Siku-One-Shots

Don't Be Afraid *

Das Licht im Club war gedämmt. Musik dröhnte aus den Boxen. Mehrere Männerpärchen saßen an den Tischen. Ein großer Typ um die dreißig mit blonden Haaren stach besonders hervor, fand zumindest Riku, der alleine an einem Bier nippte. Er war nervös und der Typ, der gerade mit einem anderen rummachte, war eine ziemlich gute Ablenkung. Ein weiterer Schluck des Biers. Rikus Hände krampften sich um die Flasche. Der blondhaarige sah heiß aus, aber dennoch kochte die Aufregung vor dem Termin am nächsten Tag immer wieder auf. Riku seufzte. Als er wieder aufsah, streifte sein Blick die blauen Augen des Mannes an der Bar.

Unausgeschlafen, obwohl es schon Mittag war, machte Riku sich auf den Weg in das Studio, das sein Kumpel Sami ihm genannt hatte. Die Band, in der er spielte, suchte wohl dringend einen neuen Gitarristen. Riku wusste, dass er Talent hatte, dass er gut für Stimmung und Unterhaltung sorgen konnte, aber dieses Vorspiel war eine relativ vielversprechende Chance bekannter zu werden, nach dem, was Sami erzählt hatte.

Tief holte er Luft, bevor er das alte Gebäude betrat. Er ging einen dunklen Flur hinunter und klopfte an der Tür geradeaus, wie es sein Kumpel ihm beschrieben hatte. Sami öffnete und grinste ihn fröhlich an. „Hey", begrüßte er ihn. Riku lächelte schief zurück. „Komm rein", ging Sami zurück zu einem der Sofas, die um einen niedrigen Tisch herumstanden. Riku machte einen Schritt, blieb aber sofort wieder stehen, als er den Blonden aus dem Club erkannte. Die blauen, ebenfalls müden Augen streiften seine. Prompt presste der Blonde die Lippen zusammen. Auch er hatte den Typen in der Tür erkannt.

„Was ist?", riss Sami Riku aus seiner Starre. „Nichts", schüttelte er eilig den Kopf und setzte sich neben Sami auf das Sofa. „Also du bist Riku, der Wundergitarrist", fragte ihn ein braunhaariger Mann. „Gitarrist, ja", nickte Riku langsam. Keine Sekunde ließen ihn die blauen Augen unbeachtet. „Ich bin Mikko Saukonen, Manager der chaotischen Bande", stellte sich der dunkelhaarige vor. „Ich bin Raul, Bassist", fügte dem ein kleinerer Mann mit Glatze hinzu. „Jukka", kam von einem weißblonden, aufgedrehten Typen. „Samu, der Sänger", kam knapp über die Lippen des blondhaarigen aus dem Club. Riku nickte langsam. „Soll ich, soll ich was vorspielen?", fragte er, um das entstandene Schweigen zu brechen. Mikkos Blick richtete sich an Samu. „Gerne", meinte er schließlich selber, als der Sänger nichts sagte. Riku schnappte sich seine Gitarre, die er mitgebracht hatte, und ließ ein paar Lieder der Band, die Sami ihm in die Hand gedrückt hatte, erklingen. Die Jungs nickten immer wieder. Sami grinste in die Runde. „Klasse! Du bist dabei!", sprach Jukka die Entscheidung aus, die einstimmig – außer vom Sänger – mit einem Nicken bestätigt wurde. „Samu?", fragte Sami. Der blondhaarige sah auf. „Hm, ja, war gut", meinte er abwesend. „Dann versuchen wir es. Viel anderes bleibt uns sowieso nicht", beschloss Mikko. „Morgen um zehn?", wollte Raul wissen. „Aber pünktlich", nickte der Manager scharf. Die Jungs rappelten sich auf und liefen nach draußen. Auf dem Flur legte sich eine Hand um Rikus Arm. Erschrocken drehte er sich um. Samu sah zur Tür, bis sie ins Schloss gefallen war. „Bitte sag nichts", lenkte er dann seinen Blick fest auf Rikus graue Augen. „Wieso sollte ich? DU hast mich doch auch da gesehen", erwiderte Riku. Samu hob die Schultern und ließ seinen Arm los. „Ich weiß nicht. Aber ich will nicht, dass es jemand weiß, ok?", seufzte er. „Klar, so lange du nichts über mich sagst", meinte Riku. „Werde ich nicht", stieß Samu erleichtert die Luft aus.

Trotzdem war die Stimmung bei den Proben an den nächsten Tagen angespannt. „Pause, Leute", forderte Sami ein. Raul nickte. „Samu, was ist los?", fragte Sami den Sänger, der irgendwie bedrückt und etwas abwesend am Mikro stand. Der blonde hob die Schultern. „Ich geh eine rauchen", hob er seine Jacke auf und verschwand nach draußen. „Ich, ich würde auch, wenn das ok ist?", sah Riku unsicher in die Runde, die Jacke ebenfalls in der Hand. „Klar", nickte Sami ihm aufmunternd lächelnd zu. Es tat ihm leid, dass sein Kumpel die Band in so einer Atmosphäre kennenlernen musste. Leise zog Riku die Tür hinter sich zu, dennoch bemerkte der blonde ihn und drehte sich um. „Du weißt, ich verrate dich nicht", sah Riku ihn an, während er sich eine Kippe anzündete. Samu nickte langsam. „Was ist dann los?", traute Riku sich zu fragen. Erneut war Samus Antwort ein Schulterzucken. Riku seufzte leise, ohne ihn aus den Augen zu lassen. „Meinst du echt, deine Freunde oder Bandkollegen – wie auch immer, hätte etwas dagegen, wenn sie es wüssten?", fragte er mit einem weiteren Zug an seiner Kippe. „Was weiß ich. Ich weiß überhaupt nicht mehr, wem ich so etwas anvertrauen kann", schnaubte Samu. „Hm?", machte Riku verwirrt. „Bist du geoutet?", sah Samu ihn mit herausfordernd hochgezogenen Augenbrauen an. „Nicht bei jedem", hob Riku die Schultern. „Weißt du, wie es ist, wenn du dich nach Jahren überwindest, dich deinem besten Freund anzuvertrauen und er dich danach wie Dreck behandelt?", knurrte Samu. In seinen Augen schimmerten kleine Tränen. „Nein, nicht so, aber ich weiß, wie es ist, wenn Leute einen deshalb erniedrigen. Leider zu gut", schüttelte Riku seufzend den Kopf. Auch Samus Lippen verließ ein Seufzen. „Janne war immer für mich da, ich dachte, ich könnte ihm alles anvertrauen", murmelte er. „Euer Ex-Gitarrist?", hakte Riku nach. Samu nickte. „Wissen die anderen, wieso er gegangen ist?", wollte er wissen. „Sie wissen, dass wir uns zerstritten haben, aber mehr nicht", meinte er und sah Riku endlich wieder in die Augen. Riku nickte langsam. „Ich verrate nichts, versprochen", lächelte er ihn seicht an, ehe er aufstand und ihn etwas alleine ließ. Samu sah ihm nach, wie er wieder nach drinnen verschwand, um sich irgendwann selbst zu erheben.