Nachdem das Ende gekommen war, fühlte sich der Neubeginn genauso seltsam an, wie es bereits der Anfang dieser Reise getan hatte. Als wäre es gestern gewesen, erinnerte ich mich an den Tag im Düsterwald zurück, als ich mit Legolas am Baum, an unserem liebsten Platz, gesessen war. An diesem Tag hatte er mir erzählt, dass der Eine gefunden worden war und in Bruchtal ein Rat ausgerufen wurde. Das Waldland hatte Legolas ausgesandt, um unseren Teil der Geschichte zu erzählen, der Gollums Flucht betroffen hatte. Zu diesem Zweck war ich mit dem Prinzen des Düsterwaldes geritten und nun waren wir hier. Eine ganze Reise später und endlich hatte ihre Aufgabe ein Ende gefunden. Ein Ende, welches niemand von uns erwartet hatte, doch gehofft hatten wir darauf. Der Ringträger hatten seinen Auftrag erfüllt und ich erinnerte mich zurück an diesen Moment. Den Moment, als Saurons Reich zugrunde gegangen war, würde ich nie mehr vergessen können und ebenso wenig das Bild, als Gandalf mit den Adlern zurückgekehrt war, zwei kleine Gestalten in den Klauen der anderen beiden Lufttiere. Erst ab diesem Zeitpunkt hatte ich es begriffen, dass wir gewonnen hatten und Sauron vernichtet war. Das Schicksal Mittelerdes war besiegelt und die Dunkelheit war verflogen. Sam und Frodo schliefen immer noch und erholten sich von ihrem großen Abenteuer. Seitdem Gandalf sie aus dem Feuer geholt hatte, waren sie bewusstlos und dies schon seit dem fünfundzwanzigsten März, wenn ich nach dem Kalender ging. Dieser Tag würde nun in Gondor als der Tag des neuen Jahres bekannt werden, der Tag von Saurons Fall.
Inzwischen waren zehn Tage vergangen und das Heer hatte sich nach Nord-Ithilien zurückgezogen. Spezifisch aufs Feld von Cormallen, welches ein von Bäumen gesäumtes Feld war und an den Ufern des Anduin lag. Aus Minas Tirith waren bereits alle möglichen Lieferungen gekommen und das Lager des Heeres war vollends versorgt. Ebenso war Merry nachgekommen und ich musste wohl nicht erwähnen, dass er sich gefreut hatte, Pippin und uns zu sehen. In Ithilien lagerte ein großes Heer, welches mit Aragorn darauf wartete, dass die Hobbits erwachten. Gewiss stand bald Aragorns Krönung an, doch er schien nicht gewillt zu sein, sich stressen zu lassen. Niemand war gestresst, denn der Gedanke an den Frieden erfüllte alle Herzen und so erging es auch mir.
In den letzten Tagen hatte ich Ithilien erkundet und sogar meinem Schlafen zwischendurch nachgehen können, sodass man mich in dem ein oder anderen Blumenfeld gefunden hatte. Meine elbische Seite in mir könnte nicht glücklicher sein und noch mehr freute es mich zu sehen, dass auch alle anderen glücklich waren. Gewiss hatten viele Menschen wichtige Personen verloren, doch das Wissen, dass alles seinen Nutzen gehabt hatte, machte es erträglich. Niemand war umsonst gestorben, und so würden diese Krieger in Frieden ruhen können. Die Zeit des Friedens war angebrochen und dieses Mal war Sauron ein für alle Mal vernichtet. All seine Machenschaften, seine ganze Macht, würde vergehen. Auch der Düsterwald würde seine ehemalige Schönheit zurückerlangen. Ein seltsamer Gedanke für mich, da ich nur die Schatten des Waldes kannte und nun würde er wieder zum Grünwald werden.
