Legolas' point of view
550 Jahre später:Wir waren noch lange gestern im Fangorn gewandert und bald hieß es Abschied vom uralten Wald nehmen. Im Osten war der Himmel bereits grau und Lithil hatte sich vor wenigen Stunden noch schlafen gelegt. Für mich waren drei Stunden Schlaf jedoch nichts, dem ich nachgehen würde. Deshalb saß ich neben der Elbin und musterte den Fangorn. Lithil schlief friedlich neben mir und ihre Haare waren in einem geflochtenen Zopf. Nur der Gedanke an sie verursachte ein Kribbeln auf meinem ganzen Körper.
Im letzten Jahr war so viel passiert, dass man es kaum glauben konnte. Waren wir noch vor einem Jahr im Düsterwald gewesen, waren unseren Pflichten nachgegangen, waren wir nun hier auf der Ebene Rohans nach dem Ringkrieg. Viel war geschehen und jetzt kehrten wir heim. Nur dieses Mal war es zwischen Lithil und mir anders. Unsere Beziehung zueinander hatte sich nicht verändert; sie war nur inniger geworden. Schon immer hatte ich Liebe für sie empfunden. Jetzt war daraus mehr geworden und glücklicher hätte ich nicht sein können, als mit ihr mein Leben zu verbringen. Mein ganzer Körper sehnte sich nach ihr und es war mir egal, was mein Vater, der König, über meine Entscheidung sagen würde. Mein Vater hatte jedoch die letzten tausend Jahre Zeit gehabt, sich an den Gedanken, dass sich zwischen Lithil und mir mehr entwickeln könnte, zu gewöhnen. König Thranduil war nicht dumm und auch wusste ich, dass ihm Lithil gefiel. Natürlich gab er dies nicht zu, doch schon seit dem Tag, als sie zu den Jägerposten gekommen war und immer mehr Anerkennung und Höhe gewonnen hatte, verstand er, was ich in ihr so früh schon gesehen hatte. Gewiss würde dem König vom politischen Standpunkt aus eine Heirat mit einer hohen Elbin, wie einer Elbenfürstentochter, gefallen, doch auch hatte mich mein Vater all die Jahre nie zu einer Heirat gedrängt. Jetzt war es aber zu spät, denn die Beziehung zwischen Lithil und mir war mit einem Schwur besiegelt worden. Ein solcher Schwur war bindend.
Mein Blick ging vom Fangorn zur Elbin und ihr Gesicht war vollends entspannt. Ihr Kopf wurde von ihrem rechten Oberarm gestützt und in allen Momenten wirkte sie für mich wunderschön. Ich hätte auf ewig hier sitzen können. Warten, bis der Sonnenaufgang kam, und in der Nähe des Fangorns mit Lithil sein, war einfach perfekt. Gimlis Schnarchen ruinierte die Magie des Moments jedoch.
Infolgedessen stand ich auf und schritt an den Zwerg heran. Im Osten leuchtete bereits der Feuerball und der Himmel wechselte von grau zu rot. Vor der Gestalt Gimli blieb ich stehen und nur beim Zuhören seines viel zu lauten Schnarchens bekam ich Zuckungen. Wie er es schaffte, beim Ein- und Ausatmen gleichermaßen zu schnarchen, war mir ein Rätsel, das ich nicht lösen wollte. Er bekam meinen Fuß gegen seine Schulter zu spüren, weshalb er auf seinen Rücken rollte. Folgend schüttelte er sich und reflexartig griff er nach seiner Axt, die neben ihm lag. Als er jedoch bemerkte, dass ich es war, der neben ihm stand, funkelte er mich an.
»Was?«, knurrte er, ich zuckte mit meinen Schultern.
»Du schnarchst so laut, dass ich mich frage, wie du selbst dabei schlafen kannst.«
»Aha, Lithil schläft dabei auch!«, er richtete sich auf. Mit einem Blick in den Himmel stellte er aber fest, dass er schon lange geschlafen haben musste, weshalb er im Anschluss mit seinen Schultern zuckte. Unbeholfen kam er auf seine kurzen Beine und streckte sich neben mir. Sein Rücken knackte, warum ich mein Gesicht verzog, doch dann sah er nach Osten, wo die Sonne den Himmel in ein rotgoldenes Licht tauchte. Kurz darauf vollführte der Zwerg sein tägliches Morgenritual und spuckte ekelhaft auf den Boden neben sich. Es kam von ganz tief aus seiner Kehle, sodass ich mich kurz fragte, ob dies der Grund seines Schnarchens an sich war, oder nicht.
Folglich starrten wir zusammen nach Osten, sahen uns den Sonnenaufgang an. Die ganze Ebene war ruhig und nicht einmal aus dem Fangorn hinter uns drangen Geräusche. Die Morgenluft war angenehm kühl und im Norden hörte ich den Fluss Limklar rauschen. Nicht so stark wie gestern, als ich und Lithil in ihm gebadet hatten, auch etwas anderes getan hatten, doch seine Strömung war für meine Elbenohren wahrnehmbar.
Die angenehme Ruhe währte leider nicht lange, da Gimli einen Kommentar loswerden musste: »Da ward ihr zwei ja gestern lange fort«, sagte er und der anzügliche Unterton in seiner Stimme entging mir nicht. Ich schielte zu ihm nach unten, entdeckte ein Gesicht von einem grinsenden Zwerg. Als ich mit meinen Augen rollte, bekam ich sein Lachen zu hören, dann bekam ich einen Stoß, sodass ich einen Schritt zur Seite taumelte. Für das, dass ich ihn unsanft aufgeweckt hatte, schien er zu gute Laune zu haben, und so meinte ich: »Darf man sich nicht den Fangorn bei Nacht ansehen? Lange wird es dauern, dass ich ihn wiedersehe.«
»Hach, ihr Elben versteht auch keinen Spaß...«, grummelte er.
»Soll ich es als Spaß auffassen, wenn ich zweideutige Anspielungen von dir höre?«
»Ja, genau, dann haben wir beide etwas zu lachen und nicht nur ich allein!«, erwiderte er. Ich stöhnte auf.
»Na, da haben wir schon ein passendes Stöhnen, da versteht ja doch wer Spaß!«, lachte er wieder und ich warf ihm einen giftigen Blick zu, anschließend bekam auch er einen Stoß gegen seine Schulter. Im Gegensatz zu mir stolperte er aber drei Schritte zur Seite, doch er lachte nur weiter.
»Na, na, na, das war mir ja ein kräftiges Ja. Was da gestern wohl für dreckige Dinge im Wald passiert sind, wissen nur die Bäume, nicht?«, stichelte er weiter und obwohl er recht hatte, nervte er mich.
»Dann sind halt von dir sogenannte dreckige Dinge passiert, doch dies musst du nicht am frühen, frühen, Morgen anmerken!«, hörten wir eine Stimme hinter uns, »Hier versucht jemand zu schlafen, danke!«, Lithil funkelte uns an, mehr Gimli, dann sah sie noch einmal in den Himmel und legte sich wieder hin, wobei sie ihre Decke über den Kopf zog.
»Das ist mir Bestätigung genug«, meinte der Zwerg und versuchte, leise zu sein, »So abenteuerlustig hätte ich den Herrn Legolas ja gar nicht eingeschätzt, hui!«
Dieses Mal wich er meinem Schlag aus. Er flüchtete leise kichernd und glucksend zu seinem Schlafplatz. Ich rollte abermals mit meinen Augen, denn die Reise Richtung Norden würde unerträglich werden.
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Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔
FanficKennt ihr das Gefühl, als ob die Welt plötzlich ins Wanken gerät und das Schicksal mit uns sein tägliches Spiel treibt? Die fein austarierte Balance, die bislang unser Leben im Gleichgewicht hielt, ist erschüttert. Auf einem schmalen Grat balancier...