108. Kapitel - Der letzte Kampf

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Und nachdem alles über die letzte Säuberung, den hoffentlich letzten Kampf für uns Waldelben in unserer Heimat, besprochen worden war, war der Tag gekommen. Von den Jäger- und Grenzposten hatten wir erfahren, dass es noch vereinzelnde Ork- und Spinnensichtungen gegeben hatte, wobei es sich bei den Orks bloß um traurige Wesen gehandelt hatte. Vielen von ihnen hatten weiterhin im Süden und in der Mitte des Waldes in dessen Schatten Schutz gesucht, nachdem Saurons Mächte vernichtet worden waren.
Hingegen sorgten die Spinnen und Wargrudel für mehr Probleme. Auch sie schienen den Umschwung des Waldes zu bemerken, spürten, wie sich ihr ehemaliges Zuhause gegen sie sträubte. Die Grenzwächter des Südens hatten gemeldet, dass sie mitbekommen hatten, dass auch die Menschen Probleme mit Spinnen und Wargen hatten.
Zwar war die Zeit des Friedens angebrochen, doch ohne uns Waldelben würde der Düsterwald eine lange Zeit benötigen, um die Zeit des Lichts zu erfahren. Wir wollten unsere Heimat in vollen Zügen bewohnen und nicht nur um den Palast im Norden herum. Aus diesen Gründen hatten wir bei der Besprechung beschlossen, eine weitere Säuberung des Waldes zu organisieren und die Grenzen zu verstärken, zumindest für die nächsten Monate oder das nächste Jahr. Wenn der Norden des Waldes nämlich frei von allen Untieren wäre, müssten wir dafür sorgen, dass dies so blieb. Viele nicht kampferfahrene Elben würden bei der Aufbereitung des Waldes helfen und, obwohl ihnen bewaffnete Wachen zugeteilt werden würden, dürften wir nicht riskieren, dass diesen Elben Schaden zugefügt würde. Bis hin zu einem Waldreich, das zu einem der schönsten Elbenreiche Mittelerdes werden sollte, war es noch ein langer Weg, doch wir waren gewillt, alles dafür zu tun.

Aus diesen Gründen fand ich mich gegenwärtig am Waldboden wieder. Heute war ein angenehmer Herbsttag. Die Luft roch modrig am Boden. Ich befand mich in der Gruppe von Kriegern, die den Boden absicherten, und obwohl ich gerne irgendwo in den Bäumen meine Pflichten erfüllt hätte, müsste auch der Boden nach Wargen oder Orks abgesucht werden. Wir hatten in der letzten Woche die Grenzen verstärkt und um den ganzen nördlichen Düsterwald befanden sich Wächter, um keine weiteren Schattenkreaturen in Thranduils Reich zu lassen. Das ganze Heer des Palastes und alle anderen aus den Jäger- und Grenzposten hatten sich im Wald versammelt. Von den Baumkronen bis zum Boden befanden sich die Krieger und Kriegerinnen und so arbeiteten wir uns von den Grenzen bis zum Nordwesten vor. Viele Zwischenfälle hatte es in den letzten Stunden nicht gegeben, sodass ich mich mit dem lieben Círdan unterhalten musste, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, sich mir, mit meiner Truppe des Palastes, mit seinen Leuten anzuschließen. Zu meinem Leidwesen hatten wir nämlich bei der Besprechung beschlossen, dass sich die Kommandanten des Palastes mit ihren Truppen im ganzen Wald verteilten und nicht nur den Palast absicherten. Bei der Besprechung hatte ich es noch für eine gute Idee gehalten, mit dem westlichen Jägerposten einen Teil des Bodens abzusichern, doch in diesem Moment bereute ich meine Entscheidung. Gar wünschte ich mir, oben in den Bäumen bei Legolas' Truppe zu sein, die sich mehr im Osten befand.
»Ganz rational betrachtet, würdest du deine Liebe zum Prinzen als schon immer vorhanden oder als Entwicklung der letzten fünfhundert Jahre betrachten?«, kam die nächste Frage, die dieses Mal von niemand anderes als Dagal gekommen war. Der Elb mit den rotblonden Haaren warf seinen Dolch immer wieder in die Luft. Dieser drehte sich einmal, dann fing er ihn am Griff auf und wiederholte diesen Vorgang.
