19. Kapitel - Moria

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Am Morgen erwachte ich aus meinem Traum, als mich jemand leicht an meiner Schulter rüttelte. Mein Oberkörper wurde von kleinen Erdbeben durchschüttelt und widerwillig öffnete ich meine Augen. Augen, welche heute nur wenige Stunden Ruhe bekommen hatten, da, obwohl die Wölfe nicht mehr wiedergekommen waren, ich weiterhin Wache gehalten hatte.
»Lithil, du musst aufstehen«, hörte ich die Stimme von Legolas.
Ein Grunzen entwich meiner Kehle. Ich spürte, wie sich seine Präsenz mir näherte. Durch meine Augen, die inzwischen leicht geöffnet waren, sah ich, wie sich der blonde Elb neben mich setzte. Ich war mir sicher, dass er mich die ganze Zeit über anstarren würde, bis ich mich aufsetzte. Deswegen grummelte ich laut.
Meine Hände stießen mich vom Boden ab, weil ich auf meinem Bauch lag, folgend kam ich sitzend in der Realität an. Ich fuhr mir durch meine Haare, die bessere Tage zu Gesicht bekommen hatten, und ich wollte mir gar nicht ausmalen, welches Bild ich Legolas bot. An seinem Gesichtsausdruck konnte ich sehen, dass es schlimm war. Mit meiner Hand an meinem Kopf, bereute ich sofort, dass ich meine Haare vor dem Ruhen noch in einen losen Zopf getan hatte.
»Ja, ja, du musst nichts sagen, man kann es dir vom Gesicht ablesen, mellon nín«, sprach ich leise, öffnete meine Haare, um sie im Stil unseres Volkes flechten zu können.
Zusammen saßen wir beide am Boden, wobei Legolas seine Unterarme auf seinen Knien abgestützt hatte, und er sah sich in der Gegend um. Nur mehr die Kadaver sowie die verkohlten Bäume waren der Beweis, dass in der Nacht ein Kampf stattgefunden hatte. Auch ein paar kaputte Pfeile von mir und einen von Legolas konnte ich erblicken.
Zusammen nahmen wir Lembas und Wasser zu uns, wobei ich immer noch meine Haare entwirrte. Natürlich war Frühstücken in Verbindung mit Flechten mühsam, doch ich schaffte es, dass meine Haare hinter meinen Ohren geflochten waren und folglich zu einem einzigen ebenfalls geflochtenen Zopf zusammenflossen. Überprüfend fuhr ich mit meinen Händen über meine Haare.

Sollte passen, dachte ich zufrieden nickend.

Legolas musterte mich von der Seite her aus.
»Ist was? Hab' ich eine Strähne vergessen?«, fragte ich sofort, doch er schüttelte bloß seinen Kopf.
Er lächelte mich an, im Anschluss erhob er seine Stimme: »Nein, deine Haare haben keinen Makel, aber darf ich dich nicht einfach so ansehen?«
Aus irgendeinem Grund, wusste ich nicht, was ich auf diese Aussage antworten sollte. Ich knapp.
»Weißt du, ich bin einfach froh, dass wir zusammen diese Reise machen, Lithil«, sprach Lego weiter, jedoch bevor er weitersprechen konnte, ertönte ein genervter Laut von der Seite.
Ich sah nach links und konnte Gimli sehen, der sich ungeniert in seine Hände schnäuzte, danach seine Finger an seiner Hose abwischte.
»Ihr Spitzohren müsst ja wirklich durchgehend emotional sein, da wird mir augenblicklich schlecht.«
»Nur weil Zwerge keinerlei Emotionen besitzen und sich die Grimmigkeit zu eigen gemacht haben?«, konterte ich und musterte den Zwerg, mit seinen roten Haaren, mit erhobenem Kinn.
»Pf, Zwerge haben Emotionen, nur eben an den richtigen Stellen.«
»Ja, wenn man eure Äxte als ein Körperteil betrachtet.«
Hinter Gimli konnte ich Aragorn sehen, der hart versuchte, sein Wasser im Mund zu behalten, da Gimlis Blick einfach nur köstlich war. Sein linkes Auge begann zu zucken, darauf knurrte er: »Das entspricht absolut nicht der Wahrheit!«
»Ich finde, dass ich das eigentlich ziemlich gut dargestellt habe«, erläuterte ich lieb und sah, wie Legolas mir einen warnenden Blick zuwarf, der mir symbolisierte, dass ich aufhören sollte, doch Gimli und sowohl ich dachten nicht daran.
»Dann bleibe ich bei meiner Annahme, dass ihr Spitzohren, spezifisch ihr zwei, den Schnulz mit dem Löffel gefressen habt.«
»Diese Worte nimmst du zurück!«, fuhr ich unerwartet in die Höhe. Ich konnte sehen, wie der Zwerg anfangen musste, zu grinsen. Er hatte einen sensiblen Punkt getroffen. Das wusste er.

Ich kann es nicht ausstehen, wenn Legolas und ich als Paar abgestempelt werden...

»Ich soll zurücknehmen, dass die spitzohrigen Turteltäubchen emotional sind, obwohl ich vor mir gerade, aufgrund dieser Reaktion, den besten Beweis sehe?«, Gimlis dunkle Augen glitzerten. Ich atmete einmal kurz ein und aus.
»Ich will bloß das Missverständnis beseitigen, dass Legolas und ich keine Liebespartner sind, aber meinen Standpunkt vertrete ich weiterhin.«
Den Zwerg traf die Erkenntnis. Ihm war soeben erst klar geworden, dass seine Annahmen der letzten Tage, aufgrund der angeblichen Beziehung zwischen Legolas und mir, falsch waren.
Man musste selbstverständlich nicht erwähnen, dass das Gesicht des Zwerges nur noch besser wurde, doch auch die anderen aus der Gruppe waren irritiert.
»Wirklich jetzt?«, ich sah alle scharf an, doch sie schauten weg, als mein Blick sie traf. Ich konnte nicht glauben, dass sie allesamt ebenfalls so gedacht hatten.
Bevor ich mich jedoch weiter aufregen könnte, was sowieso kein passendes Verhalten gewesen wäre, unterbrach Gandalf uns alle: »Wir sollten die kleinen Streitereien zwischen Zwergen und Elben belassen«, er blickte zu mir, dann zu Gimli und widerwillig nickten wir uns zu, »Es ist aber, wie ich befürchtet habe. Das waren keine gewöhnlichen Wölfe auf Futterjagd. Essen wir rasch fertig, dann geh'n wir!«
Dies hätte er niemandem von uns zweimal sagen müssen, denn ich wollte unter keinen Umständen länger als nötig an diesem Ort verbleiben, die anderen ebenso wenig. Und obwohl Moria als Ziel nicht wie die Sonne strahlte, jegliche Lichtstrahlen sogar absorbierte, war es unsere einzige Hoffnung.

Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt