."

Nein, das war es ganz sicher nicht. Ich lächelte. Das hatte wirklich Hitpotential, musste ich Riku zugeben. 

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