»Eine ausgezeichnete Frage«, bestätigte Círdan und auch Míriel neben ihm nickte. Dass die Elbin schon zu viel Zeit am westlichen Jägerposten verbracht hatte, wurde immer deutlicher. Gar wünschte ich mir, dass sie wieder ein Kind wäre, doch leider war dies Wunschdenken.
»Ich denke, man müsste fragen, ob sich diese Liebe nicht auf der Reise in den Tod geäußert hat, oder?«, ließ die Elbin ihre Stimme klingen und wieder fragte ich mich, warum ich überhaupt neben den Dreien meinen Weg ging. Ich sah nach links und rechts, wo in gleichmäßigen Abständen die anderen Bewaffneten gingen, und keinerlei Geräusche erzeugten. Wir waren vor ein paar Stunden aufgebrochen und schon jetzt fühlte ich mich genervt.
»Ich weiß nicht, ob ich auf diese Fragen überhaupt antworten soll«, gab ich zu und fing den Blick Círdans auf. Immer noch trug er als einzigen Elben, den ich kannte, seine Haare kurz.
»Warum nicht?«, fragte Círdan und ich seufzte auf.
»Wisst ihr«, ich sah alle nacheinander an, »auf dieser Ringreise war sogar der Zwerg als Gefährte weniger nervig als ihr jetzt.«
»Also das ist jetzt eine tiefe Beleidigung!«, hielt Círdan dagegen und zusammen gingen wir einen Schritt nach dem anderen.
»Zwerge sind komisch«, meinte Dagal, »Ich bin definitiv nicht komisch.«
»Komisch? Ich dachte immer, Zwerge seien dreckig, laut und ungebildet«, mischte sich Míriel ein.
»Glaubt mir, ich habe den Zwerg, Gimli ist sein Name, zu Anfangs auch nicht leiden können, doch ich muss zugeben, dass ich meinen Standpunkt zu Zwergen, zumindest zu ihm, geändert habe. Auch nervt ihr mich gerade ungemein, dass man dieses Verhalten schon mit dem unangebrachten des Zwergenvolks vergleichen kann.«
»Und jetzt sind wir schon Zwerge, Lithil ist heute ja gut in Fahrt«, lachte Círdan.
»Liegt wahrscheinlich an den ganzen Glücksgefühlen durch die Liebe«, erwiderte Dagal und als sich Míriel abermals ins Gespräch einmischen wollte, unterbrach ich sie: »Ein weiteres stichelndes Wort von dir und ich werde dich für den Rest deines Lebens daran erinnern, dass du einmal eine kleine Rotznase warst, die ich auf meinen Armen im Palast herumgetragen habe, ein bisschen Respekt den Älteren«, drohte ich ihr.
Augenblicklich war die Elbin still. Sie machte ein dunkles Gesicht und wurde von Dagal ausgelacht. Ich schüttelte darauf bloß meinen Kopf, denn, auch wenn wir Elben das unendliche Leben von den Valar geschenkt bekommen hatten, veränderten wir uns im Laufe unseres Lebens kaum. Deshalb hatten es auch die beiden Männer nicht.
Während Dagal mit Míriel weitersprach, gingen Círdan und ich nebeneinander her und kurz war es still, ja, kurz.
»Willst du die Frage von vorher wirklich nicht beantworten? Immerhin bist du mit dem Prinzen eine Verbindung eingegangen?«, fragte er und mein Kopf schnellte zu ihm. Ich verengte meine Augen zu Schlitzen, fühlte mich in die Vergangenheit zurückversetzt, als sich alle am westlichen Jägerposten über mich und meine Freundschaft zum Prinzen lustig gemacht hatten.
Ich legte meinen Kopf leicht zur Seite, bis ich meinen Blick wieder nach vorne richtete und meine Stimme erhob: »Nun, ich nehme die Option, mit der Liebe seit Anfang an.«
»Ich weiß«, war seine Antwort und dieses Mal war keine Spur von jeglicher Belustigung zu hören.