Ja, es ist wahrlich die Zeit des Friedens angebrochen, dachte ich und gelangte zurück in die Gegenwart. Eine Gegenwart, in der ich in meinem Zelt einen gewissen Elben anstarrte. Legolas schlief und allein diese Tatsache hätte mich zum Lachen gebracht, wenn ich ihn nicht aufwecken hätte wollen. Ich hatte schon öfters festgestellt, dass der werte Herr Elb immer länger schlief, wenn er neben mir lag, doch ob dies mein persönlicher Charme war, der sich auf ihn übertrug, wusste ich nicht. Ich wusste nur, dass er gerade seelenruhig ruhte und ich bereits wach war, wohlgemerkt vor ihm. Wir befanden uns gemeinsam in einem Zelt und lagen in einem Haufen voller Decken und Felle. Zwar hätten wir gewiss Liegen auftreiben können, wie ich sie in anderen Zelten gesehen hatte, doch so gefiel es mir besser. Diese Art des Schlafens erinnerte mich an meine Zeit bei den Jäger- und Grenzposten im Düsterwald. Gewiss gab es auch dort einige komplett geschlossene Talans mit Liegen, aber die meisten Elben hatten einfache Felle und Decken bevorzugt.
Demnach lag ich in einem Haufen von Decken und neben mir Legolas. Meine Haare waren in einem lösen Zopf und hingen mir über meine rechte Schulter, die noch einen dünnen Verband trug. Mit dem Bogen zu schießen, war nicht die beste Idee gewesen, doch auch nur in Anbetracht der Lage, dass wir überlebt hatten. Meine Wunde hatte natürlich sofort begonnen, wieder zu bluten, und dass ich seit diesem Tag jegliche Rechte an meiner Schulter verloren hatte, war pure Realität. Legolas war die antreibende Kraft, doch dieses Mal musste ich ihm recht geben, denn, wenn ich jetzt nicht auf meine Verletzung achtete, würde ich für immer mit den Folgen leben müssen. Die zehn Tage hatten wenigstens ihr Gutes getan und meine Wunde sah gut aus, doch ob mein Elbenkörper in Zukunft die Narbe verschwinden lassen könnte, würde nur die Zukunft beantworten. Einstweilen war ich froh, dass ich mir keine Infektion geholt hatte, und aus diesem Grund ging ich meiner vorherigen Beschäftigung weiter nach: Legolas beobachten.
Er lag auf seinem Rücken, sein Gesicht war vollends entspannt. Gleichmäßige Atemzüge brachten seinen Oberkörper zum Heben und Senken und ich konnte nicht abstreiten, dass er hübsch war. Ebenso süß, aber nur, wenn er schlief. In Friedenszeiten, oder noch im Düsterwald hatte er nämlich eine nervige Natur und diese hatte ich in den letzten Tagen ertragen können. Dass wir uns endlich, nach all der vielen Jahre, getraut hatten, uns unsere Gefühle zu gestehen und dass zwischen uns mehr als Freundschaft war, ließ uns beide noch nerviger werden. Ich sagte beide, da ich in diesem Moment beschloss, den Elben aufzuwecken.
Ich lehnte mich über ihn und stützte mich auf seinen Oberkörper. Meine Arme waren in den Stoff einer hellen Tunika gehüllt und Legolas trug, wie fast immer, eine grüne. Er trug gerne die Farben des Waldes und auch standen ihm sie.
»Und du fragst mich immer, wie man so lange schlafen kann.«, mein Kinn bewegte sich beim Sprechen auf seiner Brust. Meine Stimme klang im Zelt wider und meine Augen musterten sein Gesicht, welches folglich etwas an Ruhe verlor. Seine Atmung wurde schneller und er schien wach zu sein. Doch anstatt einer Antwort, spürte ich seine Arme, die sich um mich schlangen. Er drückte mich an sich, dann murmelte er vor sich hin. Ich hingegen rappelte mich ein wenig auf und musterte sein Gesicht. Seine Augen waren immer noch geschlossen und das veranlasste mich dazu, mit meinen zu rollen. Zwar wollte ich nie aufstehen, doch wenn ich wach war, dann müssten es auch die anderen sein, also dann müsste es Legolas sein.
