»Dieser Abschied fühlt sich immer noch seltsam an«, bemerkte Gimli am nächsten Tag in der Früh an und brach das Schweigen unter uns.
»Ja«, gab Legolas zu, »Jetzt sind wir nur mehr zu dritt.«
»Ich dachte zwar nicht, dass ich es jemals wieder sage, doch irgendwo werde ich diese Hobbits ja doch vermissen. Mein Vater hat mir schon damals vom Herrn Bilbo erzählt, den die Zwerge liebgewonnen haben. Diese Kerlchen haben schon etwas an sich.«
»Also hast du doch ein Herz?«, fragte ich und Gimlis Blick schnellte zu mir.
»Wann hab' ich anderes behauptet?«
»Nirgends, doch ich hatte immer so ein Gefühl«, erwiderte ich und Gimli seufzte tief.
»Och, sie hat ein Gefühl, steh' mir bei, Legolas!«
»Ich habe oft Gefühle, also sei ruhig. Vielleicht erkenne ich dir dann dein Herz an.«
»Ja, du hast richtige Gefühle, wenn es um den gewissen Elben da geht, doch für andere ist das tagesabhängig«, scherzte Gimli und Legolas lachte auf.
Leider hatte Gimli meine Gefühlswelt gut erklärt; für Legolas würde ich sterben. Für andere, die ich sehr mochte, zwar auch, doch da kam es immer auf meine Stimmung an, wie sehr ich sie gerade mochte. Schon klar, ich würde den Heldentod wählen, wenn ich müsste, um Leben zu retten. Bereitwilliger würde ich dies natürlich tun, wenn ich Legolas damit retten könnte. Legolas war die einzige Person, für die ich emotional erreichbar war, und mit ihm sprach ich immer, wenn mich etwas belastete.
»Warte, war das jetzt richtig?«, fragte Gimli verwundert nach, da Legolas immer noch lachte, warum ich den Elben einen Stoß verpasste. Er stolperte einen Schritt nach links zum Zwerg und nickte leicht, weshalb auch Gimli zu lachen begann.
»Ach, Gimli, du müsstest sie einmal sehen, wie sie mit unserem Nachwuchs im Heer umgeht.«
»So schlimm bin ich jetzt auch wieder nicht!«, giftete ich und verschränkte die Arme vor meiner Brust. Trotzig sah ich nach vorne hin zum Fangorn und Legolas setzte fort: »Nicht so schlimm? Den jungen Elben graut es vorm Schwerttraining mit dir.«
»Dann änder' als Prinz etwas daran«, hielt ich dagegen.
»Ich habe nicht gesagt, dass es schlecht ist. So lernen sie wenigstens etwas und wissen gleich, dass sie nicht alle mit Samthandschuhen anfassen.«
»Dann beschwer' dich nicht«, war meine einfache Antwort und Gimli schüttelte amüsiert seinen Kopf.
»Manchmal frage ich mich, wie ihr euch zwei noch nie gegenseitig den Kopf abgerissen habt. Nach dieser kurzen Reise – kurz im Vergleich zu eurem Leben – wundert es mich, dass ihr zwei immer noch lebt«, lachte der Zwerg und ich zuckte mit meinen Schultern. Ja, Legolas und ich gerieten gelegentlich aneinander, aber auch konnten wir nicht ohne den jeweils anderen.
»Mit einem unendlichen Leben kann man sich lange gegenseitig ignorieren«, erwiderte Legolas und er hatte recht. Schon das ein oder andere Mal hatten wir uns aufgrund eines dummen Streites ein paar Monate angeschwiegen. Worum es in den meisten Fällen gegangen war, wusste ich nicht mehr.
»Ja, ihr Spitzohren seid seltsam, doch ich bin froh, dass ich nach dieser Reise eine andere Meinung zu euch habe. Zumindest über ein paar von euch.«
»Du hast wirklich ein Herz«, witzelte ich, doch Legolas warf mir einen mahnenden Blick zu.
»Du als Zwerg bist auch in Ordnung«, gab ich zurück, »Okay, ich hab' dich gern gewonnen, Gimli«, setzte ich nach, weil ich einen weiteren Blick vom Elben bekommen hatte.
»Den Groll unserer Völker wird es wohl noch lange geben, aber auch ich bin froh, dass ich dich kennenlernen durfte. Du bist mir auf dieser Reise ein guter Freund gewesen«, sprach Legolas und in der Ferne tauchte die Grenze des Fangorns auf. Wir hatten heute etwas abseits des Waldes gelagert, sodass die Pferde bei der Entwasser trinken hatten können.
»Du warst mir auch immer eine treue Seele, Herr Elb. Obwohl das zwischen euch beiden schon echt nervenaufreibend war«, stichelte er und lachte wieder, »Wenn ich keinen Brief bekomme, in dem ihr mir mitteilt, dass ich Patenonkel geworden bin, dann lässt gar nichts von euch hören.«
Nach diesen Worten rollte ich mit meinen Augen, doch natürlich würde Gimli einen Brief bekommen, falls in seiner Lebzeit ein Elbenbaby das Licht der Welt erblicken würde. Ob in diesem Brief Gimli jedoch als Patenonkel stehen würde, war ein klares Nein. Auch glaubte ich, dass es bei uns Elben das Konzept eines Patenonkels nicht gab.
Gerade, als ich Gimli meine Gedanken mitteilen wollte, kam mir Legolas zuvor: »Gewiss doch, Gimli, aber dann verfasse ebenso einen Brief, wenn du eine Zwergenfrau heiratest.«
»Och, ich sehe mich nicht so als Beziehungstyp«, er winkte ab, »Ich würde das Arbeiten in einer Miene jeder Frau vorziehen.«
»So siehst du auch aus.«
»Was soll das denn wieder heißen?!«, giftete Gimli und sah mich an.
»Genau das, was es sollte.«
Seine Augen wurden zu Schlitzen und Legolas meinte: »Wenn eure Sticheleien jetzt schon anfangen, dann wird diese Heimreise unerträglich, bitte«, er klang flehend und bekam unsere Sticheleien genau ab, da er in der Mitte von uns beiden ging.
»Nun gut, dann schließen wir Waffenruhe, bis wir durch den Fangorn sind.«
»Einverstanden« sagte ich. »Obwohl wir den Fangorn gewiss heute noch durchquert haben werden.«
»Will ich auch hoffen. Ihr ward mit mir in den Grotten, doch länger als einen Tag will ich diesem Wald nicht nahe sein.«
»Doch so viel könntest du entdecken, Gimli.«
»Und genau so viel könnte mich entdecken«, erwiderte der Zwerg auf Legolas' Worte und zum Teil hatte er recht. Baumbart hatte uns zwar angeboten, dass wir durch den Fangorn reiten durften, doch ich bezweifelte, dass wir ihn bis ins kleinste Detail erkunden dürften. Soweit ich wusste, hielten sich sogar die Elben Lóriens vom Fangorn-Wald fern, umritten ihn immer. Viele alte Bäume, die niemandem wohlgesonnen waren, würde man in seinen Tiefen finden und um ehrlich zu sein, wollte ich diesen selbst nicht begegnen.
»Einverstanden, wir wandern hindurch und sehen uns um, mehr nicht«, versprach Legolas, obwohl man ihm ansah, dass er auch gern die dunklen Geheimnisse des Waldes erforscht hätte. Legolas liebte Wälder und Gimli hasste sie, zumindest wenn in den Bäumen Leben steckte. Ich hingegen erfreute mich an dem Gedanken, etwas Neues zu entdecken, andere Bäume zu sehen, die denen im Düsterwald überhaupt nicht ähnlich waren.
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Lithil - gwend en lóre | Legolas Ff ✔
FanficKennt ihr das Gefühl, als ob die Welt plötzlich ins Wanken gerät und das Schicksal mit uns sein tägliches Spiel treibt? Die fein austarierte Balance, die bislang unser Leben im Gleichgewicht hielt, ist erschüttert. Auf einem schmalen Grat balancier...