»So sachlich bin ich ja gar nicht gewöhnt von dir«, witzelte ich und umrundete einen Baum. Eine kurze Zeit trennte uns der Baum voneinander und als wir wieder nebeneinander gingen, antwortete er: »Ich kann ebe-«, wollte er sprechen, doch ich hob meine Hand und unterbrach. Ich ließ einen Pfiff klingen und meine Krieger blieben stehen. In der heutigen Ausschreitung führte ich nur zwanzig Krieger, da ich mich Círdan und seinen fünfzig angeschlossen hatte. Der Rest des westlichen Jägerpostens wurde von Círdans Rechter Hand geleitet und der andere Rest war bereits eine Woche zuvor an die Grenzen berufen worden.
Im nächsten Moment hielt der Leiter des westlichen Jägerpostens seine Jäger und die paar Jägerinnen an. Dagal und Míriel unterbrachen ihr Gespräch und eine kurze Zeit waren die Geräusche des Waldes zu hören. Alle Anwesenden blieben in ihren Reihen stehen und ich ging ein paar Schritte nach vorne. Meine Aufmerksamkeit hatte der frische Geruch von Blut geweckt, der beim Näherkommen deutlicher wurde. Um einen weiteren Baum herum entdeckte ich eine tote Hirschkuh mit ihrem Jungen und beiden Tieren war zuerst Herz und Leber aus dem Leib gerissen worden. Um den blutigen Schauplatz herum waren Spuren von Wargen und es musste sich um ein Rudel handeln. Da Warge kampflustiger als normale Wölfe waren, müsste sich das Rudel noch in der Umgebung aufhalten und wahrscheinlich hatte es uns in diesem Moment bereits umzingelt. Wir hatten die ganze Zeit über noch keine Spuren von jeglichen Schattenkreaturen gesehen und mit unserem Pech waren wir in eine Versammlung von ihnen gelaufen. Wir befanden uns in der Mitte des nördlichen Waldes, wo die Gegend zwar noch nicht sumpfig war, doch so düster, dass in den Baumkronen hin und wieder Fledermäuse zu sehen waren. Und, wo Warge waren, waren Spinnen und vielleicht verlorengegangene Orks nicht weit entfernt.
Augenblicklich wandte ich mich von den Kadavern ab, ging zurück zu den anderen. Auf dem Weg zu ihnen zog ich mein Schwert aus seiner Scheide und die Elben verstanden.
»Ein Wargrudel«, klang meine Stimme im dichten Wald wider, »aber mein Gefühl sagt mir, dass es langsam ernst wird.«
Genau in diesem Augenblick, als ich zu Ende gesprochen hatte, ertönte in der Ferne ein Heulen. Schnell wurden es mehr und die Töne überlagerten sich, wurden zu einem grässlichen Lied. Ich bekam eine Gänsehaut, auf die schlechte Art und Weise, und doch begann ich, zu grinsen. In diesen Momenten bemerkte ich, dass ich das Herz einer Kriegerin hatte, und obwohl die folgenden Kämpfe des heutigen Tages nichts im Vergleich, zu denen auf der Ringreise wären, spürte ich das Lied des Kampfes in mir pulsieren.
Schnell zogen ein paar Elben ihre Bögen und einige wie ich ihre Schwerter. Das Heulen verriet uns, dass fast alle Warge des Waldes versammelt sein müssten. Entfernt hörte ich in den Baumkronen Rufe von anderen Elben und diese kündigten Spinnen und vereinzelnde Orks an. Wie es aussah, hatten sich grässlichen Kreaturen nach dem Fall Saurons in den Tiefen des Waldes versteckt und schnell handelte ich.
»Filavandrel!«, kommandierte ich und der Elb kam zu mir. Schon bei den südöstlichen Grenzen war er in meiner Gruppe gewesen und immer noch war ich froh, ihn, aber auch Calen, wiederbekommen zu haben, als die beiden in den Palast einberufen worden waren.