»Wirst du so wacher?«, fragte ich neckend und stützte meine beiden Hände neben seinem Kopf in den Fellen ab. Ich war nun fast komplett über ihn gebeugt und meine Haare fielen neben meinem Gesicht herab. Ich versuchte, dass sie nicht Legolas unter sich begruben, und legte sie mir komplett über die Schulter. Durch meine fast immerzu geflochtenen Frisuren fielen meine roten Haare in leichten Wellen herab und wurden nur durch den Zopf in meinem Nacken zusammengehalten. Meine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf den Elben, anschließend ging ich meinem vorherigen Vorhaben nach: Ich beugte mich über ihn und meine Lippen berührten hauchfein seine rechte Wange. Durch meine Wimpern blickend, bemerkte ich, dass er seine Augen leicht öffnete, doch ich ließ mich nicht beirren. Ganz sanft strichen meine Lippen an seinen Lippen entlang und kurz musste ich mich selbst überzeugen, nicht einfach meine Lippen komplett auf seine zu legen. Das auftretende Verlangen danach schob ich in den Hintergrund und strich ganz sanft hin zu seiner anderen Wange. Seine Haut war weich und doch erreichte ich seine andere Wange nicht mehr, konnte sie nicht mit einem Kuss bedecken. Ich spürte, wie Legolas' rechte Hand von meiner Taille abließ und einen Herzschlag später mein Kinn umfasste. Ganz sanft, mit drei Fingern, hinderte er mich daran, dass meine Lippen seine Wange berührten. Stattdessen führte er meine Lippen zu seinen. Er zog mich näher zu sich und intensivierte die Berührung.
Als sich unsere Lippen komplett berührten, schloss ich meine bereits halb geschlossenen Augen vollends und lehnte mich in den Kuss hinein. Wieder bekam ich dieses Kribbeln, das mir neu und aufregend erschien, und so bewegte ich meine Lippen ganz sanft. Immer noch fiel es mir schwer, zu begreifen, dass ich Legolas einfach so küsste und er diesen Kuss erwiderte. Zwar war mir schon immer bewusst gewesen, dass der Elb das Wichtigste in meinem Leben war, doch das jetzt vollends auszuleben, war ein unbeschreibliches Gefühl. Unbeschreiblich, da es mir wie ein Traum erschien, aber hier war ich nun.
In diesem Moment lagen meine Lippen auf denen von Legolas und kurz musste ich in den Kuss hineinlächeln. Lange blieb mir mein Lächeln jedoch nicht gegönnt, denn anschließend verstärkte Legolas den Kuss und ich ging darauf ein. Der Elb setzte sich auf, wobei seine Hand von meinem Kinn in meinem Nacken ging. Eine Gänsehaut bildete sich sogleich und danach drehte sich meine Welt. Er hatte unsere Plätze getauscht und einen Augenblick ließen wir voneinander ab. Ich spürte die Decken in meinem Rücken und meine Augen blickten in seine blauen. Mit seiner linken Hand stützte er sich neben meinem Kopf ab, wobei die andere immer noch in meinem Nacken verweilte und nachdem meine Augen sehr gründlich von seinem Arm, über seine Schulter, von seinem Oberkörper wieder in seinem Gesicht landeten, entdeckte ich ein Grinsen, das seinen Mund zierte.
»Nun, ja, es hilft sehr, um wach zu werden, aber um ehrlich zu sein, war ich schon auf den Beinen.«
»Wie meist du das?«, fragte ich ihn, wobei ich abwechselnd seine Lippen und Augen ansah. Es brachte die gewünschte Reaktion, denn ich bemerkte, dass er unruhig wurde. Als ich dann noch meine Hände in seinen Nacken legte, beugte er sich zu mir herunter und verband unsere Lippen zu einem viel zu kurzen Kuss.
»Es ist schon Nachmittag«, erklärte er mir, »und ich bin vor einer Stunde wieder zu dir gekommen und habe mich zu dir gelegt, dann bin ich eingeschlafen.«
»Wir waren eben letzte Nacht lange auf«, verteidigte ich mich und dachte an gestern, eigentlich heute früh zurück. Zusammen waren wir lange durch Ithilien gewandert, wobei uns Gimli und die Hobbits Gesellschaft geleistet hatten. Dass die Drei früher als wir zu Bett gegangen waren, war klar. Sie hatten irgendwann einen Platz gefunden, wo sie Pfeife geraucht hatten, und nachdem Legolas und ich bei ihnen eine längere Zeit verweilt hatten, hatten wir unsere Wanderung fortgesetzt. Gewiss hätte der ein oder andere, ohne elbisches Blut, behaupten können, dass es nichts Spannendes mehr in Ithilien zu entdecken gäbe, doch wir Waldelben fanden in jedem Insekt oder Stein eine Quelle der Begeisterung.
