Als die ersten Menschen die Neuankömmlinge bemerkten, begannen einige, miteinander zu tuscheln. Jeder schien aufgeregt zu sein, einen Erben Isildurs zu sehen, und Aragorn sorgte sich wie ein guter Herrscher um sein Volk.
Gerade war ich fertiggeworden und hatte meinen Mantel wieder an, als die Heilerin von vorher zurückkehrte. Sie trug zwei Krüge mit sich, in denen Wasser mit irgendwelchen Kräutern waren. Zumindest in meinem waren Kräuter und die Heilerin erklärte mir, dass er gegen die Schmerzen war. Dankend nahmen wir die Getränke an und meine Kehle fühlte sich bereits staubtrocken an. Infolgedessen rann das kühle Nass meinen Hals hinab und ich fühlte mich gleich besser. Ob ihre Kräuter jedoch helfen würden, wusste ich nicht. Die meisten Menschen waren mit der Robustheit des Elbenkörpers nicht vertraut und viele schmerzlindernde Kräuter nahmen wir Elben anders auf, wie es auch bei Alkohol der Fall war.
Das Kräuterwasser roch bitter und schmeckte auch so, doch es war mir egal. Während dem Trinken, bemerkte ich Legolas' Blick auf mir ruhen. Auch, wenn er nun versuchte, weniger zu starren, schaffte er es nicht. Genervt erhob ich demnach meine Stimme: »Möchtest du dich gleich an mir anketten, oder unter meine Kleidung kriechen, mein zweites Skelett werden, um sicherzugehen, dass ich nicht umkippe?«, fragte ich und er schenkte mir den gleichen Blick, wie den meinen, der sehr genervt war. In einem Streit wurden wir nämlich oft zu des anderen Spiegelbildes und erst wenn einer von uns beiden mit der Stichelei aufhörte, würde es auch der andere tun. Da ich aber nicht gewillt war, mich zu zügeln, überließ ich dies Legolas, doch auch er schien nicht nachgeben zu wollen.
»Wenn du Verletzungen nicht immer magisch anziehen würdest, dann ließe ich dich in Ruhe!«, sprach er seine Antwort ebenso in Sindarin, da dies eine Sache zwischen uns beiden war. Gimli und Pippin sahen bereits zu uns und auch ein paar der anderen Verwundeten schielten herüber.
»Ich bin eben eine sehr anziehende Person. Lebe damit!«, war meine einfache Antwort, leerte den Krug, dann stellte ich ihn ab, mit viel Wucht, und wollte nach meinem Bogen und Köcher greifen. Bevor ich meine Waffen jedoch an mich nehmen konnte, kam mir Legolas zuvor und entriss sie mir förmlich, sodass ich sie nicht selbst tragen würde.
»Anziehend gewiss, aber auch unglaublich nervig!«, zischte er und ging zu den anderen. Kurz blieb ich verdattert stehen, da ich den ersten Teil seiner Worte nicht deuten konnte, doch dann schüttelte ich meinen Kopf, schloss die Brosche meines Elbenmantels und schritt an die anderen heran.
Aragorn war gerade im Raum von Faramir, Bruder von Boromir, gewesen und sah sich nun Éowyn und Merry an. Ich kam bei den Versammelten an, die mitten im Raum standen, wo sie niemanden behinderten. Ich stellte mich neben Pippin, der Aragorn beobachtete, wie er aus dem Zimmer von Merry schritt, Gandalf neben ihm hergehend.
Es war schön, den Zauberer wiederzusehen, und mit meinen Elbenohren hörte ich, was Aragorn zu Gandalf sprach, mehr seufzte: »Hier werde ich alles aufbieten müssen, was mir an Kraft und Können zur Verfügung steht. Wäre doch Elrond bloß hier, denn er ist der Älteste unseres ganzen Volkes und heilkräftiger als ich.«, zusammen kamen sie in die Mitte und auch Éomer, der mit Aragorn bei Éowyn gewesen war, reihte sich neben den beiden ein. Als sie bei uns waren, begrüßte uns Gandalf: »Wahrlich schön ist es, die Gefährten wieder beisammen zu wissen, doch einem geht es nicht gut. Und auch ist er nicht der Einzige, mit dem Schwarzen Schatten über sich«, erklärte er, stützte sich auf seinen Stab.
»Ruh' dich erst aus und iss wenigstens etwas!«, sprach Éomer folglich an Aragorn gewandt, als er sah, wie bedrückt der Mensch war. Aber Aragorn antwortete: »Nein, denn für diese drei und am ehesten für Faramir, ist die Uhr bald abgelaufen. Irgendwas muss ich tun können.«, danach grübelte er, bis er nach einer Heilerin rief. Ihr Name lautete Ioreth, die eine sehr alte Frau war und schon weißes Haar und viele Falten hatte. Sie schien aber die Kundigste der Heilerinnen zu sein und als sie zu uns kam, erhob Aragorn seine Stimme: »Habt ihr einen Vorrat an starken Heilkräutern im Hause?«, fragte er und die Frau nickte, wobei ihr von Falten durchzogenes Gesicht betrübt aussah.