»Kommandantin«, kam es und ich erhob abermals meine Stimme: »Sucht einen weiteren Kameraden und bringt in Erfahrung, wie die Lage im Umkreis aussieht. Holt, wenn nötig, Verstärkung. Und Círdan«, ich sah zum Elben herüber, »ein paar Bogenschützen in den Bäumen über uns wären nicht schlecht.«
Nach diesen Worten nickte Círdan und schickte Elben in die Bäume. Filavandrel verschwand mit einem weiteren Krieger und wir anderen gingen in Position. Wir bildeten einen großen Kreis, der zwei Reihen hatte. Die Vorderen hielten ihren Bogen gespannt und die mit den Schwertern standen drinnen. Ich überprüfte alles nach Lücken und als ich neben Círdan stand, meinte ich: »Und deswegen hasse ich es, der Bodentruppe zugeteilt zu sein.«
»Wenn alles gut läuft, sind die anderen irgendwo in den Bäumen.«
»Ja, wenn alles gut geht, doch die Rufe nach Spinnen klangen ziemlich erfreut, weißt du«, spottete ich.
»Ich meine, im Vergleich zu den richtig großen Kämpfen, muss es ja kein Problem sein, nicht, Lithil?«, fragte Míriel neugierig und die Elbin zog ihr Schwert. Sie bevorzugte es, mit der Klinge zu kämpfen, was mich stolz machte.
»Ach, und du hast so wenig über die Kämpfe nach der letzten Besprechung erzählt. Ich muss alles wissen und vor allem über diesen Menschenkönig. Oh, und diese Hobbits. Das hört sich alles so spannend an.«
»Du hast recht, ich werde dir genau jetzt davon erzählen. Hol' doch gleich 'mal den Tee und das Gebäck, wenn wir schon dabei sind«, sprach ich sarkastisch und Míriel ging eingeschnappt auf ihren Posten.
Es war im richtigen Moment, denn wenige Augenblicke später erklang grässliches Geheul und in der Umgebung hörte man Knacken von Ästen und Rascheln im Dickicht. Die Warge griffen an.
Wie aus dem Nichts kamen sie von allen Seiten. Sie waren aufgekratzt und schienen wütend zu sein, dass man ihnen ihre Heimat nehmen wollte. Sofort griffen die Warge an.
»Si!« (jetzt!), rief ich und die Krieger, die zuvor noch wie Statuen an Ort und Stelle gestanden hatten, spannten ihre Bögen. Aus dem Kreis und Bäumen kamen Pfeile geschossen. Es fühlte sich gut an, wieder Befehle in einem Kampf zu geben, und auch Círdan beugte sich meinen Befehlen. Zwar standen die Jäger unter den Kriegern des Palastes, doch als Leiter eines Postens hielt er den gleichen Rang wie ich als Kommandantin inne, sogar einen etwas höheren. Nichtsdestotrotz schloss sich seine Truppe den Befehlen von mir an.
Pfeile schwirrten durch die Luft und zerschnitten diese. Als das erste Winseln zu hören war, gingen die Bogenschützen einen geschmeidigen Schritt zur Seite, dann nach hinten. Ich und alle anderen, die Schwerter führten, stellten uns nach vorne und sofort begann der Kampf.
Ich hielt mein Schwert empor. In der Düsternis erschien die Klinge matt. Lange blieb sie jedoch nicht sauber, den sofort stürmte der erste Warg auf mich zu. Ihm hingen Speichelfetzen aus seinem Maul und mit einem Hechtsprung setzte das Unwesen zu einem Angriff an. Sein Angriff wurde schnell zu seinem Scheitern, denn geschwind ging ich einen Schritt zur Seite und schlitzte dem Tier seinen Bauch auf. Es winselte, schlug am Boden auf, wo ich zuvor noch gestanden hatte, und seine Schmerzenslaute beendete ich durch einen Stich in den Nacken. Nun strahlte meine Klinge dunkelrot, doch ein Ende war nicht in Sicht. Zwar schossen die Elben von oben ihre Pfeile, aber es waren zu viele Warge, als dass dies ausgereicht hätte.
