Zuerst war ich über Théodens Worte verwundert; dass er sich gegen Sarumans Einfluss wehren hatte können, schien mir seltsam.
Abermals ging mein Blick zu Gandalf, der weiterhin einer Statue zum Verwechseln ähnlich sah. Starr blickte er nach oben, mit angespanntem Kiefer und stützte sich weiterhin auf seinen Stab.Hat er seine eigene Magie im Spiel, fragte ich mich, doch wie es bei Selbstgesprächen war, bekam ich keine Antwort.
Die Reiter der Mark sahen zu ihrem König auf, schienen von einem Traum zu erwachen. Sie schienen die Worte ihres Königs erst einmal verstehen zu müssen; zu sehr hatten sie unter Sarumans Bann gestanden, dass die Stimme Théodens ihnen fremd und eigenartig erscheinen müsste.
Jedoch, noch verwirrter schien Saruman persönlich zu sein, denn der Zauberer war außer sich. Zorn war ihm ins Gesicht geschrieben und er beugte sich übers Geländer, als wollte er den König mit seinem eigenen Stab erschlagen.
Seine Finger krallten sich um seinen Stab, sodass seine Knöchel weiß hervortraten. Für einen kurzen Augenblick erschien es mir so, als ob nicht Saruman, sondern eine hinterhältige Schlange über mir stehen würde.
»Galgen und Krähen!«, zischte er.
Nun sahen auch die letzten die Veränderung des sonst so armen Zauberers. Sein Blick war kalt, weshalb mir ein Schauer den Rücken hinabkroch. Gimli keuchte sogar leise auf.
»Unsinn! Das Hause Eorl ist nichts anderes als ein dreckiger Stall, der gefüllt mit betrunkenen Straßenräubern ist! Viel zu lange schon seid ihr dem Galgen entkommen, doch die Schlinge hängt schon über euch. Sie wartet, um eure Hälse zum Spüren zu bekommen und dann wird sie sich zuziehen. Langsam und fest um euren Hals, bis euch allen die Luft zum Atmen fehlt. Hängt doch, wenn ihr wollt, aber zählt nicht am Ende der dunklen Stunde auf meine Hilfe!«, fuhr Saruman in die Höhe.
Ich konnte bloß meinen Kopf schütteln.Sagt der, der sich zuerst noch mit diesen sogenannten Straßenräubern verbünden wollte, armselig, dachte ich den Zauberer musternd.
Sarumans Augen schielten zu mir und es kam mir so vor, als hätte er meine Gedanken gehört.
Ich spürte eine leichte Druckwelle, die mich einen Schritt nach hinten baumeln ließ. Wie ein Stoß gegen meine Brust, doch so schnell wie es gekommen war, war das Gefühl wieder fort und es schien mir wie eine Einbildung.
Ich bemerkte nur, wie Legolas schützend seine Hand auf meinen Rücken legte, da er gedacht hatte, dass ich nach hinten stürzte. Danach musterte der Elb mich. Ich deutete ihm, dass alles gut war. Seine Hand verweilte jedoch um meine Taille und die anderen schienen komischerweise nichts mitbekommen zu haben - als hätte Saruman nur mir einen Bruchteil seiner Kraft gezeigt.
Langsam beruhigte sich Saruman, erlangte seine Fassung wieder. »Sogar meiner Wenigkeit ist es ein Rätsel, warum ich die Geduld aufbringe, mit dir zu reden, Théoden, der ach so große Herr der Mark. Ich brauche weder dich, noch brauche ich deinen kleinen Haufen von Strauchrittern«, sprach er ruhig und hatte nun alle Höflichkeiten beiseitegelegt, »Strauchreiter, die wohl ebenso schnell ausreißen, wie angreifen können, du Pferdestallkönig! Vor langer Zeit schon habe ich dir eine Stellung angeboten, die weit über alles geht, was du dir vorzustellen vermagst. Ich habe sie dir jetzt abermals angeboten, damit diejenigen, die du ins Verderben führst, den anderen Weg sehen, den ihr einschlagen könntet. Aber du antwortest mit Prahlereien und Beschimpfungen. Nun, halte deine Worte! Kehrt zurück in eure Hütten!«
Saruman blickte von Zorn erfüllt zu Gandalf. »Nun komme ich zu dir, Gandalf. Zumindest kann ich für dich etwas Mitleid empfinden, denn deine Schande bekümmert mich doch etwas. Wie hältst du es in solcher Gesellschaft aus? Denn du bist stolz, Gandalf, und nicht ohne Grund, mit deinem hohen Sinn und deinem Auge, das tief einzudringen und weit zu sehen vermag. Willst du nicht wenigstens jetzt meinen Rat anhören?«
Nun rührte sich Gandalf zum ersten Mal. Er sah komplett zu Saruman auf und sprach: »Was hast du zu sagen, was du nicht schon bei unserer letzten Begegnung gesagt hast? Außer du willst einen Widerruf machen, sonst glaube ich nicht, dass wir viel zu besprechen haben.«
Darauf schwieg Saruman einen Moment.
»Widerrufen...?«, wiederholte er, als ob er das Wort nicht kannte, »Widerrufen? Ich habe mich bemüht, dir zu deinem Besten zu raten, dir deinen Weg zu zeigen, doch du hast kaum zugehört. Du bist einfach viel zu stolz und nimmst nicht gern Rat an, obwohl du dich mit deinem Rat ja immer in andere Angelegenheiten einmischen musst. Weise, wie du ja selber bist, und doch warst du bei dieser Gelegenheit im Irrtum, denke ich, denn du hast meine Absichten eigensinnig verkannt. Ich fürchte, in meinem Eifer, der mir oft vorauseilte, dass ich es zu sehr versucht habe. Ich habe es zu sehr versucht, dich zu überzeugen und nun bin ich mit meiner Geduld am Ende. Ja, und dies bedaure ich aufrichtig. Denn ich wollte dir nicht übel und will es auch jetzt nicht, obwohl du zusammen mit einer Bande von Haudegen und Dummköpfen zu mir zurückkehrst. Auch mit solch kleinen Lumpen an deinem Rock«, er machte eine Pause, sah über uns alle hinweg, wobei mit Lumpen die Hobbits gemeint waren, »Wie sollte ich auch? Gehören wir nicht beide demselben altehrwürdigen Orden an, dem vornehmsten in Mittelerde? Unsere Freundschaft käme uns beiden gleichermaßen zugute. Viel könnten wir gemeinsam bewirken, um die Gebrechen dieser Welt zu heilen«, seine Stimme klang wieder ruhig, zu ruhig, »Lass uns nach einem Einverständnis suchen, denn diese minderwertigen Kreaturen verdienen unsere Güte nicht. Dem Gemeinwohl zuliebe bin ich bereit, alles, was geschehen ist, vergessen sein zu lassen und dich bei mir zu empfangen. Wollen wir nicht unter vier Augen Rat halten? Komm doch hinauf, Gandalf. Komm hinauf zu mir.«
Indessen kam mir Saruman so vor, ob er milde Mahnungen sprechen würde. Er wirkte wie ein gütiger König, der zu seinem Minister sprach, welcher vom richtigen Weg abgekommen war. Der Zauberer auf seinem Balkon ließ uns im Glauben, dass wir andere bloß Kinder wären, die einem Gespräch lauschten, das nicht für ihre Ohren bestimmt war. Der Zauberer zeigte uns das Bild, dass Gandalf nun zu ihm in den Orthanc gehen würde und die Großen über alles sprechen würden.
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Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔
FanficKennt ihr das Gefühl, als ob die Welt plötzlich ins Wanken gerät und das Schicksal mit uns sein tägliches Spiel treibt? Die fein austarierte Balance, die bislang unser Leben im Gleichgewicht hielt, ist erschüttert. Auf einem schmalen Grat balancier...