1 000 Jahre zuvor:
Dass ich hier einfach sitzenbleiben und auf Legolas warten sollte, bis er mit Aldon und den anderen Jägern alles aufgeräumt hatte, gefiel mir natürlich nicht.
Trotzig saß ich da, bis ich entschloss, aufzustehen. Ich rollte mit meinen Schultern, ließ sie kreisen. Mein ganzer Rücken schmerzte und bei jedem meiner Atemzüge spürte ich meine Lungenflügel protestieren. Von einem Baum flog man nicht alle Tage.
Als ich an die Riesenspinne dachte, sah ich die, welche mich attackiert hatte, noch immer in den Bäumen hängen. Zu aller Übel steckte in ihrem Kopf der kleine Dolch. Ich wollte ihn mir zurückholen.
Wie ein funkelnder Stern am Himmel leuchtete mir das silberne Heft entgegen und ich stemmte die Arme in die Hüfte. Ich blies Luft aus.Es muss doch einen Weg geben, die Spinne von den Bäumen zu holen?
Mir war bewusst, dass ich ihren Faden dafür durchtrennen müsste, und wie es der Zufall eben wollte, war der Boden übersät von Orkklingen.
Links von mir lag ein toter Ork. Sein totes Gesicht war zu einer hässlichen Grimasse verzogen, in seiner Kehle steckte ein Pfeil. Um den Schaft war eine schwarze, klebrige Flüssigkeit zu sehen, die wie Harz aus einer Baumrinde sickerte, und seine Augen sahen leer in den Himmel. Doch mich interessierte der Leichnam absolut nicht, mehr interessierte mich die Klinge, die neben ihm auf dem Waldboden lag.
Mit einem Blick in meine Umgebung, stellte ich fest, dass Legolas mich nicht beobachtete. Schnell bückte ich mich und umschloss die Klinge. Sie war pechschwarz und komisch geschwungen. Wahrhaftig wie eine Monsterklinge.
Fest hielt ich den Griff mit ausgestreckter Hand von mir und schaute nach oben. Ich musste meine Augen etwas zusammenkneifen, doch in den Höhen schimmerte ein silberner Faden. Er ragte aus dem Hinterteil der Spinne heraus und war mehrere Fuß über meinem Kopf.
Natürlich dachte ich kein zweites Mal über mein Vorhaben nach. Dies war etwas, was mir schon immer zum Verhängnis geworden war.
Ich nahm zwei Schritte Anlauf und holte mit meiner Hand aus. Meine Finger ließen die Klinge los und rotierend, wuchtvoll flog die Waffe nach oben. Sie näherte sich der Spinne, bis sie wahrhaftig durchschnitt die Spinnenseide durchschnitt.
Vor Freude hätte ich aufquietschen können, doch zuerst musste ich einer pechschwarzen Klinge ausweichen, die auf mich zuraste. Warum sie immer noch durch die Lüfte flog und nun in einem steilen Winkel versuchte, mich umzubringen, würde ich versuchen, später zu beantworten.
Zuerst warf ich mich auf den Boden, doch auch der Leichnam der Spinne schlug dumpf am Boden auf. Dass die tote Spinne genau wenige Armlängen neben mir auf dem Boden aufschlug, war ganz allein meine Schuld, da ich der Klinge in diese Richtung ausgewichen war.Ja, wie gesagt, ich denke halt nur einmal.
Keuchend lag ich am Rücken. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Nicht nur war ich beinahe durch eine Bumerang-Klinge umgebracht worden, nein, ich war zudem beinahe von der Spinne erdrückt worden, die ich schon umgebracht hatte.
Es war in der Tat eine Monsterklinge, die drei Fuß über meinen Kopf eingeschlagen war, mich also ebenfalls fast ungebracht hatte.
Ich konnte nur über mich selbst mit dem Kopf schütteln. In wenigen Augenblicken wäre ich fast viermal gestorben. Die Spinne, der Fall, die Klinge und noch einmal die Spinne. Eine solche Geschichte konnte man sich nicht ausdenken.
Auch konnte ich aber lächeln, da mein Vorhaben mehr oder weniger funktioniert hatte.
Ich stand auf, klopfte mir abermals den Dreck von der Kleidung, dann ging mein Blick zur Spinne und ich schritt auf sie zu. Der Dolch ragte aus ihrem Kopf, der mir bis zu meinen Knien ragte.
Ich umfasste das Heft. Mit einem Bein stieß ich mich von der Spinne ab und zog daran. Der Dolch saß tief.Nur noch ein kleines Bisschen...
Die Spinne begann zu zucken.
Sofort wurden meine Augen kugelrund und melodramatisch schreiend zog ich den Dolch aus dem Knochen und landete abermals auf meinem Hintern.
»Aahh!«, entfuhr es meiner Kehle.
Sogleich ertönte hinter mir ein weitläufiges Lachen. Ich krabbelte rückwärts weg, stand auf und blickte nach hinten.
Dort stand Legolas, und zwar mit verschränkten Armen und einem Gesichtsausdruck, der mich fragte, ob dies mein Ernst gewesen war. Auch Aldon und die anderen Jäger hatten sich meine atemberaubende Einlage dem Anschein nach angesehen. Sie hatten alle die Vorstellung gesehen, wie ich mich beinahe zweimal umgebracht hatte.
Dies sagte Legolas' Blick aus. Aldon lachte bloß, klopfte Legolas auf seine Schulter und vergaß kurz, dass der Prinz neben ihm stand.
Ich hingegen lächelte verlegen, hielt den Dolch empor. »Ich hab' den Dolch geholt!«
Der Elb schüttelte mit dem Kopf. »Ja, das sehe ich und auch wie du dich beinahe selbst mehrfach umgebracht hast!«, rief er zurück, »Wohlgemerkt, obwohl du dich ausruhen solltest!«
Ich musste den Blick abwenden und fühlte mich wie ein getadeltes Kind. Langsam streifte die Klinge an meiner Hose ab und steckte sie wieder in ihre kleine Scheide, dann musterte ich die tote Spinne vor mir.
Jetzt lag sie leblos da. Ihre Beine waren ein reines Durcheinander.
Warum sie sich bewegt hatte, beantwortete mir Legolas im nächsten Augenblick von selbst: »Das waren Zuckungen der Nerven, die die Klinge im Kopf getroffen hat.«
Der Elb stand mit verschränkten Armen neben mir. Die Jäger gingen weiter ihrer Arbeit nach. Zwar spürte ich erheiterte Blick in meinem Rücken, doch Legolas zeigte weiterhin keine Spur von einer anderen Emotionen als sein ernstes Gesicht. Ernst und irgendwie besorgt.
Seine Augen musterten mich von Kopf bis Fuß.
»Mir geht es gut«, beschwichtigte ich ihn, »Au!«, fuhr ich ihn gleich darauf an und sog zischend Luft ein. Ich funkelte den Elben an, der seine Hand gegen meine Schulter und Rücken gedrückt hatte.
»Ja, sehe ich«, feixte er.
Ich verformte meine Augen zu Schlitzen. »Wenn man nicht darauf herumtippen würde, ja, dann ginge es mir gut.«
»Mhm, ich kenne dich jetzt schon etwas und weiß, dass du Dinge gerne kleiner machst, als sie sind.«
Ich hasste ihn dafür, dass er die Wahrheit zur Geltung brachte.
»Und? Solange ich nicht umkippe, geht es mir gut«, verteidigte ich mein eigenes Verhalten.
»Ja, schon klar, komm einfach mit«, seufzte der Elb und deutete mir, ihm zu folgen.
Wir gingen zu den anderen, die fast alle Orks und Spinnen auf einen Haufen geworfen hatten, und Aldon wartete auf uns.
»Alles gut?«, fragte der Kommandant der Jäger. Ich nickte und er grinste immer noch.
»Ich muss schon sagen, dass diese Einlage gefährlich, aber auch unterhaltsam war. Merkt Euch einfach, dass man aus Fehlern lernt.«
»Gewiss, merke dir aber auch, dass man nur aus Fehlern lernt, wenn man bei ihnen nicht ums Leben kommt«, zog Legolas wieder alles ins Ernste.
Ich konnte mich noch gerade so davon abhalten, vor Aldon mit meinen Augen zu rollen. Dies konnte ich nämlich nur machen, wenn ich mit Legolas allein war.
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Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔
FanfictionKennt ihr das Gefühl, als ob die Welt plötzlich ins Wanken gerät und das Schicksal mit uns sein tägliches Spiel treibt? Die fein austarierte Balance, die bislang unser Leben im Gleichgewicht hielt, ist erschüttert. Auf einem schmalen Grat balancier...