Infolgedessen wandte ich meinen Blick vom Kadaver ab. Kurz sah ich, wie Míriel einem Warg den Kopf abtrennte. Zwar war sie eine gute Kriegerin, trotzdem behielt ich sie weiter im Auge. Ich hatte die Elbin ins Herz geschlossen und auch fühlte ich mich zum Teil für sie verantwortlich. Einstweilen kam sie jedoch gut zurecht und aus diesen Gründen nahm ich mir den nächsten Warg vor. Ich rannte auf ein Unwesen zu, welches mich sofort ins Visier nahm und beim Zusammenstoß wurde sein Unterkiefer vom Oberkiefer getrennt. Es knackte, Knochen brachen und Blut spritzte, sogar Zähne splitterten und mit einem weiteren Hieb war der Warg einen Kopf kürzer. Ich wischte mir über meine Wange, da ich Blutspritzer abgekommen hatte, doch es würden noch mehr dazukommen.
Als ich dachte, dass die Warge weniger wurden, ertönte ein Hornstoß. Da wir Elben keine Hörner benutzten, wusste ich, dass es sich bloß um eine Gruppe Orks handeln konnte.
Mit der nächsten Gruppe Warge kamen sie angeritten und dies erklärte zumindest, warum es so viele von den Wargen hier gab. Wahrscheinlich hatten sich die Orks nach dem Fall Saurons eine Gruppe Warge als Reittiere genommen, um entweder den Düsterwald damit zu verlassen oder gegen eine Gruppe Elben vorzugehen. Nun waren sie jedoch entdeckt worden und jetzt mussten sie angreifen.
Kreischend stürmten sie auf uns zu. Die Wesen hatten sich Schilde aus Knochen gebaut. In den Reihen der Elben ging der Ruf über die Orks nieder und ich stellte mich ihnen entgegen. Mein Schwert kreiste in meiner linken Hand und die Orks wussten nicht, in welches Schicksal sie liefen.
Interessanterweise rief ich meine Krieger nicht um Hilfe, da mir nach den letzten großen Schlachten diese Orks als mickrig vorkamen. So war ich die erste Elbin, die sie beim Vorbeireiten passierten, und das wurde ihnen zum Verhängnis. Der erste Ork richtete seine schwarze Klinge in meine Richtung und trieb den Warg an, doch ich handelte schneller, schlug seine Klinge zur Seite und darauf verlor der Warg seine Hinterbeine. Das Wolfstier kreischte auf, doch seine Beine blieben am Boden liegen.
Abermals wurde mir bewusst, wie scharf die Klinge aus Lothlórien war.
Im Anschluss darauf verlor der Warg sein Gleichgewicht, schliff am Boden und bekam einen Pfeil von einem Krieger in den Bäumen in den Schädel, ebenfalls sein Reiter. Ich kümmerte mich um den nächsten Gegner und der nächste Ork erfuhr dasselbe Schicksal. Überall starben Orks und Warge und auf der Seite der Elben gab es noch keine Verluste, dürfte es auch nicht. Dies hier war ein einfacher Kampf, solange niemand einen Fehler beging, oder seinen Kameraden keine Rückendeckung gab.
Bei diesem Wort in meinen Gedanken zog ich zwei meiner Wurfmesser. Eines davon bekam ein Warg in sein Auge, der Míriel von hinten attackieren wollte. Das andere bekam ein Ork zwischen die Augen, der seinen Bogen spannen wollte. Folglich zog ich meinen Bogen, legte drei Pfeile auf die Sehne und schoss in die Feindesreihen. Alle Pfeile trafen ihr Ziel.
Ein Lächeln tauchte auf meinen Lippen auf; ich liebte den Kampf und zu wissen, gerade etwas Gutes für meine Heimat zu tun, bestärkte dieses Gefühl. Überall starben Feinde, trotzdem wurden sie nicht weniger.
»Auf die Bogenschützen!«, kam ein Befehl von Círdan und sofort schwirrten zahlreiche Pfeile von oben und töteten mindestens zwei Dutzend Orks. Nach dieser Einlage stellte ich mich ein paar Orks, doch sie waren von der kleinen Gattung, denn die großen waren alle in Saurons Fall zugrunde gegangen. Die kleineren Orks schienen weniger Loyalität zu ihrem Herrscher gehabt zu haben, doch nichts davon nutzte ihnen in diesem Moment.
Ich zog mein Schwert, trennte Kehlen durch, oder schleuderte besitzerlose Orkklingen nach Wargen. Überall starben Feinde und als die Feinde weniger wurde und es so aussah, als ob wir durchatmen könnten, wurde es schlimmer. Auf einmal kamen die Spinnen aus den Baumgipfeln und die Bogenschützen wurden abgelenkt. Wir auf dem Boden erledigten die letzten Orks und Warge, kletterten anschließend auf die Bäume.
»Wo ist Filavandrel?«, fragte ich, verstaute mein Schwert. In den Bäumen erfuhr ich den Grund, warum alle anderen Truppen uns auf dem Boden nicht helfen konnten, denn hier wimmelte es von Spinnen.
Schnell erklomm ich die großen Zweige, auf denen man sich angenehm fortbewegen konnte, und durch den Herbst waren die Baumkronen lichter. Wir hatten uns für die heutige Ausschreitung eine Trockenperiode ausgesucht, und so fand ich überall perfekten Halt. Um die Stämme und Äste hingen Schlingen und in der Welt der Baumkronen trieben die Spinnen ihr Unwesen. So viele Spinnen wie zu diesem Zeitpunkt hatte ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Obwohl keine Brutzeit war, waren sie ungemein aggressiv, was mit dem Verlust ihrer Heimat zu tun hatte. Überall blitzten Schwerter und Dolche matt auf, holten die Spinnen von den Bäumen.
»Verteilt euch und gebt jedem Rückendeckung! Behaltet den Boden im Blick. Ich habe keine Lust von einem Ork einen Pfeil in den Hinterkopf zu bekommen!«, ließ ich meine Stimme klingen und bekam Bestätigung von meinen Kriegern. Ich setzte meinen Weg zu den Spinnen fort, zog einen langen Dolch. Meine Atmung hatte sich beschleunigt und die Lust des Kampfes flackerte wieder auf.
Ich hielt den Boden im Blick und von oben erkannte ich, dass ein See, mehr Tümpel, der einem kleinen Fluss entspringen musste, ganz in der Nähe von uns war. Schon bald befand ich mich über ihn und mehr oder weniger folgte ich Míriel, die gerade eine Spinne ihren Dolch in den Kopf rammte, dann die Spinnenseide durchtrennte. Sie hatte alles unter Kontrolle, und so stach ich der ersten Spinne meinen Dolch in den Kopf. Ich hasste diese Dinger und die vielen Augen glotzten mir tot entgegen. Infolgedessen flog die Spinne zu Boden, wobei sie im See landete. Folglich hörte ich die ersten Rufe von meinen Elben, dass zu Boden wieder Warge gesichtet wurden. Entfernt vernahmen meine Ohren das Zupfen von Bogensehnen und das Winseln der Wolfskreaturen. Ich hingegen drang immer mehr über den See vor und befand mich auf Ästen, die gigantisch waren. Sie formten eine Art Bogen zu anderen Bäumen und wäre diese Gegend des Waldes nicht düster, könnte hier ein Ort voller Magie und Schönheit entstehen. Zuerst müsste man sich natürlich die ganzen Spinnen wegdenken, die überall ihre Netze gesponnen hatten. Wir schienen ihr größtes Nest im Wald gefunden zu haben und im folgenden Moment hatte ich es mit der nächsten Riesenspinne zu tun. Sie seilte sich von oben ab, krabbelte auf mich zu. Zu ihrem Pech hatte sie keinerlei Chance und sofort bekam sie meinen Dolch in den Kopf. Ich spürte, wie ihr komischer Knochen brach, ich auf weiche Gehirnmasse stieß. Mit Schwung zog ich die Klinge nach draußen.
