Noch zwei Nächte marschierten wir, stetig bergauf, jedoch immer langsamer, weil sich der Weg nun zwischen den Hügeln hinaufschlängelte, die Berge sich näher und näher vor uns auftürmten. Es wurde kälter, und bald schon trugen die ersten Tannen einen Hauch von Schnee in ihren Gipfeln. Dieser Hauch Schnee wurde schnell zu einer richtigen Schneelandschaft.
Auch, wenn mir als Elbin nicht schnell kalt wurde, zog ich den Mantel von Imladris an, der einstweilen vom Pony Lutz getragen worden war. Das kleine Pony stapfte tapfer voran und unsere Pausen galten meistens ihm oder den Hobbits. Gandalf führte uns, auch Aragorn marschierte ganz vorne. Wind umwehte sie. Der graue Mantel des Zauberers flatterte, den Hut musste er sich sogar festhalten.
So stiegen wir immer höher. Die Luft wurde bei jedem Atemzug dünner. Am dritten Morgen stand das Caradhras endlich vor uns; ein mächtiger Gipfel, die Spitze vom Schnee versilbert, die steilen Hänge aber nackt und stumpfrot wie blutgetränkt.
Nun sah der Himmel bedrohlich aus, die Sonne war verschleiert. Der Wind hatte auf Nordost gedreht und Gandalf der Graue zog schnüffelnd die Luft ein. Er sah dem Gipfel entgegen, dann erklang seine Stimme: »Hinter uns macht der Winter jetzt Ernst«, sagte er zu Aragorn, »Die Höhen im Norden sind weißer als zuletzt, der Schnee reicht weit die Hänge herab. Heute Nacht müssen wir hoch hinauf zum Rothorntor. Gut möglich, dass wir auf diesem schmalen Pfad von Spähern gesehen werden und dass irgendwas ganz Übles uns auflauert. Aber noch gefährlicher als alle ander'n Feinde könnte das Wetter werden. Was hältst du jetzt von deiner Route, Aragorn?«
Gandalf hob seine Brauen. Er bedachte den Menschen mit einem strengen Blick. Dieser hingegen wahrte eine eiserne Miene und sah dem Zauberer entgegen. Zwar wusste ich, dass sie einen schon vor längerer Zeit begonnen Streit fortsetzten, und nur, weil ich ganz in der Nähe der zwei ging, hörte ich jedes noch so leise gesprochene Wort.
»Ich halte von unserer ganzen Route von Anfang bis Ende nichts, wie du wohl weißt, Gandalf«, antwortete Aragorn, »Und je weiter wir kommen, desto mehr Gefahren erwarten uns, bekannte wie unbekannte. Aber wir müssen weiter und es hilft nichts, den Übergang übers Gebirge hinauszuschieben. Weiter im Süden, bis zur Pforte von Rohan, gibt es keine Pässe. Und dem Weg dort entlang traue ich nicht mehr, seit du uns über Saruman aufgeklärt hast. Wer kann außerdem wissen, mit welcher Seite es die Marschälle der Pferdeherren inzwischen halten? Wir können nicht wissen, ob die Menschen Rohans ein Bündnis mit Saruman haben.«
»Ja, wer kann's wissen?«, sagte Gandalf, »aber es gibt noch einen anderen Weg und nicht nur den über den Caradhras-Pass: Der dunkle und geheime, über den wir schon 'mal gesprochen haben.«
»Aber sprechen wir nicht noch einmal über den! Noch nicht. Bitte sag' den anderen nichts davon, solange nicht klar ist, dass es keinen anderen Weg gibt«, erwiderte der Mensch und ich war neugierig. Ohne Elbenohren hätte ich nicht verstanden, was sie sprachen, doch so musste ich über ihre Worte nachdenken.Dunkel und geheim?
Interessant...»Wir müssen uns entscheiden, bevor wir weitergehen«, meinte Gandalf.
»Dann wollen wir uns alles noch einmal durch den Kopf geh'n lassen, während die anderen ausruhen und schlafen.«
So geschah es. Am späten Nachmittag, als wir alle unser Frühstück beendeten, gingen die zwei zur Seite und trafen eine Entscheidung.
Ich grübelte währenddessen, wo dieser geheime Weg liegen könnte, doch ich wurde unterbrochen, als Gandalf bekanntgab, dass wir über das Gebirge gehen würden, sowie, dass das Rothorntor wahrscheinlich bewacht sein würde. Jedoch machte ihm das Wetter am meisten Sorgen. Deswegen mussten wir uns beeilen und aufbrechen, wenn wir unser Mahl gänzlich beendet hätten.
Wir beeilten uns alle mit dem Essen, wobei die Hobbits dies beklagten. Essen müsste man genießen, war ihr Leitspruch des Lebens. Mir hingegen war es egal, ob ich nun heute in Ruhe aß oder erst in zwei Tagen. Wenn nötig, würde ich auch beim Gehen essen, doch dazu kam es zum Glück nicht. Wir hatten sogar noch genügend Zeit, unser kleines Feuer zu benutzen, um Schnee zu schmelzen. Am Fuße des Gipfels hatte sich noch Feuerholz finden lassen und wir erhitzten Schnee und legten Zweige von Kiefern hinein. Lange hielt diese Erwärmung jedoch nicht an, denn darauf begann der Aufstieg.
DU LIEST GERADE
Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔
FanfictionKennt ihr das Gefühl, als ob die Welt plötzlich ins Wanken gerät und das Schicksal mit uns sein tägliches Spiel treibt? Die fein austarierte Balance, die bislang unser Leben im Gleichgewicht hielt, ist erschüttert. Auf einem schmalen Grat balancier...