»Trotzdem solltest du irgendwann genug Schlaf haben«, waren seine Worte und ich seufzte leise.
»Ich bin eh von allein wach geworden«, beschwerte ich mich und Legolas hob amüsiert seine beiden Brauen.
»Ich werde deine Schlafgewohnheiten sowieso nie verstehen, obwohl sie schon immer recht eigenartig waren.«, seine Hand fuhr von meinem Nacken nach vorne. Er stoppte bei meiner linken Wange, dann fuhr sein Daumen behutsam über meine Wange. Gewiss brannte meine Haut und dies schien auch dem über mich gebeugten Elben nicht zu entgehen.
»Deine Wangen werden erstaunlich schnell rot«, stellte er, mit einer forschenden Miene, fest.
»Danke?«, erwiderte ich verwirrt, da ich nicht wusste, was ich mit diesen Worten anfangen sollte.
»Nun, nach all den Jahren ist es interessant, wieder etwas Neues an dir zu entdecken, narwa fín«, sprach er.
»Dachtest du denn, dass du schon alles wusstest?«, ich war wirklich neugierig und musterte sein Gesicht, welches einen nachdenklichen Ausdruck zeigte.
»So gut wie alles, würde ich sagen.«
»Ja, dies trifft es gut. Ich meine, du weißt zum einen nicht, wie ich nackt aussehe.«
»Lithil!«, reagierte Legolas wie immer auf meine Offenheit, wobei seine Augen rund wurden. Er sah dabei immer, meiner Meinung nach, lustig aus, da meine Offenheit immer ohne Vorwarnung kam.
»Was? Willst du mich etwa nicht nackt sehen?«, hielt ich gelassen dagegen, sah ihn mit einem unschuldigen Lächeln an.
»Ja, nein, ich meine, ja, natürlich, aber-«, versuchte er sich zu erklären und in diesem Moment entging mir nicht, dass Legolas leicht rot um seine Nase wurde. Seine Verlegenheit brachte mich zum Lachen, dann erhob ich meine Stimme: »Jetzt bist du derjenige, der rot wird«, neckte ich ihn und legte meine Hände auf seine Wangen. Ich zog sein Gesicht näher an meines heran und meinte: »Aber wenn du nein gesagt hättest, dann würdest du etwas verpassen.«
»Bescheiden wie eh und je.«
»Realistisch, wenn ich bitten darf«, hielt ich dagegen und noch während der Elb seinen Kopf schüttelte, legte ich meine Lippen auf seine. Sofort schloss ich meine Augen und Legolas ging auf den Kuss ein. Seine Lippen erzeugten dieses wohlige Gefühl in meiner Magengrube und langsam fuhr ich mit meinen Händen von seinem Nacken über seine Schultern. Auch Legolas' Hand ging auf Wanderschaft und sanft spürte ich seine Fingerkuppen meinen Hals entlangfahren, dann meine Schulter. Als er meine Seite hinabfuhr, wurde mir wärmer und seelisch seufzte ich auf. Seine Hand fand Halt an meiner Taille und meine linke Hand fuhr seinen Rücken hinab, wobei der dünne Stoff der Tunika nicht unbedingt viel zum Erahnen übrigließ. Meine rechte Hand landete in seinem Nacken und die andere fand den Weg vor zu seiner Brust, wo sie nach oben zu seinem Hals strich, an seinem Ohr vorbei.