»Ja, gnädiger Herr, doch nicht genug, schätze ich, für all jene, die ihrer noch bedürfen werden. An allem fehlt es in diesen schrecklichen Tagen. Bei all den Feuern und Bränden und mit so wenigen Botenjungen und wo auch noch die Straßen alle versperrt sind. Ja, ich weiß gar nicht, vor wie vielen Tagen der letzte Fuhrmann aus Lossarnach hier auf den Markt kam. Aber wir tun hier im Haus unser Bestes mit dem, was wir haben, wie der gnädige Herr sicher weiß«, erklärte sie ihm und hatte eine zittrige, schwache Stimme.
»Gewiss, doch dies kann ich erst sagen, wenn ich's geseh'n hab'«, er machte eine kurze Pause, »und nicht nur an guten Heilkräutern fehlt es, an Zeit für viele Worte ebenso. Habt ihr Athelas?«
»Ich weiß es nicht, so viel steht fest, gnädiger Herr. Jedenfalls kenn' ich es nicht unter diesem Namen. Ich gehe 'mal und frage den Kräutermeister, der kennt die alten Namen alle«, erwiderte die Frau, doch Aragorn sprach schon weiter: »Man nennt es auch Königskraut. Vielleicht sagt der Name Euch mehr, denn so heißt es beim Landvolk in diesen späteren Tagen.«
»Ach das! Ja, wenn der gnädige Herr das gleich gesagt hätte, dann hätt' ich's ihm sagen können. Nein, das haben wir nicht, so viel steht fest. Ich hab' ja noch nie gehört, dass es irgendwelche besonderen Kräfte besitzt, und überhaupt, wie ich immer zu meinen Schwestern gesagt habe, wenn wir im Wald darauf gestoßen sind. Königskraut hab' ich gesagt, ist doch ein sonderbarer Name und ich möchte einmal wissen, warum das bloß so heißt, denn wenn ich ein König wär', dann hätte ich doch schönere Pflanzen in meinem Garten. Immerhin, lieblich duftet es ja, wenn man's zerreibt, nicht? Wenn lieblich das richtige Wort ist, heilsam kommt der Sache vielleicht noch näher, wenn Ihr es verlangt«, sprach sie und schien eine Frau von vielen Worten zu sein, die oft in Geschichten der Vergangenheit abschweifte. Etwas, was in eiligen Momenten fehl am Platz war, doch konnte man es einer Alten verübeln?
»Ja, heilsam!«, stimmte ihr Aragorn zu, »Und nun, gute Frau, wenn Euch am Herrn Faramir etwas liegt, dann beweg' Eure Beine so schnell wie deine Zunge und hole mir Königskraut, wenn es irgendwo in der Stadt ein Blatt davon gibt!«, sie wollte schon gehen, dann sprach Gandalf noch: »Und wenn nicht, dann reite ich nach Lossarnach und nehme Ioreth hinter mir aufs Pferd. Dann soll sie mit mir 'mal in den Wald gehen, aber nicht zu ihren Schwestern!«, meinte er und erstaunlich schnell verschwand Ioreth für ihr Alter. Als sie fort war, bat Aragorn die anderen Frauen, Wasser heiß zu machen, anschließend ging er zurück zu Faramir und schien kurz nachdenken zu wollen. Als König wollte er alles tun, was in seiner Macht war, doch auch schien ihn die Furcht, zu Versagen, im Nacken zu sitzen. Tief saß sie dort und von Eile getrieben kam er kurz darauf wieder aus dem Raum heraus. Die anderen Heilerinnen waren in der Zwischenzeit seinen Bitten nachgegangen und im nächsten Augenblick trat ein Mann herein. Von seinem Äußeren urteilend konnte er nur der Kräutermeister sein. Mit bedachten Schritten kam er näher. Hier schienen alle ein langsames Tempo innezuhalten und auch seine Stimme war von der langsamen Sorte: »Der gnädige Herr hat um Königskraut gebeten, wie es im Volksmund heißt, Athelas in der Sprache der Gebildeten oder, wenn man ein wenig Valinorisch versteht-«, begann er und Aragorn sprach ihm dazwischen: »Ja, ja und es ist mir egal, ob Ihr nun Athelas oder Königskraut dazu sagt, wenn Ihr nur welches habt.«
Nach den Worten von Aragorn senkte er entschuldigend seinen Kopf.
»Ich bitte um Verzeihung, gnädiger Herr. Ich sehe, auch Ihr seid ein Gelehrter und nicht nur ein Kriegshauptmann. Doch, bedauerlicherweise, in den Häusern der Heilung, wo wir nur die Schwerkranken oder Verwundeten behandeln, halten wir dieses Kraut nicht vorrätig. Denn keine Wirkeigenschaften, von denen wir wüssten, hat es – außer vielleicht, schlechte Luft aufzufrischen oder einen schweren Kopf auszunüchtern. Außer Ihr wollt genau dies tun, denn wie die Alten, sowie Ioreth es noch tun;
DU LIEST GERADE
Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔
FanficKennt ihr das Gefühl, als ob die Welt plötzlich ins Wanken gerät und das Schicksal mit uns sein tägliches Spiel treibt? Die fein austarierte Balance, die bislang unser Leben im Gleichgewicht hielt, ist erschüttert. Auf einem schmalen Grat balancier...