42. Kapitel - Gimlis Sticheleien

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Im Westen hing die tiefstehende Sonne. Ihr goldenes Licht schien mir direkt in meine Augen und ließ die Felder Rohans golden leuchten. Ein ausgetretener Weg führte nordwestwärts, von vielen Pferdehufen erschaffen.
Mit dem Heer kamen wir durchs grüne Land, durch die Furten der vielen kleinen, eiligen Bäche. Zu meiner Rechten sah ich das Nebelgebirge in der Ferne und je mehr die Sonne unterging, desto dunkler wurde es.
Die steilen Hänge nahmen optisch an Höhe zu. Hinter dem Gebirge wurde es Abend.

Ein Indiz der vergangenen Stunden.

Eile und die Furcht, zu spät zu kommen, trieb den König an. Dies gestattete nur wenig Pausen und wir versuchten, die vierzig Vogelflugstunden, von Edoras bis zu den Isenfurten, so schnell wie möglich hinter uns zu bringen. In Isenfurt hoffte man, die Männer des Königs aufzufinden, die dem Heer von Saruman trotzten.
Nach fünf Stunden seit unseres Aufbruchs war es fast Nacht und endlich schlugen wir ein Lager auf. Ich bemerkte die Müdigkeit in meinem ganzen Körper, da wir Gefährten schon seit dem gestrigen Abend unterwegs waren.
Langsam kam das Heer zu einem Halt und bildete einen großen Kreis. Auch Maiden parierte in den Schritt.
Müde stieg ich ab. Neben dem Pferd blieb ich stehen und streichelte ihren Hals. Sie atmete ruhig und ihre Augen waren halb geschlossen. Das Fell war weich, etwas verschwitzt. Durch ihre Nüstern strömte Luft ein und aus.
»Ich weiß, auch ich bin müde. Jetzt können wir schlafen«, flüsterte ich und fuhr ihr über die Stirn. Als ob sie mich verstanden hätte, gähnte sie und zeigte mir ihre Zähne samt Zunge.
»Schlaf, meine Ohren vernahmen das Wort Schlaf?«, hörte ich Legolas' Stimme, anschließend spürte ich seine Präsenz hinter mir, »Mir fallen die Augen im Stehen zu...«
Ich wusste nicht, ob er mich auf den Arm nahm, oder es ernst meinte. Als er mich jedoch von hinten umarmte, sein Kinn auf meinen Kopf legte und sich mit seinem Körpergewicht gegen mich lehnte, so gut das mit allen Waffen ging, wusste ich, dass er wirklich erschöpft war.
»Mhm, schlafen...«, murmelte ich als Bestätigung, lehnte mich gegen den Elben, um sein Gewicht auszugleichen. Seine Arme waren über meinen Schultern und die Körpernähe tat gut. Zu gut, sodass ich befürchtete, im Stand einschzulafen.
Ich genoss den Moment, in dem kurz alles wie früher war. In einer Zeit, wo noch nichts vom Ring bekannt und Legolas und ich noch im Düsterwald waren.
Doch nun war es anders. Wir standen vor einer Gefahr, die viel größere Macht innehielt als wir auf der unsrigen Seite. Wir hatten bloß die Hoffnung, jedoch verließ Hoffnung auch die stärksten Krieger in dunkelster Stunde.

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, aber sie stirbt dennoch.

Weiter über einen möglichen Untergang nachzudenken, wollte ich nicht und war froh, dass Legolas zu lachen anfing.
»Du schläfst mir jetzt nicht im Stehen ein, oder?«, fragte er nahe an meinem Ohr.
Komischerweise bekam ich eine leichte Gänsehaut. Ich führte sie auf seinen Atem, der gegen meinen Hals schlug, zurück und grummelte folglich irgendwelche Laute. Anschließend öffnete ich meine Augen und lehnte mich wieder nach vorne. Ich stellte mich normal hin und Legolas tat es mir gleich. Darauf nahm ich Maidens Zügel und führte sie zu den anderen Pferden, die gerade versorgt wurden.
»Ich hätte jedes Recht, einzuschlafen«, seufzte ich und sah zum Elben neben mir. Legolas schritt neben mir mit Arod her.
Die Pferde wurden uns von zwei Männern abgenommen. Dankend nickte ich ihnen zu, dann machten wir kehrt.
»Bald kannst du schlafen, da vorn sind die anderen«, antwortete mein Freund.
Ich entdeckte Aragorn und Éomer. Sie waren große Männer und somit leicht ausfindig zu machen. Gimli sah ich von der Weite nicht, doch sicher war er bei den zweien. Nur Gandalf stand, ganz in Weiß, neben dem König.
Legolas und ich schritten unseren Weg durch das Heer. Dieses war ein bunter Haufen. Männer von jedem Alter waren zu sehen, wie sie stolz und entschlossen herumstanden. Trotz, dass sie so ein gemischter Haufen waren, waren immer noch Legolas und ich diejenigen, die auffielen. Menschen und Elben zogen nie Seite an Seite in den Krieg.
Viele Augenpaare folgten uns auf Schritt und Tritt, während wir zu den anderen gingen.
Als ich den Männern entgegensah, vernahm ich Verwunderung auf ihrer Seite. Nicht nur waren hier zwei Elben, sogar eine Elbin war unter ihnen. Eine Frau in einem Heer voller Männer, und doch strahlten diese Augen zum Teil Bewunderung aus. Zum Teil, was ein Begriff für die Minderheit war, die das Elbenvolk an sich bereits bewunderte.
Ich wusste nämlich bis zum heutigen Tage nicht, warum in den Heeren der anderen Völker keine Frauen kämpften. Ob es daran lag, dass die Männer ihren Stolz bewahren wollten, wusste ich nicht. Wahrscheinlich wollten sie ihre Frauen nicht in unnötige Kriege schicken, obwohl viele Frauen gerne kämpfen würden.
Am naheliegendsten war jedoch, dass sie das weibliche Geschlecht als schwach und zum Kinder gebären ansahen. Doch solche Aussagen eines Volks, welches sich sowieso wie Tiere verbreitete, verstand ich nicht. Menschen bekamen, im Vergleich zu den Elben, viel mehr Nachwuchs.

Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt