Legolas' point of view
999 Jahre zuvor:»Ist diese Strafe nicht mild?«, fragte ich meinen Vater.
Ich lehnte am Geländer, es drückte in meinen unteren Rücken und ich spürte seine Kälte durch den Stoff meines Oberteils. Wir standen auf der großen Terrasse des Königs, die über das Waldlandreich schaute. Die Baumkronen des Düsterwaldes erstreckten sich vor ihr und die Natur spielte ihre Klänge.
Die Vögel zwitscherten, bewegten sich in den Lüften anmutig hin und her. Im Südwind gleitend zogen sie ihren Weg. Mein Blick war gen Himmel gerichtet, der von einem saftigen Blau war. Wenige Wolken waren zu sehen, während die Sonne sich langsam nach Westen neigte.
Ich wandte mich jedoch vom Himmel ab und blickte nach links, wo mein Vater stand, der eine weiße, fließende Robe trug.
Er hatte beide Hände am Geländer und blickte nach unten. Seine blonden Haare hingen ihm neben seinem Gesicht herab, als er leise seufzte.
»Zu mild?«, fragte er. In seinem Mund klangen meine Worte falsch. Er schien nicht meiner Meinung zu sein. Etwas, das schon öfters vorgekommen war, und nun würde er mir zweifelsohne seinen Standpunkt erklären.
Tat er auch.
»Eine Verbannung aus dem Königreich ist mild für dich?«, sein Blick ging zu mir und seine eisblauen Augen sahen mich vorwurfsvoll an, »Einem Elben, der das ewige Leben innehält, zu verbieten, je wieder einen Fuß ins Königreich zu setzten, ist mild? Mild?«Ja.
Der König richtete sich auf und wandte sich mir zu. Er musterte mich streng mit erhobenen Brauen, die beinahe in seinem Haaransatz verschwanden. Auf seinem Kopf saß seine Krone aus Zweigen und auch wenn er bloß der König gewesen wäre, strahlte er als mein Vater noch mehr Respekt aus.
Trotzdem dürfte ich anderer Meinung sein, denn mir missfiel es, dass Helevorn, Lithils Vater, so mild davonkam.
»Was wäre denn die deine Strafe gewesen, wenn du sie bestimmen könntest?« Der Unterton in seiner Stimme gefiel mir gar nicht.
Stur starrte ich auf meine Füße. Ich wollte, konnte meinem Vater nicht in die Augen sehen.
Ich spürte weiterhin seinen stechenden Blick auf mir. Mit verschränkten Armen dachte ich nach und kam zu keiner Antwort. Ja, Helevorn hatte Lithil - jahrelanges - Leid angetan, dennoch hatte er bloß in unserem Wissen eine Wache angegriffen, obwohl es nicht einmal ein richtiger Angriff gewesen war.
Ich kam zur Schlussfolgerung, dass ich ganz allein und persönlich ein Problem mit Helevorn hatte.Ein großes Problem.
Ich musste an Lithil denken. Es hatte mich rasend vor Wut gemacht, als ich sie bei ihrem Vater gesehen hatte.
Als ich dann zu ihr gegangen war, hatte es mir das Herz schwer werden lassen, sie traurig zu sehen. Jedoch, dass sie mich von sich aus küssen würde, nun, damit hatte ich absolut nicht gerechnet und noch mehr, dass ich den Kuss erwidern würde.
Ich musste zugeben, dass mir dies ziemlich den Kopf verdreht hatte. Wahrscheinlich vernebelte es mir jetzt immer noch den Verstand. Sehr wahrscheinlich.
Ich konnte nicht vergessen, wie ich mich dabei gefühlt hatte. Zuerst war ich überrascht gewesen, doch dann hatte mein Kopf komplett abgeschaltet und mein Bauch hatte sich seltsam angefühlt, weshalb ich mich von dieser Terrasse werfen könnte, wenn ich daran dachte, dass ich dies so schnell nicht mehr vergessen könnte.Wie sich ihre Lippen auf meinen anfühlen...
Immerzu musste ich daran denken, dass Lithil mir eigentlich schon seit dem ersten Tag gefiel. Im Wald bei dem Ork und als ich sie in den Palast getragen hatte. Ich wusste nicht, was es war, doch diese Elbin hatte etwas an sich, was mich anzog.
Nicht nur war Lithil bildhübsch, auch mochte ich ihren Charakter, dass sie kein Blatt vor den Mund nahm, ihrem Ehrgeiz und ihren jungen Geist. All dies und noch mehr war der Grund, warum ich gerne Zeit mit ihr verbrachte, und daraus hatte sich in einem Jahr und ein halbes eine Freundschaft entwickelt, die ich nicht mehr missen wollte.
Der Kuss hatte alles komplizierter gemacht, doch ich war mir immer noch im Klaren, welchen Stand ich besaß, dass ich als Prinz keine einfache Elbin küssen sollte. Obwohl Lithil für mich keine einfache Elbin war.
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Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔
FanfictionKennt ihr das Gefühl, als ob die Welt plötzlich ins Wanken gerät und das Schicksal mit uns sein tägliches Spiel treibt? Die fein austarierte Balance, die bislang unser Leben im Gleichgewicht hielt, ist erschüttert. Auf einem schmalen Grat balancier...