Die auftretende Gänsehaut unter meinen Fingerkuppen entging mir nicht und ich wusste, dass Legolas empfindlich in dieser Gegend war. Etwas, was ich bereits durch meine Sticheleien herausgefunden hatte, und jetzt kam mir dies zugute. Im nächsten Augenblick fuhr ich mit meiner Zunge langsam seine Unterlippe entlang und wollte den Kuss intensivieren. Sofort ging Legolas darauf ein und als sich unsere Zungen trafen, wurde ich noch näher an den Elben gedrückt. Ich hatte schon vermutet, dass das nicht mehr möglich wäre, doch als ich meinen Körper an den von Legolas gedrückt vorfand, wurde meinem Kopf schwummrig. Ich spürte seinen Körper gegen meinen gedrückt und instinktiv schlang ich ein Bein um ihn, zog ihn noch näher zu mir nach unten, weshalb ich befürchtete, bald durch Überhitzung zu sterben. Mein Rücken wurde in die Decken gedrückt und unsere Lippen bewegten sich im Einklang. Das Gefühl in meinem Bauch wurde stärker und all dies fühlte sich richtig an. Legolas zu küssen fühlte sich so an, als ob es das war, was ich schon immer tun hätte sollen, und doch wirkte alles so neu. Neu, da ich so etwas noch nie getan hatte, trotzdem schien mein Körper genau zu wissen, was ich tun musste. Legolas und ich kannten uns schon lange, dass es sich einfach wunderschön anfühlte, und so genoss ich den Moment.
Als wir uns voneinander lösten, um Luft zu holen, bedachte der Elb über mir meine Wange mit Küssen, die zu meinem Kinn bis zu meinem Hals gingen. Hauchfeine Küsse bedeckten in kurzen Abständen meine Haut unter meinem rechten Ohr. Meine Haut schien in Flammen zu stehen und ich ließ meine Hände in seinen Nacken wandern. Jedoch, als ich mit meinen Ohren Schritte außerhalb des Zeltes wahrnahm, rollte ich mit meinen Augen, die halb geschlossen waren. Auch Legolas hörte die dumpfen, festen Schritte und gleich wusste ich, wer es war. Der Elb ließ von mir ab und ich blickte mürrisch zum Zelteingang, sodass Legolas auflachen musste.
»Dieser Blick sieht ziemlich tödlich aus«, lachte er und drückte mir einen weiteren Kuss auf meinen Mund, der mich nicht beruhigte, da danach die Stimme von Gimli erklang: »Darf man euch stören, oder seid ihr nackt?«, fragte er dreist wie er war und bevor Legolas antworten konnte, übernahm ich dies: »Nackt nicht, aber trotzdem wollen wir nicht gestört werden!«, rief ich zurück und Legolas sah mich kopfschüttelnd an. Von draußen ertönte mehrheitliches Lachen, was Merry und Pippin identifizierte.
»Nun, es ist Nachmittag und Legolas, du bist schon eine Weile weg, obwohl du gesagt hast, dass du gleich wiederkommst«, sprach Gimli, dann erwiderte Pippin: »Wir wollten doch das Spiel mit den Steinen spielen, vergessen?«, mein Blick ging zu Legolas, der unschuldig mit den Schultern zuckte, und ich nahm an, dass dieses Spiel genau der Grund gewesen war, warum Legolas sich wieder zu mir gelegt hatte.
»Ja, Pippin hat zwar die erste Runde gewonnen und jetzt möchte er gegen einen Elben spielen«, sagte nun Merry, was Legolas tief zum Seufzen brachte, und ich wusste, dass er die Spiele der Hobbits hasste. Schon ganz am Anfang unserer Reise als sie noch zu viert gewesen waren, hatten sie uns andere damit schon genervt und jetzt, da der Krieg vorbei war, schienen sie sich an all ihre Spiele erinnern zu können. Generell waren Hobbits in Friedenszeiten nerviger und schon jetzt sah ich viele Trinkabende mit ihnen voraus, wenn wir erst einmal Minas Tirith erreichen würden. Aragorns Krönung stand bekanntlich bevor und die ganzen Menschen schienen den Sieg des Krieges feiern zu wollen.
»Schon gut, wir kommen ja«, meinte Legolas und rappelte sich mit Widerwillen auf. Sofort spürte ich die Abwesenheit von seinem Körper und am liebsten hätte ich ihn wieder zu mir gezogen. Aber es brachte nichts. Deswegen stand ich schließlich auch auf, wobei ich meinen Zopf löste. Anschließend fielen mir meine Haare offen nach unten und während ich meine kleine Tasche und Stiefel schnappte, ging Legolas nach draußen. Mit beiden Sachen in der Hand folgte ich und sofort schien mir die Sonne entgegen. Ich konnte sie nicht abschirmen, also zog ich schnell meine Stiefel an und musterte die drei. Merry und Pippin waren, wie die letzten Tage schon, immer noch bei guter Laune und Gimli war wie immer.
