Am nächsten Morgen wurde ich von einer Hand geweckt, die behutsam meinen Kopf streichelte. Durch die Berührung hätte ich aber bloß tiefer schlafen können.
Dies schien auch die Person zu bemerken, denn ein Lachen erklang, folglich Legolas' amüsierte Stimme: »Lithil, komm. Du musst aufstehen, und ja, ich weiß, dass es schwer ist.«
»Schwer? Also bitte...«, gab ich müde zurück, schlug meine Augen auf. Bevor mein Körper es sich anders überlegen könnte, setzte ich mich auf und fuhr mir durch mein Gesicht.
»Und so weckt man eine ruhende Lithil auf. Ihr sagen, dass etwas zu schwer für sie ist«, witzelte Legolas, blickte mir entgegen. Er hatte sich im düsteren Zelt neben mich gehockt.
Mit zu Schlitzen verengten Augen sah ich ihn an. Unsere Gesichter waren sich nahe, was mich schmunzeln ließ, doch ich ließ mich nicht beirren und musterte den Elben. Er hockte auf seinen vorderen Fußballen und seine Unterarme waren auf seinen Oberschenkeln abgelegt. Seine Beinstellung war seine Schwachstelle.
Ich verpasste ihm einen Stoß gegen seine Brust. Es war viel zu schnell, als dass Legolas hätte reagieren können, und nur seine Augen waren aufgerissen, als er mit wedelnden Armen auf seinem Gesäß landete.
»Und so bringt man einen Legolas zu Fall«, spottete ich im gleichen Tonfall.
Ich stand auf und streckte mich ausgiebig, ignorierte dabei den Elbenprinzen, der mich anfunkelte. Ein herzhaftes Gähnen entwich meiner Kehle, danach schritt ich an Legolas vorbei, der sich aufrichtete, und aus dem Zelt.
Tageslicht schloss mich ein, wärmte meinen Körper. Mit dem Gewissen, dass ich Lóriens Schönheit zum letzten Mal für eine lange Zeit sehen würde, musterte ich die großen Bäume. Im Morgenlicht waren sie von einem hellen Ton und leiser Elbengesang drang von den Baumkronen herunter.
Die anderen Gefährten packten gerade noch ihre wenigen Habseligkeiten zusammen, als ein paar Elben auf uns zukamen. Sie spazierten elegant über den Rasen und sprachen die Gemeine Zunge.
Sie brachten uns Geschenke für unsere Reise, zu denen Kleidung und hauptsächlich Lembas gehörte. Ein sehr dünner Keks, der außen braun gebacken, innen aber sahnig weiß war.
Der Zwerg Gimli musterte diese skeptisch, nahm schließlich einen zur Hand. Er drehte ihn hin und her, betrachtete ihn missgünstig von allen Seiten.
»Cram«, brummte der Zwerg, dann brach er eine Ecke ab und kostete von dem Keks. Er schien ihm zu schmecken und verzerrte den Rest auch noch.
»Genug, genug!«, riefen die Elben und lachten leise, »Genug für eines langen Tages Weg hast du gefuttert.«
»Ich dachte, es ist nur eine Art Cram, wie es die Menschen aus Thal für Reisen durch die Wildnis backen.«
Gimli war verwirrt. Er sah zum Elben, der gesprochen hatte. Die Elben erklärten Gimli, dass Lembas auch so etwas in der Art war, aber elbisch und nahrhafter, und die Gefährten damit sparsam umgehen sollten, da etwas Lembas im Notfall auch einen großen Krieger bei Kräften halten könnte.
Danach überreichten uns die Elben, die sich übrigens nicht bei ihren Namen vorgestellt hatten, Kapuzenmäntel in der richtigen Größe für jeden von uns. Es waren die gleichen Mäntel, wie die Waldelben sie trugen und von denen es schwer zu sagen war, von welcher Farbe sie waren.
Grau im Zwielicht unter den Bäumen, doch anderswo oder in anderem Licht konnten sie grün sein wie schattiges Laub, braun oder dämmersilbrig wie Wasser im Sternenschein.Ein wertvolles Geschenk.
Jeder Mantel wurde am Hals mit einer Spange in der Form eines silbern gerippten grünen Blatts geschlossen. Pippin beäugte die Mäntel mit großen Augen.
»Sind das nun magische Mäntel?«, fragte der Hobbit staunend.
»Ich weiß nicht, was du damit meinst«, antwortete der Anführer der Elben, »Sie sind kleidsam und aus gutem Stoff, denn in Lórien ward er gewoben. Freilich, elbisch sind sie, wenn du das meinst. Blatt und Zweig, Wasser und Stein. All dieser Dinge Farbe haben sie in Lóriens Dämmerlicht, das uns teuer ist, denn der Gedanke an alles, was wir lieben, geht in die Dinge ein, die wir schaffen. Doch Kleider sind es, keine Rüstungen, und Pfeil oder Klinge werden nicht von ihnen abprallen. Dennoch dürften sie euch gute Dienste leisten. Leicht, bequem und, wie jeweils nötig, warm oder kühl genug sind sie. Sehr nützlich werdet ihr sie finden, um euch unfreundlichen Blicken zu entziehen, ob ihr nun zwischen Felsen oder Bäumen geht. Hoch steht ihr wahrlich in der Gunst der Herrin! Denn selbst gewoben hat sie den Stoff mit ihren Mägden und nie zuvor haben wir Fremde in die Tracht unseres Volkes gekleidet«, erklärte der Elb und als letzte Worte ausgetauscht waren, verschwanden die Elben wieder. Wir nahmen Frühstück zu uns.
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Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔
FanfictionKennt ihr das Gefühl, als ob die Welt plötzlich ins Wanken gerät und das Schicksal mit uns sein tägliches Spiel treibt? Die fein austarierte Balance, die bislang unser Leben im Gleichgewicht hielt, ist erschüttert. Auf einem schmalen Grat balancier...