Als die Spinne nach unten fiel, jedoch halb aufs Ufer des Sees und in den See fiel, vernahm ich einen dumpfen Schrei. Alarmiert drehte ich mich um meine eigene Achse und entdeckte Míriel, die von drei Spinnen belagert wurde und auf den Ast unter ihr mit dem Rücken aufschlug. Ihr Schwert rutschte ihr aus den Händen und schnell handelte ich: Ich warf meinen Dolch, der die erste Spinne tötete. Dann zog ich zwei meiner Wurfmesser und visierte die Augen der anderen zwei Spinnen an. Auch diese Tiere löschte ich aus und innerlich musste ich mich loben, dass ich meinem Bauchgefühl vertraut hatte, Míriel am heutigen Tag nicht aus den Augen gelassen hatte. Die Elbin rieb sich ihren Hinterkopf, wirkte benommen, doch sie lebte und dies war das Einzige, das zählte.
Was mir mein Bauchgefühl zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht sagen konnte, war, dass hinter mir schon die nächste Spinne lauerte und mich an sich zog.
So schnell, dass ich nicht reagieren konnte, spürte ich ihre beharrten und stechenden Beine um meinen Körper. Ich verlor den Kontakt zum Ast, versuchte, nach dem Untier zu treten. Sie wollte nach mir beißen, doch mein zusätzliches Gewicht bewirkte, dass die Spinne an ihrer Seide ein paar Fuß nach unten rutschte. Während ich versuchte, mit einem Wurfmesser der Spinne in den Kopf zu stechen, spürte ich ihre Beine überall und meine Umgebung drehte sich, bis die Seide riss.
Dass mir die Situation, mit einer Spinne in der Luft zu hängen, ungemein bekannt vorkam, ignorierte ich. Besser gesagt, das plötzliche ekelhafte Kribbeln in meinem Bauch und das Drehen meiner Sicht, lenkte mich ab. Ich befand mich hoch in den Bäumen und nun flog ich nach unten. Mit der Spinne drehte ich mich in der Luft und ich schaffte es, ihr mein Messer in den Kopf zu rammen. Ihr Körper erschlaffte, aber es war zu spät.
Nur durch Glück lag ich im Moment des Aufpralls auf der Spinne, als wir in den See stürzten, sonst hätte mich der Aufprall mein Leben gekostet. Zumindest raubte er mir zu diesem Zeitpunkt die ganze Luft aus meiner Lunge und meine Sicht wurde schwarz. Dass mich Wasser umgab und ich fast bis zum Grund absank, bemerkte ich erst, als ich mein Bewusstsein durch die mich umgebene Kälte wiedererlangte.
Ich konnte nicht atmen, Wasser hüllte mich ein. Überall spürte ich Widerstand, da der See voller Schlingpflanzen, Matsch und Algen war. Auch die tote Riesenspinne nahm ich wahr und in diesem Moment bekam ich Panik. Ich wusste, dass ich keine Panik bekommen dürfte, doch ich tat es. Ich sah nichts. Wusste nicht, wie tief ich unter Wasser war, und bekam keine Luft. Ich konnte mich nicht bewegen, bemerkte, dass meine Beine sich in Schlingen verwickelt hatten. Meine Augen sahen nichts, es war viel zu kalt. Ich strampelte, machte es damit nur schlimmer. Gegen meinen Willen bemerkte ich, wie ich wegdämmerte, doch ich kämpfte dagegen an.
Schnell zog ich ein weiteres Wurfmesser, versuchte, mich aus den vielen Pflanzen zu befreien. Ich zerschnitt Strang für Strang und meine Finger wollten immer wieder das Messer loslassen. Ich verlor das Gefühl in den Fingerspitzen, als ich die letzte Schlinge löste. Als Nächstes müsste ich mich aus den Beinen der Spinne befreien, doch ich war zu schwach. Ich fühlte meinen Körper nicht mehr und obwohl ich langsam wieder die Panik in mir spürte, verlangsamte sich mein Herzschlag. Die Dunkelheit wurde dichter, die schwarzen Flecken bewegten sich auf mich zu. Meine Hand ließ das Messer los, es ging in der Dunkelheit verloren.

Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt