»Ich mag dies Warten nicht«, jammerte ich auf- und abgehend. Meine Schritte erzeugten absolut kein Geräusch. Nur Gimlis und Legolas' Augen musterten mich.
Der Zwerg stand am Wall gelehnt und der blonde Elb saß auf der Mauer. Er hielt seinen Bogen in der Hand und spähte in die Dunkelheit hinaus.
»Warten gehört zu einer Schlacht dazu«, sprach Legolas seine Weisheit aus.
Ich blieb stehen. Mein Blick haftete sich auf ihn. Er saß aufrecht in der Dunkelheit da und hatte seinen rechten Unterarm auf seinem Knie abgestützt. Sein Blick ging ebenfalls zu mir.
Viele Emotionen waren in ihm zu finden. Für ihn war stets die Sorge um den Kampf da und für mich zählte nur eines, und zwar die Feinde zu töten, bevor sie mich töteten. Ganz einfach, denn ich würde mir erst Sorgen machen, wenn sie berechtigt wären - kurz bevor jemand oder ich sterben würde.
»Schön und gut, aber auch das Kämpfen gehört zu einer Schlacht.«, ich kletterte auf die Mauer und setzte mich neben Legolas. Besser gesagt, hockte mich neben Legolas, da ich nicht ruhig sitzen konnte.
Meine Unterarme legte ich auf meine Oberschenkel. Ich atmete laut aus.
In der Ferne sah man, wie das Heer des Feindes vorwärts marschierte - angekündigt duch die näherkommenden Fackeln. Kleine rote Punkte in der stockdunklen Nacht und mit sich trugen sie einen Kampf.
Trotzdem müsste es zuerst an dem Damm vorbei. Dort waren die ersten Streitmächte stationiert.
Kühler Wind umwehte mich, peitschte mir in mein Gesicht. Ich hatte die Kapuze meines Mantels über den Kopf gezogen, und so waren ich und Legolas auf der Mauer für die Feinde beinahe unsichtbar.Warten, warten und warten...
Ich spielte mit meinen Fingern und während ich in die Ferne spähte, ruhte Legolas' Blick weiterhin auf mir. Er ging unter die Haut. Mein bereits angespannter Körper, wurde unruhiger. Ich wusste nicht, was es war, das er in mir auslöste.
Ich zählte bis zehn, dann blickte ich ebenfalls zum Elben. Sein Gesicht hielt keine Emotionen inne, und doch wusste ich, dass er diese Art zu kämpfen nicht mochte. Ihm gefiel dieser Ort nicht, da wir Elben nicht auf irgendwelchen Wallen saßen; wir waren Jäger in den Bäumen.
Der einzige Vorteil auf unserer Seite blieb die Burg und dies wusste der Elb, ebenso ich.
Für einen kurzen Moment blieb die Zeit stehen. Wir beide hier im Krieg für die Menschen und zusammen würden wir diese Schlacht für uns entscheiden.
Ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen und die Stille der Nacht war erdrückend. Auch war dieses Gefühl erdrückend, welches ich vernahm, da es falsch war. Wieder kam diese Leichtigkeit in mir auf, die ich schon damals auf dem Weg nach Bruchtal verspürt hatte. Es war der Moment gewesen, als wir beide uns ebenfalls in die Augen gesehen hatten und es mich innerlich fertig gemacht hatte. Damals waren meine Wangen errötet, doch nun fühlte es sich falsch an. Nicht moralisch falsch, nein, momentan falsch und Gimlis Stichelei von heute in der Früh machte es nicht besser. Nein, sie hatte mich sogar zum Nachdenken gebracht. Nachdenken über die Gegenwart, sowie Vergangenheit, und dafür konnte ich den Zwerg von dieser Mauer stoßen. Dumpf würde er unten aufknallen und seine letzten Schreie würde ich mit Freuden genießen. Er hatte es geschafft, meinen Kopf auf Ereignisse zu richten, die ich gerne weiterhin versucht hätte, zu vergessen.Verdrängen...
»Ich gebe Lithil aber recht«, sprach Gimli von unten. Ein Zeichen, dass ich Legolas erst seit kurzem in die Augen gesehen hatte. Jedoch hatte es sich wie eine kleine Ewigkeit angefühlt, doch ich trennte unsere Blicke. Auch das fühlte sich falsch an, aber ich warf diese Gedanken beiseite und erhob meine Stimme: »Ach, du musst mir nicht zustimmen, Gimli«, ich sah nach unten, »Wir wissen alle, dass ich die Weiseste von euch bin.«
Natürlich stieß Legolas folglich Luft aus seiner Nase aus. Von seinem vorherigen intensiven Blick war keine Spur mehr und alles war so wie immer.
»Und was lässt dich zu dieser Schlussfolgerung kommen?«, fragte der Elb mich.
Gimli lachte auf. »Würde auch meine Wenigkeit interessieren!«
»Alles, meine ganze Existenz«, hielt ich dagegen uns wusste selbstverständlich, dass ich absolut nicht weise war. Ich war hitzköpfig und handelte oft schneller als ich darüber nachdachte, aber genau das machte mich aus und deswegen ließ ich mich auf Diskussionen ein, in denen ich die falsche Seite vertrat.
»Deine Existenz ist also weise?«, begann Legolas, »Nenne mir doch ein paar Konflikte, die du mit Worten und nicht mit Gewalt gelöst hast?«
Er traf ins Schwarze. Immer wenn mich etwas aufregte, brodelte ich auf und manchmal, rein theoretisch, konnte es vorkommen, dass ich zu Wutausbrüchen neigte.
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Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔
Hayran KurguKennt ihr das Gefühl, als ob die Welt plötzlich ins Wanken gerät und das Schicksal mit uns sein tägliches Spiel treibt? Die fein austarierte Balance, die bislang unser Leben im Gleichgewicht hielt, ist erschüttert. Auf einem schmalen Grat balancier...