Schnell schlüpfte ich in meine Stiefel und stopfte die grüne Hose hinein, die ich bekommen hatte. In den letzten Tagen waren viele Vorräte aus Minas Tirith und den umliegenden Städten zu uns aufs Cormallen-Feld gekommen und aus diesem Grund konnte ich mich nicht über Kleidung beklagen. Dem Anschein nach hatte es sich endlich komplett herumgesprochen, dass eine Frau im Heer war, und demnach passte mir die Kleidung sogar.
»Macht ihr da drinn' auch einmal ein Elbenbaby?«, kam eine Frage von Pippin, die mich meinen Kopf zu ihm schnellen ließ.
»Ja, aber dann bitte gleich mehrere, ich möchte ebenso Patenonkel werden!«, beklagte Merry und da ich hinter den beiden, nun blöd kichernden, Hobbits ging, bückte ich mich und ließ ihre Dickschädel aneinanderschlagen.
»Aua!«, beschwerte sich Pippin, rieb sich seine linke Schläfe. Merry rieb sich seine rechte und ich rollte mit meinen Augen.
»Aua!«, äffte ich Pippin nach und Merry bekam eine böse Idee.
»Warte! Lithil?«
»Hm?«
»Bist du nicht kitzelig?«, fragte der Kleine und zusammen sahen mich die beiden böse grinsend an, sodass ich stehenblieb.
»Nein«, versuchte ich es und meine Augen wurden runder.
»Auf sie!«, rief Merry plötzlich und so feige wie ich eben war, rannte ich weg. Ich war in der Tat sehr kitzelig und ich wusste, dass ich nicht zwei Hobbits auf einmal abwimmeln könnte, wenn sie erst einmal auf mir wären. Hobbits konnten sich wahrlich an einem festklammern und dies schienen die beiden zu wissen. Schnell begann ich, loszurennen, und hörte nur mehr das Lachen von Gimli und Legolas.
So rannte ich von den beiden davon und meine Füße sprinteten übers Gras und durch die Reihen der Zelte, weshalb wir drei den ein oder anderen komischen Blick bekamen. Selbstverständlich war mir das egal und auch entging mir nicht, dass die beiden erstaunlich schnell waren.
Nach einer kurzen Zeit hatte ich zwar einen Vorsprung, der sich im nächsten Moment jedoch verflüchtigte, als ich Aragorn, Gandalf und Éomer passierte. Der Zauberer schien die Situation sofort zu begreifen und fies lächelnd hielt er mir seinen Stab vor die Füße. So schnell, dass ich nur noch aufgrund meiner guten Reflexe über den Stab hinwegspringen konnte. Springen, obwohl es mehr ein Stolpern war, und dann kam ich strauchelnd dort an, wo zuvor noch Éomer gestanden hatte, der von Aragorn auf die Seite gezogen worden war. Beide Situationen bremsten mich dermaßen ab, dass sich im nächsten Moment etwas an meinem Bein festhielt und ich zu Boden ging. Da ich nicht schnell gewesen war, war der Aufprall nicht stark, dann landete ich schon im Gras. Im Fall hatte ich mich auf den Rücken gedreht, da ich nach hinten geblickt hatte. Die Luft entwich meiner Lunge und sofort blickte ich in den blauen Himmel, in welchem ein paar weiße Wolken zu sehen waren.
Als ich den Untergrund in meinem Rücken spürte, versuchte ich, die Hobbits abzuschütteln, doch da ich mich nur wehren konnte, indem ich anderen wehtat, schaffte ich es nicht. Natürlich wollte ich die beiden nicht verletzen, und so blieb es bei Versuchen, sie von mir zu schieben, was zwecklos war. Sie verkrallten sich und gerade packte ich einen von den beiden unter den Armen und versuchte, ihn zu kitzeln. Zu meinem Leidwesen war dieser jemand absolut nicht kitzelig und während ich versuchte, den einen von beiden von mir zu bekommen und währenddessen wieder auf meine Beine zu kommen, begann der andere mir in meine Seiten zu kneifen. Etwas wie ein Zischen, dann ein Knurren und schlussendlich ein Heulen verließ meinen Mund, als ich den Halt des ersten Hobbits verlor und er ebenso auf mich losging. Danach begann ich, zu lachen, wobei ich es hin und wieder schaffte, einen von beiden von mir zu bekommen, und gerade, als ich auf meinen Knien war und Pippin auf Abstand hielt, kam Merry von der Seite und drückte mich mit Anlauf ins Gras. Ich quiekte auf und seit langem fühlte ich mich einmal wieder hilflos, weswegen ich flehte: »Bitt- Bitte! Auf-, aufhören!«, doch ich bekam nur eine trockene Antwort von Pippin: »Du hast unsere Köpfe zusammengeschlagen!«
»Ja, also warum sollten wir aufhören?«, hielt Merry dagegen, infolgedessen drückte ich ihn von mir.
»Ihr habt provoziert!«, warf ich zurück und landete wieder auf meinem Rücken. Als dann einer begann, meine Waden zu kitzeln, zappelte ich mit meinen Füßen und meinte: »Bitte, ich möchte euch nicht wehtun!«
»Dies ist nicht unser Problem!«, hörte ich.
»Okay, dann gebe ich mich geschlagen, wenn ihr nur aufhört!«, bettelte ich und während Lacher meinen Brustkorb zum Beben brachten, spürte ich die ersten Lachtränen in meinen Augenwinkel.
»Gib zu, dass wir besser als du sind!«, verlangte Merry und neben mir hörte ich jemanden auflachen. Dieser Jemand konnte nur Legolas sein, der wusste, wie sehr ich es hasste, zugeben zu müssen, dass ich verloren hatte. Kurz wehrte ich mich noch gegen die Hobbits, bis ich einknickte.
»Gut!«, rief ich, »Ihr seid besser als ich! Und jetzt aus!«
Sie ließen wirklich sofort von mir ab und schnell atmend lag ich in der Wiese, bis sich zwei kleine Köpfe in meine Sicht schoben. Neben meinem Kopf standen zwei Paare beharrte Füße, was mich zum Aufsetzen veranlasste. Im Sitzen fuhr ich mir durch mein Gesicht und beruhigte mich zögerlich. Die Hobbits waren aus dieser Sicht größer als ich und skeptisch beäugte ich die beiden, als ich aufstand. Ich klopfte mir den Dreck von der Kleidung ab, dann ging mein Blick in die Anwesenden.
»Dies war fies, Mithrandir«, beschwerte ich mich und bedachte Gandalf mit einem wehleidigen Blick. Er begann, zu lachen, und stützte sich auf seinem Stab ab, der mir zuvor zum Verhängnis geworden war.
»Nun, ohne dem hätten sie dich nicht erwischt und ich habe mir gedacht, dass die beiden sicher einen Grund für die Verfolgung haben«, sprach der Zauberer, nachdem er sein Lachen beendet hatte, »Und wie sich herausgestellt hat, hatten sie einen.«
»Bei Lithil gibt es immer einen Grund«, fiel mir Aragorn in den Rücken und mein Blick schnellte zu ihm.
»Auf wessen Seite bist du?«, fragte ich gespielt schockiert.
»Nicht auf deiner«, antwortete Gimli für den Menschen und ich seufzte auf.
»Gut, dann muss ich damit leben«, ich zuckte mit meinen Schultern, »Jetzt würde ich gerne eine Mahlzeit zu mir nehmen«, erklärte ich und die Anwesenden schienen amüsiert zu sein. Die Hobbits bestanden natürlich auf ihr Spiel, und so gingen wir dem nach. Frieden konnte schön sein, obwohl ich mich nun in der nächsten Zeit mit den beiden Hobbits herumschlagen müsste. Trotzdem würde ich nichts ändern wollen.
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Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔
FanfictionKennt ihr das Gefühl, als ob die Welt plötzlich ins Wanken gerät und das Schicksal mit uns sein tägliches Spiel treibt? Die fein austarierte Balance, die bislang unser Leben im Gleichgewicht hielt, ist erschüttert. Auf einem schmalen Grat balancier...